Lukas-10: Der letzte Konflikt (Teil 1)

Jesus, der Menschensohn

Arbeitsblatt

 

 

Wir sind nun bei den letzten und wichtigsten Ereignissen im Erdenleben Jesu Christi angelangt. Es ist keine schöne Geschichte. Vielmehr finden wir hier die hässliche Frucht von Hass und Eifersucht und den schrecklichen Preis, der für die Sünde bezahlt werden musste. Während wir die drei letzten Kapitel des Lukasevangeliums lesen, sollten wir immer wieder Haltmachen und ernsthaft darüber nachdenken.

A.  Der Lohn des Verrats (22,1-6)

B.  Das letzte Passamahl (22,7-23)

C.  Der Grösste soll ein Diener sein (22,24-30)

D.  Vorhersage der Verleugnung durch Petrus (22,31-34)

E.  Zwei Schwerter (22,35-38)

F.  Jesus in Gethsemane (22,39-46)

Nach dieser Gliederung besprechen wir nun die einzelnen Punkte:

 

EREIGNISSE VOR DEM PROZESS JESU (22,1-46)

 

A. DER LOHN DES VERRATS (22,1-6)
Jesus war mit seinen Jüngern nach Jerusalem gekommen, um zur Feier des Passamahls, das am Ende der Woche stattfinden sollte, anwesend zu sein. Für die Führer der Juden hingegen war sein Tod eine beschlossene Sache. Dem Markusevangelium (siehe Mk. 14,2) entnehmen wir, dass sie ursprünglich warten wollten, bis das Fest vorüber war und die Massen sich wieder verlaufen hatten. Aber Gott hat seine eigenen Pläne. Sein Plan war, dass sein Sohn - „Gottes Lamm“ - am grossen Tag zur Erinnerung der Befreiung sterben sollte. Der Tod Christi sollte noch weitaus stärker als der Tag der Befreiung aus der ägyptischen Sklaverei im Gedächtnis der Menschen weiterleben. Denn der Tod Christi befreit von der Knechtschaft der Sünde und führt zum ewigen Leben.

Einer der zwölf Apostel - Judas Ischariot - war innerlich schon seit einiger Zeit mit seinem Herrn uneins. Aus verschiedenen Gründen (einer davon war seine Geldgier, wie uns Johannes berichtet, Joh. 12,6) beschloss er, Jesus zu verraten. Worin bestand dieser Verrat eigentlich? Die jüdischen Führer wussten nicht, wo Jesus sich jeweils nachts aufhielt. Seine Festnahme am Tage war jedoch sehr riskant, wenn nicht ganz unmöglich. Das Volk hätte sich dann wohl gegen sie gewandt. Bei einer nächtlichen Festnahme jedoch wäre es möglich gewesen, bis zum Sonnenaufgang mit dem Prozess und der Verurteilung zu Ende zu kommen. Jesus hätte schon am Kreuz gehangen, wenn die Massen erwachten. Der Verrat des Judas bestand darin, den Juden den ihnen unbekannten nächtlichen Aufenthaltsort Jesu zu enthüllen.

Nach der Bibel fuhr der Teufel in Judas (Vers 3). Heisst das, dass Judas unter der Herrschaft von Dämonen stand, so dass er seine Handlungen nicht mehr selbst bestimmen konnte? Nein! Judas öffnete Satan den Zugang zu seinem Herzen und wollte es so. Nichts am Hergang der ganzen Geschichte deutet daraufhin, dass er nicht mehr Herr seiner Entscheidungen gewesen sei. Er war durchaus in der Lage, um Geld zu verhandeln und den günstigsten Augenblick für die Festnahme Jesu auszuwählen. Gott wollte den Tod seines Sohnes; aber niemand zwang Judas zu seinem Verrat. Er wollte ihn selbst.

 

B. DAS LETZTE PASSAMAHL (22,7-23)
Es war jüdischer Brauch, dass die ganze Familie am Abend vor dem Passatag das ganze Haus sorgfältig durchsuchte, um allen Sauerteig und jedes Stückchen Brot oder Kuchen, das mit Sauerteig gebacken war, einzusammeln und dann zu verbrennen. Am Mittag des 14. Nisan durfte nichts mehr davon im Hause sein. Darum wurde der Tag vorher, der 13. Nisan, an dem man den Sauerteig vernichtete, „der Tag der ungesäuerten Brote“ (Vers 7) genannt. Am 14. Nisan wurde dann zwischen 14.30 Uhr und 18.00 Uhr das Passalamm geschlachtet und für das Passamahl vorbereitet, das kurz nach Sonnenuntergang gefeiert wurde. Das Einbrechen der Dunkelheit war das Zeichen, dass der 15. Nisan angefangen hatte, der Tag des Passamahls oder auch „das Fest der ungesäuerten Brote“ (Vers 1) genannt. So war es also am Donnerstag, den 14. Nisan, dass Jesus Petrus und Johannes dazu ausschickte, dass sie die nötigen Vorbereitungen treffen sollten, damit er mit ihnen das Passamahl halten konnte.

Aus Sicherheitsgründen hatte der Meister mit den Jüngern in einem Garten geschlafen. Dieser Ort eignete sich jedoch nicht für die Passafeier. Nun wusste Jesus die ganze Zeit, wo er das Mahl halten wollte, hielt dies jedoch zunächst noch vor den Jüngern geheim. Warum? Weil sonst die Führer der Juden durch den Verrat des Judas eine ideale Gelegenheit gehabt hätten, ihn festzunehmen. Es kam Jesus darauf an, dass die Dinge nach seinem Willen abliefen und nicht nach dem der Obersten. Es war ihm wichtig, mit den Jüngern das Passamahl zu halten, denn bei diesem Anlass wollte er das Abendmahl einsetzen (siehe 1. Kor. 11,23-26).

Petrus und Johannes gingen und fanden alles so, wie der Herr es ihnen gesagt hatte. Judas fand erst in allerletztem Moment heraus, wo das Fest stattfand und hatte auf diese Weise keine Gelegenheit, den Herrn zu verraten. So geschah es, dass der Herr ohne Furcht gestört zu werden mit seinen Jüngern das Mahl halten konnte.

Lukas nennt nicht sehr viele Einzelheiten dieses Ereignisses. Viele Einzelheiten, die uns Markus nennt, werden nicht wiedergegeben. Warum? Wahrscheinlich wohl deshalb, weil diese Dinge den Christen wohlbekannt waren, als Lukas sein Evangelium schrieb. Er unterstreicht aber die grosse Bedeutung, die Jesus diesem Ereignis beimass: „Und er sprach zu ihnen: Mich hat sehnlich verlangt, dieses Passamahl mit euch zu essen, bevor ich leide. Denn ich sage euch: Ich werde es nicht mehr essen, bis es in seiner Vollendung gefeiert wird im Reiche Gottes“ (Vers 15-16).

Jesus wusste, was im Kopfe des Judas vorging. Darum waren die letzten Worte des Herrn für ihn bestimmt. Sie waren ein letzter Versuch, ihn zu retten und nicht eine Drohung, die ihn einschüchtern sollte.

 

C. DER GRÖSSTE SOLL EIN DIENER SEIN (22,24-30)
Die Apostel waren strebsame Leute. Wenn sie an das Gottesreich dachten, so dachten sie sofort auch daran, welche Rolle sie selber darin spielen würden. Wer von ihnen würde der Grösste sein? Es fällt auf, dass Jesus sie nicht für ihr Verlangen nach Grösse tadelt, sondern vielmehr wegen ihrer falschen und engen Auffassung von dem, was wahre Grösse eigentlich ist.

Es ist offensichtlich, dass sie selbst jetzt noch immer keine Ahnung hatten, welche schrecklichen Ereignisse nur noch Stunden von ihnen entfernt waren. Sie begriffen nicht, wie wahr Jesu Vorhersagen über sein Leiden und Sterben waren. Ihre Eifersüchteleien müssen die Heiligkeit der Passafeier gestört haben.

In seiner Entgegnung erinnert sie Jesus daran, wie weltliche Herrscher ihre Macht ausüben. Nämlich so, dass die Untertanen sich fürchten und von ihrer Schwachheit überzeugt sind. Das Königreich Gottes ist ganz anders! Sie werden tatsächlich im Reiche Gottes herrschen, aber dieses Führen wird nicht besondere Vorrechte, sondern ein Mehr an Verantwortung mit sich bringen. Es wird ihnen Opfer abfordern und am Ende ihr Leben. Die Apostelgeschichte zeigt deutlich, wie verschieden ihr Dienst war von dem, was sie sich jetzt vorstellten.

Die Apostel sitzen auf Thronen und richten die 12 Geschlechter Israels, indem sie durch ihr Wort den Glauben und das Tun des geistlichen Israels - der Gemeinde Jesu Christi - bestimmen.

 

D. VORHERSAGE DER VERLEUGNUNG DES PETRUS (22,31-34)
Der Herr bewahrt seine Jünger nicht vor der Versuchung. Er schenkt aber einen Ausweg und er verwehrt dem Satan völlige Macht über die Christen. So war es bei Hiob und so war es auch bei Petrus. Die Verwendung des eigentlichen Namens „Simon, Simon...“ sollte wohl die Warnung noch verstärken. Petrus hingegen ist von seiner Kraft und Treue so überzeugt, dass er sich seine eigene Untreue einfach nicht vorstellen kann. Jesus kannte jedoch die Schwäche des Petrus genau so gut wie er von dem kommenden Verrat durch Judas wusste. Darum zögerte er nicht, sondern sagte die Verleugnung voraus: Nicht einmal, sondern mehrfach und nicht in ferner Zukunft, sondern heute Nacht! Petrus nimmt das nicht sehr ernst. Gefangenschaft und Tod sind für ihn weit entfernt.

Im NT wird die Nacht nach römischem Brauch in vier Wachen eingeteilt: 18-21 Uhr, 21-24 Uhr, 24-3 Uhr morgens und 3-6 Uhr. Die Hähne rufen gewöhnlich gegen 3 Uhr morgens. Darum sagte man auch, dass die dritte Nachtwache von Mitternacht bis zum Hahnenschrei dauerte. Das war nicht nur für Petrus wichtig, sondern zeigt auch, dass der grösste Teil des Prozesses gegen Jesus mitten in der Nacht stattfand, um ja kein Aufsehen zu erregen. Um Gerechtigkeit ging es dabei überhaupt nicht.

 

E. ZWEI SCHWERTER (22:35-38)
Diese Worte waren eine Warnung an alle Apostel. Das Geschick Jesu war besiegelt. Zu eben diesem Zeitpunkt beschlossen die Führer der Juden seinen Tod noch vor Morgen-grauen. Bald würde er unter die „Übeltäter“ gerechnet (siehe Jesaja 53). Was aber geschieht mit den Schafen, wenn ihr Hirte getötet wird? Jahrelang hatten nun die Jünger bei Jesus sein dürfen. Er gab ihnen Kraft und Weisheit. Nun sollte er von ihnen genommen werden. Als unmittelbares Ergebnis werden auch sie verachtet und verfolgt werden. Sie werden ihre ganze Stärke und Energie brauchen, um gegen eine feindliche Welt bestehen zu können.

Für den kommenden Kampf brauchen sie die entschlossene und ganze Hingabe eines Kämpfers, der alles aufgibt, selbst seine Kleider, damit er mit seinem Schwert den Kampf fortführen kann.

Dass Jesus seine Jünger ja nicht zu körperlichen Kämpfen ermutigt, beweist seine Bemerkung, dass zwei Schwerter genug sind. Später verwehrte er ihnen den Gebrauch dieses Schwertes. Die Streiter Christi müssen geistlich bewaffnet sein mit der Macht seines Geistes und mit dem Schwert seines Wortes (siehe Eph. 6,10-18).

 

F. JESUS IN GETHSEMANE (22,39-46)
Die Zeit war gekommen, dass Jesus sich selbst als vollkommenes Opfer für die Sünde darbieten würde. Bisher war Jesus seinen Feinden absichtlich aus dem Weg gegangen. Jetzt tat er das nicht. Er wusste, dass Judas, der Verräter, unterwegs war. Darum kehrte er zum Garten zurück, um dort seine Verfolger zu erwarten.

Hat Jesus den Tod gefürchtet? Ganz bestimmt hat er das. In jedem normalen Menschen besteht das Verlangen zu leben und eine natürliche Abneigung gegen Leiden und Tod. Jesus war ein vollkommener Mensch mit allen Eigenschaften der menschlichen Natur. Sein Körper empfand Schmerz und Leid genau so wie der Körper aller anderen Menschen. Was auf ihn zukam, wurde aber dadurch noch unerträglicher gemacht, weil er wusste, dass er, der Sündlose, für die Sünden anderer Menschen sterben würde. Nachdem er sich endlich erneut dem Willen Gottes übergeben hat, gewinnt er seine Fassung wieder und kehrt zu seinen schlafenden Jüngern zurück.

VORSCHAU: In der nächsten Lektion betrachten wir den zweiten Teil des letzten Konflikts, wo es um die „Festnahme, der Prozess und die Kreuzigung Jesu“ geht. Der Text für Lektion 11 ist Lukas 22,47 - 23,49.