Christentum-29: Sollen Christen den Zehnten geben?

Was ist Christentum?

 

Betrügen wir Gott, wenn wir keinen Zehnten geben?
Nein! „Zur Freiheit hat uns Christus befreit! Steht also fest und lasst euch nicht wieder in das Joch der Knechtschaft einspannen“ (Gal 5,1). Der Mensch legt grossen Wert auf Freiheit von jeglicher Tyrannei. Leider lässt er sich immer wieder unbewusst in ein Joch der Knechtschaft einspannen. Die Bibel sagt, dass alle Menschen ohne Christus sich freiwillig der Knechtschaft Satans unterworfen haben (Röm 6,17; 7,14; Apg 26,18). Zudem wurde die Sklaverei bis heute nicht abgeschafft, sondern durch die Unterdrückung vieler Arbeitgeber entstehen immer neue (1 Tim 6,1). Die Juden waren damals Sklaven ihrer Religion, deshalb rief Jesus ihnen zu (Mt 11,28): „Kommt zu mir, all ihr Geplagten und Beladenen: Ich will euch erquicken.“ Das Gesetz Mose war tatsächlich ein Joch der Knechtschaft, weil der unvollkommene Mensch es niemals einhalten konnte (Gal 4,4-5). So gibt es heute noch Gläubige wie die Galater, die sich unter ein Joch der Knechtschaft spannen lassen und noch immer krampfhaft versuchen, Teile des abgetanen mosaischen Gesetzes einzuhalten (Hebr 10,13).

Viele Lehrer christlicher Gemeinden legen durch den Zehnten einen finanziellen Zwang auf ihre Mitglieder und begründen dies auch noch durch alttestamentliche Bibelstellen, die sie falsch interpretieren. Dabei geht es leider oft auch darum, sich durch andere finanziell zu bereichern. Damit werfen sie ein schlechtes Licht auf das Christentum.

Eine gern falsch zitierte Bibelstelle ist die Drohung an Israel durch den Propheten Maleachi (Kap. 3,8-10: „Darf ein Mensch Gott betrügen? - Mit dem Zehnten und der Abgabe! Ihr seid verflucht mit dem Fluch, und da betrügt ihr mich - ihr, die ganze Nation. Bringt den ganzen Zehnten ins Schatzhaus, damit Nahrung in meinem Haus ist! Und so prüft mich doch, spricht der Herr der Heerscharen, ob ich euch nicht die Fenster des Himmels öffne und für euch Segen ausschütte bis zum Überfluss.“

Es wird behauptet, dass alles Böse und jede Katastrophe, die über Menschen hereinbricht, eine Folge der Untreue und der Nichteinhaltung des Zehnten sei. Wenn jemand krank wird, seinen Job verliert, keine Kinder gebären kann oder andere Leidenserfahrungen durchmacht im Leben, habe das einen direkten Zusammenhang mit dem Zehnten, der nicht abgegeben wurde. Auf diese Weise betrüge der Mensch Gott. Doch diese anmassenden Drohungen sind nichts anderes als ein Missbrauch der heiligen Schriften. Jesus verurteilte schon damals die religiösen Führer (die Schriftgelehrten und Pharisäer), dass sie unerträgliche Lasten auf die Schultern der Menschen legen (Mt 23,4).

Jesus versprach seinen Nachfolgern (Joh 8,32): „Ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen.“ Die Wahrheit soll uns Menschen von Geboten und Zwängen befreien, die Gott gar nicht geboten hat. Denn Gott hat gesagt (Mt 15,9): „Nichtig ist, wie sie mich verehren; was sie an Lehren vortragen, sind Satzungen von Menschen.“ Der allmächtige Gott fühlt sich vielmehr mit der Einhaltung von menschlichen Traditionen und Geboten betrogen!

Ursprung des Zehnten
Das erste Mal wo die Bibel von einem Zehnten spricht, finden wir bei Abraham, nachdem er seinen Neffen Lot aus der Hand der Feinde befreite (Gen 14,16). Da kam ihm Melchisedek entgegen und segnete ihn für diesen grossen Sieg, bei dem ihm der Höchste Gott beistand und da heisst es (Gen 14,20): „Abraham aber gab ihm den Zehnten von allem.“ Offensichtlich tat er das freiwillig, aus sich heraus und nicht, weil Gott das von ihm verlangte. Das nächste Beispiel lesen wir in der Schrift von Jakob, der gelobte seinen Segen zu verzehnten (Gen 28,20-22). In beiden Beispielen wird nirgends von Gott geboten, den Zehnten zu entrichten.

Erst als die Kinder Israels eine Nation wurden, machte Gott auf dem Berg Sinai mit seinem Volk einen Bund (Dtn 5,1-5), bei dem er ihnen den Zehnten von allem gebot, wie wir lesen (Lev 27,30): „Und jeder Zehnte des Landes, vom Staatsertrag des Landes und von den Früchten der Bäume, gehört dem Herrn. Er ist dem Herrn geweiht.“

Der Zehnte unter dem Gesetz Mose
Im Alten Testament lesen wir von verschiedenen Zehnten. Da gab es den Zehnten, den das Volk den Leviten jährlich entrichten mussten, da sie kein Land besassen (Num 18,20-24). Die Leviten wiederum gaben davon einen Zehnten an die Priester weiter, die am Heiligtum ihre Dienste taten (Num 18,25-28). Ein weiterer Zehnte musste an einem Fest verspeist werden, zusammen mit dem ganzen Haus samt den Leviten (Dtn 14,22-27; 12,5-18). Dann lesen wir von einem Zehnten, der alle drei Jahre an die Armen und Weisen entrichtet werden musste (Dtn 14,28-29; 26,13-15). Ein weiterer Zehnte musste nach Jerusalem gebracht werden, wo später der Tempel gebaut wurde (2 Chr 6,5-6; 7,12) und durfte nur dort vor dem Herrn gegessen werden (Dtn 12,5-16). Die, welche weiter weg von Jerusalem wohnten, durften ihren Zehnten verkaufen, um mit dem Geld nach Jerusalem zu reisen und sich dort den Zehnten zu kaufen, den sie dem Herrn weihten (Dtn 14,22-27; 12,17-28; Joh. 2,14). Im Tempelbezirk gab es Vorratskammern, in denen der Zehnte für die Leviten gelagert wurde (2 Chr 31,4-12).

Demnach müsste unser Zehnte heute auch nach Jerusalem gebracht werden, wie es Gott den Israeliten befohlen hatte. Wenn dieses Gebot heute noch gilt, dann können wir nicht nur die Hälfte befolgen und die andere Hälfte weglassen.

Wie ist Maleachi 3,8-10 zu verstehen?
Es versteht sich von selbst, dass diese Anweisungen nicht für Christen im Neuen Bund gelten, sondern allein den Israeliten unter dem Gesetz Mose galt (Mal 1,1). Der allmächtige Gott machte mit den Kindern Israels einen Bund auf dem Berg Sinai (Ex 19,5; Dtn 5,2-5). Dieser Bund enthielt das Gesetz, dass der Zehnte vom Ertrag des Landes dem Herrn geweiht werden sollte (Lev 27,30).

Der Herr versprach seinem Volk grossen Segen, wenn sie seine Gebote und Satzungen befolgten. Gleichzeitig versprach er ihnen aber auch Fluch, wenn sie ihm nicht gehorchten (Dtn 28; Lev 26). Leider wurde das Volk immer nachlässiger und gottloser, so dass ihr Eifer dem Herrn zu dienen, etwa hundert Jahre nach ihrer Rückkehr aus der Gefangenschaft, am Boden lag.

Der Prophet Maleachi tadelte die Priester seiner Tage, weil sie dem Herrn blinde, lahme und kranke Tiere opferten, statt das Beste, das sie hatten. Er sprach von „besudelter Speise“ und schlug ihnen vor, sie sollten ihre Opfer doch einmal ihrem Statthalter bringen und dann sehen, wie er darauf reagieren würde (Mal 1,6-14). Im zweiten Kapitel bedrohte er die Priester mit einem Fluch (Mal 2,1-9). Es ist offensichtlich, dass die Botschaft des ganzen Buches an Israel ging (Mal 2,11): „Juda hat treulos gehandelt, und in Israel und in Jerusalem wurde Abscheuliches verübt, denn Juda hat das Heiligtum des Herrn entweiht, das er liebt, und die Tochter eines fremden Gottes geheiratet.“ Das ganze Volk wurde getadelt, weil es von Gottes Satzungen abgewichen war (Mal 3,7).

Das Schlüsselwort für das Buch Maleachi ist „Untreue“ (siehe Einleitung zum Buch Maleachi). Das Volk betrog Gott um den Zehnten, den er ihnen auferlegte (Mal 3,9). Sie empfingen reichen Segen vom „Herrn der Heerscharen“, aber hielten den Zehnten zurück. Das war schliesslich der Grund für ihre schlechten Ernten. Maleachi ermahnte sie „den ganzen Zehnten ins Schatzhaus“ zu bringen, wie es ihnen geboten wurde (Mal 3,10). Wenn sie umkehrten und ihren Bundesverpflichtungen nachkommen, würde der Herr ihren Fluch wegnehmen und sie wieder segnen.

Was das Neue Testament über den Zehnten sagt
Im Neuen Testament finden wir zwei Aussagen Jesu über den Zehnten (siehe Mt 23,23; Lk 11,42; 18,12). Die eine Aussage wird parallel ein zweites Mal in einem andern Evangelium zitiert. Die andere Aussage finden wir im Gleichnis vom Pharisäer und Zöllner. In beiden Fällen spricht Jesus von den Pharisäern, die unter dem Gesetz Mose standen. Im Hebräer 7,1-9 wird vom Zehnten geredet, den Abraham freiwillig dem Melchisedek gab, als er noch nicht unter dem Gesetz Mose stand.

Es ist wichtig, dass wir die verschiedenen Zeitalter unterscheiden: Es gibt eine Zeit vor dem Gesetz, eine Zeit während des Gesetzes und eine Zeit nach dem Gesetz Mose (siehe Einführung Genesis: die drei grossen Zeitalter). Paulus schreibt den Galatern (Gal 4,4): „Als sich aber die Zeit erfüllt hatte, sandte Gott seinen Sohn, zur Welt gebracht von einer Frau und dem Gesetz unterstellt.“ Jesus lebte unter dem mosaischen Gesetz und musste, wie jeder andere Jude, sich an das Gesetz halten. Weil Jesus jedoch der „Mittler eines neuen Bundes ist“, den er selbst eingeführt hat, trat dieser Bund mit seinem Tod in Kraft (Hebr 9,15-17). Das bedeutet, dass Christen nicht mehr das Gesetz Mose zu erfüllen haben, sondern das „Gesetz Christi“ (Gal 6,2). Jesus ist „der Mittler eines besseren Bundes, der auf bessere Verheissungen gegründet ist“ (Hebr 8,6). Der erste Bund wurde für veraltet erklärt (Hebr 8,13). Damit ist das Alte Testament gemeint, mit den zehn Geboten und den übrigen Gesetzen, die Mose und dem Volk Israel gegeben wurden.

Aus Hebräer 7 geht klar hervor, dass niemand in der heutigen Zeit das Recht hat von Gläubigen den Zehnten einzufordern. Nur das Gesetz Mose gab den Leviten das Recht, den Zehnten vom Volk einzufordern, da sie ja auch kein Landbesitz zugeteilt bekamen (Hebr 7,5). Vom Stammvater Levi heisst es (Dtn 10,8-9): „Der Herr ist sein Erbbesitz.“ Die Leviten waren also dazu bestimmt, am Heiligtum Gottes zu dienen, da niemand anders sich ihm nähern durfte (Dtn 18,1-8; Nu 18,21-24). Im neuen Bund, den Jesus einführte, hat sich das Priestertum sowie das Gesetz geändert (Hebr 7,11-18). Nicht einmal die Leviten haben heute noch das Recht, den Zehnten vom Volk einzufordern, da das Gesetz Mose ausser Kraft gesetzt worden ist (Hebr 7,18-19). Wenn nicht einmal mehr die Leviten den Zehnten einfordern dürfen, woher nehmen sich heute religiöse Lehrer das Recht den Zehnten einzufordern?

Geben im Neuen Testament
Religiöse Lehrer trennen oft den Zehnten von der übrigen Kollekte. Sie behaupten, dass der Zehnte für den Pastor sei, während die übrige Kollekte für die Gemeinde eingesetzt werden soll. Wo lesen wir im Neuen Testament von solch einer Aufteilung? Nirgends! Es gibt nur eine Kollekte im Neuen Testament, die jeweils am ersten Tag nach dem Sabbat eingezogen wurde (1 Kor 16,1-2): „Was aber die Sammlung für die Heiligen betrifft, so haltet es ebenso, wie ich es für die Gemeinden in Galatien angeordnet habe: An jedem ersten Tag der Woche lege ein jeder von euch zur Seite, was er erübrigen kann, damit nicht erst dann, wenn ich komme, gesammelt werden muss.“ Diese inspirierten Anweisungen des Paulus sind verbindlich für jede neutestamentliche Gemeinde heute und dient verschiedenen Zwecken (z. B. 1 Kor 16,3; 9,7-14).

 

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