Grundlagen-20: Vom rechten Schriftstudium

Grundlagen des Evangeliums

Arbeitsblatt 20

Wiederholungsübungen

 

 Grundlegende Betrachtungen zum Thema

Die vorliegende Lektion ist die letzte in diesem Bibellehrgang. Obwohl nun unser gemeinsames Schriftstudium schon fast zu Ende sein wird, sollten Sie doch nicht aufhören, für sich selbst im Wort des Herrn zu forschen. Diese Lektion soll Sie deshalb zu einem erfolgreichen, persönlichen Erforschen der Heiligen Schrift anregen und Ihnen wertvolle Hinweise mit auf den Weg geben.

Grundsätzlich ist zu bemerken, dass dieselben Prinzipien, die dem Erforschen irgendeines wissenschaftlichen Werkes z. B. über Zoologie oder Botanik zugrunde liegen, auch für die Bibel Gültigkeit haben. Wenn wir ein naturwissenschaftliches Werk gründlich und vernünftig studieren müssen, um mit den Geheimnissen der Natur vertraut zu werden, wie viel notwendiger ist es da, dass wir das Wort Gottes fleissig erforschen, um die weisen Ratschläge des Herrn in Bezug auf uns Menschen kennenzulernen. Ohne Fleiss kein Preis! Das gilt auch für die Heilige Schrift.

Der Mensch ist jedoch fehlbar und sein Urteilsvermögen leider unvollkommen. Es gibt nichts Geschriebenes, das alle Menschen zu allen Zeiten in gleicher Weise aufgefasst hatten. Das gilt für menschliche Gesetze wie auch für die verschiedenen Glaubensbekenntnisse, die von Menschen verfasst worden sind. Missverständnisse sind da keine Seltenheit. Der Mensch missversteht seine Mitmenschen, ja oft sogar sich selbst, und ist deshalb auch durchaus fähig, Gott falsch zu verstehen. Das ist nicht Gottes, sondern der Menschen Schuld. Daher ist beim Erforschen des göttlichen Wortes äusserste Vorsicht und Klugheit geboten.

Obwohl Gott die Bibel inspiriert (d. h. eingegeben) hat, inspiriert er jedoch nicht auch deren Auslegung. Das wird klar, wenn wir uns vor Augen halten, dass die besten und frömmsten Menschen aller Zeiten sehr verschiedener Auffassung waren (d. h. manche sich im Irrtum befanden), obwohl sie täglich im Gebet nach Klarheit strebten. Deshalb steht fest, dass der Herr seine Diener nicht in der Auslegung des Wortes unfehlbar leitet. (Damit soll nicht gesagt werden, dass der Herr keine anderen Wege kennt, um seine Diener zu einem besseren Verständnis seines Wortes zu führen). Es liegt jedoch auf der Hand, dass in Bezug auf das Erkennen des göttlichen Willens die Last der Verantwortung auf menschlichen Schultern ruht.

Gott hat es nun einmal für gut befunden, seinen Willen durch das Wort einiger Auserwählter (Propheten und Apostel) kund zu tun. Warum er diesen Weg der Offenbarung durch das Wort mit all seinen Schwierigkeiten und möglichen Missverständnissen gewählt hat, anstatt alle Menschen durch direkte Inspiration zu erleuchten, ist eine Frage der göttlichen Weisheit. Seine Wege sind nicht unsere Wege. Fest steht jedoch, dass der Herr zu allen Zeiten die Menschen aufforderte, auf das Wort der inspirierten Lehrer zu achten, die er auserwählt und ausgesandt hat, damit sie seinen Willen erkennen (Dtn 29,29; Esra 7,10; Neh 8,1-8; Ps 119,34-105; Lk 16,29-31; 1Tim 4,13; 2Tim 2,15; 3,14-17).

Einem aufgeschlossenen Menschen unserer Zeit wird die beklagenswerte religiöse Spaltung viel zu denken geben. Einer der Hauptgründe, die dafür verantwortlich sind, ist in den vielen Irrlehren zu suchen. Wir können niemals zugeben, dass die Bibel daran schuld ist, sondern müssen erkennen, dass unsere Auslegung des göttlichen Wortes Ursache der Irrtümer ist. Wenn wir daher die Schrift richtig verstehen lernen, werden wir unseren Teil dazu beitragen können, Trends und Irrlehren in ihren Wurzeln zu erkennen und aufzudecken. Gleichzeitig werden wir aber auch durch ein rechtes Studium fähig, die Angriffe der Ungläubigen und Skeptiker auf die gesunde Lehre der Bibel, erfolgreich abzuwehren.

Der wichtigste Grund, der uns zu einem rechten Erforschen der Bibel bewegen sollte, ist unser Heil. „Wenn jemand auch kämpft, wird er doch nicht gekrönt, er kämpfe denn recht“ (2Tim 2,5). Nur wenn wir die göttlichen Bedingungen, die an die verheissene Seligkeit geknüpft sind, erfüllen, können wir eine feste Heilsgewissheit und ein ruhiges Gewissen haben. Es gibt leider viele religiöse Menschen, die sich auf Grund ihres sehr subjektiven Fühlens gerettet sehen, obwohl sie nach der Schrift keine Veranlassung dazu haben. Wenn wir aber an unserem Seelenheil wirklich interessiert sind, verlassen wir uns nicht auf menschliche Aussagen oder Gefühle, sondern orientieren uns allein an der Heiligen Schrift, welches der schmale Weg zur himmlischen Seligkeit ist. Denn nur die Heilige Schrift kann uns absolute, rechtmässige Heilsgewissheit geben.

 

 Wertvolle Hilfsmittel zu einem rechten Schriftverständnis

Ein gesunder Menschenverstand: Gott schrieb sein Buch für normale, einfache Menschen, nicht für mystische Träumer und Spekulanten. Sein Wort berichtet von den Erfahrungen, schlichter Menschen mit Gott und Satan, mit Gut und Böse. Mit dem ihnen von Gott gegebenen Verstand können alle Menschen guten Willens die göttliche Offenbarung verstehen (1Kor 1,17-21). (Erfordernisse für die Auslegung.)

Glaube an die Inspiration der Heiligen Schrift: Der Ungläubige kann zwar auch viele Dinge der Schrift verstehen, wenn er sie auch oft aus Neugier oder in der Absicht liest, Fehler zu finden. Das Wort der Bibel wird jedoch keinen Menschen heilsam und nachhaltig beeinflussen, der nicht wirklich an die göttliche Herkunft der Bibel glaubt oder durch das Lesen bzw. Hören der Worte zum Glauben kommt (2Tim 3,16-17; 2Petr 1,20-21).

Geistiger Einsatz und Fleiss: Ohne diese Eigenschaften kann niemand die Bibel wirklich verstehen lernen. Es gibt dafür einfach keinen Ersatz (Apg 17,11-12; 2Tim 2,15).

Der Wunsch, die Wahrheit zu erkennen und zu tun: Wenn diese Einstellung nicht vorhanden ist, so kann ein Mensch unmöglich den Willen Gottes ergründen. Ohne diesen Wunsch ist der Mensch verloren (2Thess 2,8-10). Wenn er andererseits ehrlich nach der Wahrheit strebt, wird der Erfolg nicht ausbleiben (Joh 7,17).

Geistliche Reinheit: Ein Mensch mit unreinem Herzen kann niemals die hohen geistlichen Wahrheiten kennen und lieben lernen (Tit 1, 15). Nur Menschen reinen Herzens werden Gott schauen; nicht allein in der himmlischen Herrlichkeit, sondern auch schon hier auf Erden. In seinem Wort und in seiner Schöpfung sehen wir die Allmacht des himmlischen Vaters (Mt 5,8).

Eine klare, korrekte Bibelübersetzung: Leider sind nicht alle Übersetzungen empfehlenswert. Ältere Ausgaben der Lutherübersetzungen weisen manche Mängel auf (so z. B. das altertümliche, heute oft unverständliche Deutsch oder die unrichtig übersetzten Begriffe, wie Hölle für Hades, Ostern für Passa, Reue für Busse usw.). Zum Teil trifft das auch noch auf die revidierte Lutherübersetzung von 1984 zu, die wir für unseren Kurs verwendet haben. Wenn wir aber eine gute Übersetzung haben, wird uns ein rechtes Schriftverständnis sehr erleichtert (gute Übersetzungen sind z. B. auch die Zürcher und die revidierte Elberfelderbibel. Weitverbreitet als Übersetzung in der Sprache unserer Zeit ist „Die Gute Nachricht“. Sie hat einen ziemlich beschränkten Wortschatz und ist daher für ein gründliches Studium nicht sehr geeignet. Manchmal hilft es, mehrere Übersetzungen zu vergleichen.

Eine gute Allgemeinbildung: Je mehr wir in der Geschichte der damaligen Zeit, in der Erdkunde der biblischen Länder und den Sitten und Gebräuchen der damaligen Zeit bewandert sind, desto besser sind wir imstande, die unter diesen Umständen entstandenen Heiligen Schriften zu ergründen.

Gebet um göttlichen Beistand: Wir sollten nicht beten, dass uns die notwendige Erkenntnis direkt und ohne Anstrengung unsererseits geschenkt werde. Vielmehr sollten wir auf Gottes Verheissung bauen, dass er denen, die sich ernsthaft bemühen, helfen werde, ihn zu verstehen (Mt 5,6; Jak 1,5). Wie Gott uns dahin führen wird, wissen wir oft nicht, aber sein Versprechen wird er sicherlich halten.

 

 Die richtige Auslegung der Bibel

Eine der grundlegendsten Tatsachen hinsichtlich der Bibel ist, dass sie ein übereinstimmendes Ganzes bildet. Die Heilige Schrift enthält die absolute Wahrheit, die von Gott eingegeben worden ist. Es gibt keine zweite Wahrheit. Es ist auch nicht möglich, dass eine Schriftstelle einer andern widersprechen kann. Wenn sich unserer Auslegung nach trotzdem ein Widerspruch ergibt, so ist unsere Auslegung falsch. Wir müssen die betreffenden Stellen von neuem untersuchen, bis wir zu einem übereinstimmenden Ergebnis kommen, das ausserdem im Einklang mit dem Gesamtbild der Schrift steht. Dieser Grundsatz ist von äusserst wichtiger Bedeutung für eine rechte Schriftauslegung.

Wenn wir die biblische Lehre hinsichtlich irgendeines Themas ergründen wollen, dann reicht es nicht aus, einige Schriftstellen zu betrachten, die sich darauf beziehen. Es ist vielmehr notwendig, alle betreffenden Stellen in der Bibel nachzuschlagen, damit wir alle uns zur Verfügung stehenden Einzelheiten kennenlernen. Nur so erhalten wir das Gesamtbild zu einem Thema und können daraus die richtige Schlussfolgerung ziehen.

Faktoren, die in der Auslegung einzelner Stellen beachtet werden müssen:

Der Sprecher: Die Bibel überliefert sehr genau die Aussagen vieler verschiedener Persönlichkeiten. Deshalb müssen wir stets zuerst fragen: Wer spricht: Gott (Ex 20), Christus (Joh 14,6), Satan (Gen 3,4-5), ein Dämon (Mt 8,29), ein Ungläubiger (Ps 53,2), ein inspirierter Mensch (1 Kor 1,10), ein nicht inspirierter Mensch (Hiob 42,1-6) usw.? Die Antwort auf die Frage „Wer spricht?“ ist von grossem Einfluss auf die Bedeutung einer Schriftstelle.

Der Angesprochene: Die nächste Frage ist: An wen sind diese Worte gerichtet? Patriarchen (Gen 7), Juden (Ex 31,12-17), Christen (1Kor 11,23-25), Einzelpersonen (Philemon), Gemeinden (Phil 1,1) usw.? Unter welchen Verhältnissen lebten sie? Unter welchen Verhältnissen lebten sie? Wie war ihre Erziehung? Wie waren ihre Sitten, ihre besonderen Fehler oder Versuchungen? Die Beantwortung dieser Fragen wird uns oft den Sinn einer Stelle ergründen helfen.

Zeit und Ort der Abfassung: Geschah der Ausspruch im patriarchalischen, mosaischen oder christlichen Zeitalter? Vor oder nach der Kreuzigung Jesu? Welches war das gültige Gesetz? Angesichts welcher Dinge oder Ereignisse geschah der Ausspruch? Wo wurde der betreffende Brief geschrieben?

Das Wesen des jeweiligen Schriftabschnitts: Die Bibel kennt verschiedene Arten von Schriften: Geschichte, Lebensbeschreibung, Gesetz, Prophezeiung, Dichtung, Lobpreis, Redekunst, symbolische oder bildhafte Sprache. Wir können eine Stelle aus dem Gesetz nicht wie ein Gedicht behandeln. Diese Unterschiede müssen in der Auslegung beachtet werden.

Worüber wird gesprochen? Was ist die Absicht des Schreibers? Was ist der Anlass für das Schreiben? In welchem Zusammenhang steht die Schriftstelle? Niemals darf eine Stelle aus ihrem Zusammenhang gerissen werden!

Die Bibel legt sich selbst aus! Suchen Sie nach Parallelstellen desselben Schreibers. Achten Sie auf seine Begriffserklärungen. Suchen Sie nach Parallelstellen anderer Schreiber. Was sagt die Schrift im Allgemeinen zu dem betreffenden Thema?

Das sind nur einige Hinweise auf die Vielzahl der Dinge, die zu einem rechten Verständnis der Bibel verhelfen können. Vor allen Dingen sollten wir in unseren Schlussfolgerungen nicht hastig sein und nie aus Bequemlichkeit Möglichkeiten zur Vervollkommnung unserer Erkenntnis vernachlässigen. Die Probleme der Schrift lassen sich nicht über Nacht lösen. Sie haben ein ganzes Leben dazu Zeit. Sorgen Sie aber dafür, dass Ihre kostbare Zeit nicht ungenutzt verrinnt. (siehe „Auslegung der Bibel“!)

 

 Die drei Lehrmethoden der Bibel

Grundsätzlich gibt es nur drei Wege, auf denen wir im neuen Bund unsere Pflichten gegenüber Gott erkennen können. Alle Dinge, die nicht in irgendeiner Weise unter diese drei Rubriken fallen, sind für uns nicht bindend.

Das direkte Gebot: Wir sind verpflichtet, alles zu tun, was Gott direkt, d. h. ausdrücklich von uns Menschen fordert. Das ist der einfachste Weg, unsere Pflichten kennenzulernen (z. B. Mt 22,37-40; Apg 2,38; 1Kor 16,1-2). Zu diesem ersten Punkt gehören auch die göttlich empfohlenen Prinzipien für unser Verhalten (z. B. Mt 5,3-11; Apg 20,35).

Das anerkannte apostolische Vorbild: Darunter fallen Glaubensangelegenheiten wie z. B. der Tag der Abendmahlsfeier (Apg 20,7) und der Sinn des Abendmahls (1Kor 11,23-30).

Die notwendige Folgerung: Bei diesem letzten Punkt ist Vorsicht geboten. Nicht irgendeine Folgerung, sondern nur die notwendige Folgerung ist hier gemeint. Als Beispiel dient die Taufe. Von Jesu Taufe wird uns berichtet: „Und als Jesus getauft war, stieg er alsbald herauf aus dem Wasser“ (Mt 3,16). Die notwendige Folgerung ist, dass er vor der Taufe in das Wasser hinabstieg, sonst hätte er danach nicht aus dem Wasser heraufsteigen können. Eine Folgerung, die nicht notwendig und deshalb nicht bindend ist, wäre z. B. die Behauptung, Jesus sei von Johannes mit dem Gesicht nach oben oder nach unten untergetaucht worden. Diesen Unterschied zwischen notwendiger und nicht notwendiger Folgerung müssen wir gut beachten, sonst fallen wir bald dem Irrtum anheim.

Ein anderes Beispiel dieser Art ist in Hebräer 10,25 zu finden. Aus der Ermahnung, die Versammlungen nach dem schlechten Beispiel einiger Brüder nicht zu vernachlässigen, müssen wir notwendigerweise folgern, dass in den neutestamentlichen Gemeinden, von denen hier die Rede ist, regelmässige Versammlungen stattfanden. Wie hätten sonst einige Brüder die Versammlungen ständig versäumen können? Eine Folgerung, die nicht notwendig ist, wäre die Feststellung, dass diese Versammlungen sonntags vormittags stattfanden. Davon ist in diesem Zusammenhang nichts gesagt.

 

 Ein Wort über schwierige Schriftstellen

Mitunter stossen wir beim Erforschen der Bibel auf besonders schwer verständliche Stellen (2Petr 3,16). Über die Schriftstellen, die am häufigsten vorkommen, soll abschliessend noch ein Wort gesagt werden.

Die bildliche oder symbolische Sprache der Schrift: Wann ist ein Wort oder Text in bildlicher Sprache gebraucht?

• Wenn der Autor es selbst sagt (Gal 4, 24), oder wenn im Text das Wort „Gleichnis“, „gleich wie“ usw. steht.

• Wenn es aus dem Zusammenhang ersichtlich ist (z. B. die Offenbarung). Die Offenbarung ist ein einzigartiges Buch im Neuen Testament, das sich sehr stark der bildlichen Sprache und Symbole bedient. Deshalb ist bei der Auslegung besondere Vorsicht geboten.

• Wenn seine wörtliche Bedeutung eine Unmöglichkeit ergibt (z. B. Mt 26,26-27). Es kann keinesfalls darum gehen, dass wir beim Abendmahl den Leib Christi verspeisen und sein Blut trinken (Luthers Irrlehre von der Transsubstantiation). Das wäre ja Kannibalismus.

• Wenn die wörtliche Auslegung anderen klaren Schriftstellern widerspricht (z. B. Joh 11,25-26). Diese Worte können nur bildlich verstanden sein, bezogen auf das ewige Leben im geistlichen Sinne, da sie sonst der klaren biblischen Lehre, dass alle, auch die Gläubigen, leiblich sterben müssen, widersprechen würden.

• Wenn seine wörtliche Bedeutung zu etwas Bösem anleitet (z. B. Lk 14, 26). Jesus spricht hier von der totalen Nachfolge, die ohne Verzicht nicht zum ewigen Leben führt. Die Konsequenz daraus ist, dass wenn es nötig sein muss, wir sogar bereit sein sollen unsere lieben Eltern zu verlassen, wenn sie uns vom Glauben abhalten wollen.

• Wenn eine spöttische, ironische oder auch eine übertriebene Rede vorliegt (z. B. Ps 22,7). Dieser Ausspruch soll uns bewusstwerden lassen, wie demütigend die Sünde ist, die Jesus für uns auf sich geladen hat.

• Wenn es uns der gesunde Menschenverstand sagt (z. B. Apg 10,11-15). Die Vision will Petrus nicht zum Essen der unreinen Tiere anspornen, vielmehr soll er begreifen, dass Gott im Neuen Testament die Schranken zwischen Juden und Heiden aufgehoben hat.

Die bildliche Sprache muss nach ihren eigenen Gesetzen ausgelegt werden. Bei der bildlichen Sprache ist deshalb besondere Vorsicht angebracht. Im Allgemeinen gelten bei der Auslegung bildlicher Sätze oder Ausdrücke die erwähnten Regeln unter Punkt drei (Die richtige Auslegung der Bibel).

Die Prophezeiungen bilden den grössten, aber auch den schwer verständlichsten Teil der gesamten Heiligen Schriften:

Fälschlicherweise versteht man unter einem Propheten meistens einen Gottesmann, der nur die Zukunft voraussagt. Der biblische Begriff eines Propheten (Nabi) bezeichnet jedoch nicht nur einen Menschen, der zukünftige Dinge voraussagt, sondern einen inspirierten Lehrer schlechthin (2Petr 1,20-21). Im Alten Testament bestand seine Aufgabe hauptsächlich darin, dem Volk das Gesetz des Herrn einzuschärfen. Es war nicht seine Aufgabe, neue Gesetze oder gar eine neue Religion aufzustellen (Dtn 13,1-5).

Weniger als 2% der alttestamentlichen Prophezeiungen ist messianisch. Weniger als 5% beschreibt den neuen Bund. Weniger als 1% betreffen Ereignisse in der Zukunft. Die meisten Prophezeiungen betrafen nicht die ferne, sondern die unmittelbare Zukunft. Der wahre Prophet war der Mann, dessen kurzfristige Voraussagen sich erfüllten (Dtn 18,20-22).

Die einzig unfehlbare Auslegung irgendeiner biblischen Prophezeiung, sei es im AT oder im NT, ist in der Bibel selbst zu finden. Andere Ausleger als die inspirierten Schreiber sind unsichere Vermutungen. Hinsichtlich solcher Prophezeiungen, die von keinem inspirierten Menschen erklärt worden sind (besonders das Buch der Offenbarung des Johannes), sollten wir grosse Zurückhaltung üben.

Wenn wir die biblische Prophetie besser verstehen wollen, dann müssen folgende Punkte beachten werden:

• Was ist das Ziel der Gesamtbotschaft für die prophetische Aussage?

• Was sind die zeitlichen, geschichtlichen und örtlichen Zusammenhänge?

• Wo finden wir ähnliche oder gleiche Aussagen, die immer wiederkehren?

• Vorsicht mit den Zahlen!

• Auch die prophetischen Stellen können dem Gesamtzeugnis der Bibel nicht widersprechen!

Die Propheten sind nun einmal ein Teil der Bibel, die wir keinesfalls vernachlässigen sollten – allerdings mit der entsprechenden Vorbereitung, nachdem wir uns mit der Botschaft der anderen Bibelteile vertraut gemacht haben, die leichter verständlich sind.