Auslegung-26: Wie sehr ist Gottes Wort bindend für alle Menschen?

Auslegung der Bibel

 

Einstieg: Positive Gebote Gottes „fordern etwas“, „schliessen etwas aus“ und „lassen etwas zu“. Deshalb fragen wir uns vielleicht: „Was heisst das praktisch gesehen?“ Eine weitere Frage ist: „Wie können wir wissen, wann Gebote etwas ausschliessen?“

In unserer Serie haben wir gezeigt, dass bei der Auslegung des Neuen Testaments eine bestimmte Vorgehensweise notwendig ist. Dabei bleiben zwei Fragen offen: (1) Wie detailliert müssen die Gebote Gottes befolgt werden? (2) Gibt es notwendige Aspekte, die befolgt werden müssen, wenn weitere Fragen auftauchen?

Zum Beispiel. Das Neue Testament lehrt klar und deutlich, dass die Taufe notwendig ist für unsere Rettung, dass die Taufe für bussfertige Sünder ist, dass es bei der Taufe um ein Untertauchen geht. Selbst wenn wir dieses Gebot verstanden haben, so bleiben dennoch Fragen übrig wie: Wer kann die Täuflinge taufen? (Muss bei einer Taufe ein bereits getaufter Christ anwesend sein? Kann die Taufe nur durch einen Mann vollzogen werden oder nur durch einen Prediger?) In welchem Wasser darf eine Taufe durchgeführt werden? (Kann dazu ein natürliches Becken verwendet werden? Muss das Wasser fliessen wie bei einem Fluss oder darf es in einem geschlossenen Becken stattfinden? Genügt ein geschlossenes Taufbecken?) Vielleicht fragen wir zum Beispiel, ob eine Taufe von einem Ungläubigen durchgeführt werden kann. Vielleicht fragen wir, ob es biblisch sein kann, wenn eine Taufe nicht in einem fliessenden Gewässer stattfindet.

Schliessen Gottes Gebote etwas aus?

Schliessen Gottes Gebote gewisse Praktiken aus? Wenn ja, werden die, welche ausgeschlossene Praktiken anwenden, von Gott bestraft?

Jemand mag sagen: „Ich glaube, dass es richtig ist, keine Instrumentalmusik als Begleitung in der Anbetung Gottes zu verwenden, da diese den Christen für die Gemeinden im ersten Jahrhundert auch nicht zur Verfügung standen. Aber ich glaube nicht, dass die Bibel uns die Vollmacht gibt, andere zu verurteilen, die Instrumentalmusik in der Anbetung Gottes einsetzen.“ Jemand anders mag behaupten: „Selbstverständlich lehrt uns die Bibel, dass wir das Herrnmahl jeweils am Tag des auferstandenen Herrn einnehmen sollten. Das heisst aber nicht, dass es falsch ist, wenn wir es auch an einem beliebigen anderen Tag einnehmen, wie zum Beispiel am Samstagabend.“

Auf der anderen Seite lehrt die Bibel ganz klar, dass gewisse Praktiken ausgeschlossen sind. Diese unmissverständlichen Belege gilt es nicht zu ignorieren.

Gesetze in der Welt schliessen aus
Gesetze und Regeln sind dazu da, dass sie eingehalten werden. Wenn das Gesetz eines Staates fordert, dass der Bürger seine Steuererklärung bis zum 15. April des Jahres eingereicht haben muss, dann schliesst das andere Praktiken aus wie zum Beispiel: keine Steuererklärung einzusenden oder zu spät eingesandte Steuererklärungen. Missachtet ein Bürger dieses Gesetz, so kann das eine Busse zur Folge haben. Wenn ein Lehrer von einem Schüler bis zum Ende des Monats einen zehnseitigen Bericht über ein bestimmtes Thema verlangt, dann gilt es für den Schüler diese Frist einzuhalten. Diese Aufgabe schliesst folgendes aus: Es gibt keinen Ersatz für einen x-beliebigen Bericht ohne das Einverständnis des Lehrers; es gilt kein anderes Format als das vorgeschriebene und keine Seite weniger als verlangt; es wird auch keine hinausgeschobene Frist toleriert. Der Student weiss, dass jede Abweichung von diesen Regeln Konsequenzen auf seine Abschlussnote zur Folge hat.

Gottes Gesetze schliessen aus
Biblische Beispiele illustrieren, dass Gott durch seine Gebote gleichzeitig auch etwas ausschliesst. Ein gutes Beispiel finden wir in Leviticus 10,1-3. In dieser Bibelstelle geht es um die beiden Söhne Aarons, die „fremdes Feuer vor dem Herrn“ darbrachten, „das er ihnen nicht geboten hatte.“ Die Folge war, dass Gott vom Himmel her Feuer sandte, das sie umbrachte.

Weshalb wurden sie von Gott verurteilt? Offensichtlich dachten sie, dass sie Gottes Gebote ohne Konsequenzen missachten könnten. Gott gebot ihnen, wie das Feuer auf dem Altar zu brennen hatte. Doch die Söhne dachten, dass sie Gottes Gebote nicht so genau zu befolgen brauchten. Vielleicht war es zu umständlich oder zu unbequem, das Feuer so brennen zu lassen, wie Gott es verlangte. Vielleicht dachten sie, dass etwas Neues fällig war. Vielleicht sagten sie sich: „Wir wissen schon, dass Gott ein bestimmtes Feuer anordnete, doch er verbot uns ja nicht, das Feuer auch anders einzusetzen. Unser Feuer ist schon in Ordnung.“ Was immer sie dachten, sie lagen falsch. Gottes Gebot, ein bestimmtes Feuer anzuzünden, schloss jede andere Art von Feuermachen aus. Das Gebot Gottes zu verletzen kostete sie ihr Leben.

Selbstverständlich ist dieses Beispiel aus dem Alten Testament, dessen Gesetze für uns Menschen heute nicht mehr bindend sind. Was jedoch im Alten Testament aufgeschrieben wurde, dient zu unserer Belehrung und Warnung (1 Kor 10,11; Röm 15,4). Wer behauptet, dass Gott heute nicht dieselben Prinzipien anwendet, wenn er uns etwas gebietet, der lebt mit gefährlichen Annahmen.

Das Neue Testament warnt uns eindringlich, über das hinauszugehen und nicht in „der Lehre des Christus“ zu bleiben (2 Joh 9a) oder etwas hinzuzufügen zur inspirierten Botschaft (Offb 22,18-19). Dieser Aufruf zur Vorsicht ist beabsichtigt, damit Menschen die Grenzen, die Gott aufgestellt hat, nicht überschreiten. Gottes Forderungen schliessen von ihrem Wesen her andere Praktiken aus und dürfen deshalb nicht verletzt werden.

Da Gottes Gesetze ausschliessend sind, ist es notwendig zu wissen, was damit gemeint ist.

Wie können wir wissen, was Gottes Gebote ausschliessen?

Um festzustellen, was die Bibel ausschliesst, gilt es zu verstehen, was den Charakter eines Gebots oder einer Lehre ausmacht. Es gibt positive und negative Gebote, die es zu beachten gilt. Ein positives Gebot lehrt uns etwas zu tun, während ein negatives Gebot lehrt, etwas zu unterlassen.

Drei Dinge, die Gebote tun:
sie fordern etwas, sie schliessen etwas aus und sie lassen etwas zu.

Der Charakter eines Gebots hat drei Funktionen: (1) Forderung, (2) Ausschluss, (3) Zulassung. Lasst uns über diese drei Funktionen diskutieren, indem wir biblische Beispiele benützen!

Noahs Arche: Noah wurde angewiesen, eine Arche aus Tannenholz zu bauen (Gen 6,14). Dieses Gebot (1) forderte Tannenholz, (2) schloss (verbot) eine andere Art von Holz aus, (3) liess es zu, Holz zu sammeln, wo immer er es finden würde; Holz an den Bauplatz zu transportieren, wie immer er das anstellen würde; Holz zuzuschneiden mit irgendwelchen Werkzeugen, die sich dazu eigneten.

Der Sabbat: Das Gesetz Mose verlangte von den Israeliten den Sabbat einzuhalten. Dieses Gesetz (1) forderte von ihnen an den Sabbattag zu denken und ihn heilig zu halten (Ex 20,8), indem sie an diesem Tag keine Arbeit verrichteten, (2) schloss jeden anderen Tag der Woche davon aus, (3) liess jede Aktivität zu, die keine Arbeit darstellte.

Das Herrnmahl: Die Anleitung in Bezug auf das Abendmahl (1) fordert unter anderem, dass Brot eingesetzt wird, sowie die Frucht des Weinstocks, (2) schliesst aus, dass andere Esswaren (wie Gebäck oder Plätzchen) oder Getränke (wie Limonaden) verwendet werden, (3) lässt es zu, dass es den Teilnehmern serviert wird oder sie es sich selbst holen, dass sie in Bänken nebeneinander sitzen, stehen oder in einem Kreis, dass es in hölzernen, steinernen, metallenen, gläsernen oder plastischen Behältern angeboten wird.

Die Taufe: Das Gebot, sich taufen zu lassen, (1) fordert von Gläubigen, dass sie sich zur Vergebung ihrer Sünden im Wasserbad untertauchen lassen, (2) schliesst Säuglinge sowie eine Besprengung aus, (3) lässt irgendeinen Ort zu, an dem genügend Wasser zum Untertauchen vorhanden ist.

Die Wahrheit, dass positive Gebote fordern, ausschliessen und zulassen, ist selbsterklärend. Trotzdem kann es bei biblischen Anweisungen immer wieder zu Fragen kommen, bei denen wir genauer wissen wollen, wie denn die Forderung, der Ausschluss und die Zulassung konkret zu handhaben sind.

Unterscheidung zwischen dem, was ein Gebot verlangt, ausschliesst und zulässt
Was ein Gebot verlangt ist das, was im Gebot vorgegeben wird. Zum Beispiel: Die Gemeinde wird aufgerufen sich zu versammeln. Obschon es dazu kein direktes Gebot gibt, wird mit überwältigender Klarheit belegt, dass die Gemeinde des ersten Jahrhunderts sich regelmässig versammelte (siehe Hebr 10,25; 1 Kor 14; 16,1-2). Zahlreiche Beispiele in der Apostelgeschichte und anderen Dokumenten, die die Geschichte der frühen Gemeinde festhalten, weisen darauf hin, dass die Gemeinde sich regelmässig am ersten Tag der Woche versammelte. Somit folgte die neutestamentliche Gemeinde der folgenden Regel: Die Gemeinde hat sich zu versammeln.

Ausgeschlossen (oder verboten) wird alles, was Gottes Gebote in den Versammlungen nicht zulassen. In Bezug auf die Versammlungen bedeutet das Gebot offensichtlich, dass sich Christen zusammentun und nicht einzeln versammeln.

Zugelassen (oder erlaubt) wird alles, was nicht verboten ist und die Gemeinde nicht hindert, die Anweisungen auszuüben. In Bezug auf die Versammlungen zum Beispiel, gibt es kein Gebot, das eine tägliche Versammlung der Gemeinde verbietet. In den Schriften wird auch nicht ein bestimmter Ort vorgeschrieben. Darum kann sich eine Gemeinde in ihrem eigenen Gebäude versammeln, in einer gemieteten Halle, zu Hause oder auf freiem Feld.

Was verlangt denn das Neue Testament im Speziellen?
Es stellt sich die Frage: „Was gebietet das Neue Testament in Bezug auf den Eintritt in die Gemeinde?“ Wenn Gott gesagt hätte: „Um in die Gemeinde eintreten zu können, braucht es Wasser“, dann könnte jede Form von Wasser für die Eintrittsfeier benötigt werden. Da er aber die Taufe festschreibt, das „untertauchen“ bedeutet, sind wir nicht frei, eine andere Form von Wassertaufe durchzuführen, um Menschen in die Gemeinde eintreten zu lassen. Solche Überlegungen bestimmen die Regeln, was bei einem biblischen Gebot ausgeschlossen werden kann. Wenn durch ein Gebot etwas Spezielles verlangt wird, dann ist etwas anderes in derselben Kategorie ausgeschlossen.

Ein Testfall: Was ist in Bezug auf Musikinstrumente in der Anbetung zu tun?

Lasst uns die Anleitungen oder die Regeln, die wir betrachtet haben, auf dieses Thema anwenden!

Da der Gemeindegesang in der Anbetung des ersten Jahrhunderts ohne Begleitung stattfand, fragen sich viele Leute, ob dies ein Verhaltensmuster dafür ist, dass Musikinstrumente in der Anbetung heute keinen Platz haben dürfen. Lasst uns die „ausschliessende Regel“ anwenden, die oben formuliert wurde! Wenn durch ein Gebot etwas Spezielles verlangt wird, dann ist etwas anderes in derselben Kategorie ausgeschlossen. Wenn Gott gesagt hätte: „Lasst uns in der Anbetung musizieren“, dann wären wir frei für jegliche Art von Musik – sei sie instrumental, stimmlich (vokal) oder eine Kombination von beidem. Doch Gott befiehlt, dass unsere Herzen singen und spielen (jubeln) für den Herrn (Eph 5,19; Kol 3,16). So wird die Art von Musik spezifiziert, die Gott von seinem Volk im Gemeindegottesdienst wünscht. Es geht um Vokalmusik (um unsere Stimmen). Der Gebrauch von Instrumentalmusik in der Anbetung als Ersatz oder Zusatz ist, als ob Noah gesagt hätte: „Ich weiss, dass Gott ‚Goferholz’ (Tannenholz) sagte, doch ich werde Kieferholz benützen oder eine Kombination zwischen ‚Goferholz’ und Kieferholz.“

Manche Ausleger sagen, das Schweigen in den Schriften solle respektiert werden. Damit meinen sie, wenn die Schriften über Instrumentalmusik nichts aussagen, sollten wir auch keine in unseren Anbetungen einsetzen. Doch das Schweigen der Schriften selbst genügt nicht, da es nichts ausschliesst. Vielmehr ist es so: Wenn die Schriften etwas sagen, dann schliessen sie alles andere aus. Wenn die Schriften etwas Konkretes beschreiben und verlangen, dann sind alle anderen Handlungen oder Aktivitäten ausgeschlossen.

Diese Art von Überlegung wird zum Beispiel durch Hebräer 7,14 dargestellt: „Denn es ist offenbar, dass unser Herr aus Juda entsprossen ist, von welchem Stamm Mose nichts in bezug auf Priester geredet hat.“ Der Schreiber sagt, dass Jesus ein Priester nach der Weise Melchisedeks ist, nicht nach der levitischen Ordnung (siehe Verse 11-17). Er sagt, dass dies offensichtlich sei, da Jesus aus Juda hervorging, von dem das Gesetz nicht von Priestern sprach. Das Schweigen des Gesetzes in Bezug auf eine Priesterschaft aus Juda bedeutet, dass keine legitimen Priester aus diesem Stamm hervorgehen durften. Mit anderen Worten, wenn Gott anordnete, dass nur aus dem Stamm Levi Priester eingesetzt werden konnten, dann ist die Möglichkeit von Priestern aus anderen Stämmen ausgeschlossen. Gott musste nicht sagen: „Priester können aus dem Stamm Levi eingesetzt werden, nicht aber aus Ruben, Simeon, Juda, Benjamin oder anderen Stämmen.“ Mit der Erwähnung des Stammes Levi wird alles gesagt. Alle anderen Möglichkeiten einer Priesterschaft aus anderen Stämmen werden damit (legitim, gemäss dem Gesetz) ausgeschlossen. Die Möglichkeit, dass Jesus ein Priester unter dem Gesetz sein konnte, war ausgeschlossen, nicht weil die Schriften darüber schweigen, sondern weil das Gesetz spezifisch sagt, wer Priester sein kann.

Ein anderes Beispiel kann in Bezug auf das Herrnmahl gegeben werden. Im Neuen Testament steht, dass beim Herrnmahl ungesäuertes Brot und die Frucht des Weinstocks eingesetzt werden soll. Obschon Gott nicht im Speziellen Kekse und Limonaden beim Abendmahl ausschloss, genügt die Erwähnung von Brot und von der Frucht des Weinstocks vollends. Es ist nicht das Schweigen der Schriften, die etwas anderes ausschliessen, sondern die Tatsache, dass Gott sich spezifisch ausdrückt, was er von den Gläubigen fordert. In ähnlicher Weise gilt das auch für das Singen in der Anbetung. Damit wird die Instrumentalmusik ausgeschlossen, die als Möglichkeit für den Gottesdienst in Frage kommen könnte.

Wenn wir also bei der Auslegung der Schriften eine religiöse Handlung richtig anwenden wollen, dann gilt es vorerst festzustellen, ob sie für die neutestamentliche Gemeinde für alle Zeiten Gültigkeit hat oder bloss für damals galt. Wichtig ist zu verstehen, dass alles andere, das in Konflikt steht zu dem, was gesagt wurde, ausgeschlossen werden kann. Zu diesem Zweck können wir die erwähnte Regel anwenden: Wenn durch ein Gebot etwas Spezielles verlangt wird, dann ist etwas anderes in derselben Kategorie ausgeschlossen.

Können Einwände beantwortet werden?

Die Ausführungen in dieser Lektion sind auf folgende Einwände gestossen:

„Zu legalistisch“
Einige wenden ein, dass wir von Gottes Wesen reden, das etwas ausschliesst, dann machen wir aus dem Neuen Testament ein legalistisches System, während der Glaube an Christus ein System der Gnade ist. Zwei Antworten können auf diese Einwände gegeben werden.

Erstens: Obschon der Neue Bund ein System der Gnade ist, beinhaltet er auch gesetzliche Bestimmungen. Wenn wir im Neuen Testament einen Hinweis finden, der Gehorsam verlangt (wie in Mt 7,21; Röm 6,17-18; Hebr 5,8-9), dann ist das der Beweis dafür, dass es auch im christlichen Zeitalter Befehle gibt, denen wir zu gehorchen haben. Das Neue Testament spricht vom „Gesetz Christi“ (Gal. 6,2). Obschon das Neue Testament Gesetze (Gebote, Forderungen, Regeln) beinhaltet, zeigt es doch, dass es kein legalistisches System ist.

Zweitens sollten Christen die Aufgabe der gesetzlichen Forderungen nicht falsch verstehen. Es gibt Gesetze, die befolgt werden müssen, weil sie im Wesen Gottes und einer Zweckbestimmung ihren Ursprung haben. Zudem sind sie zu unserem Besten und zur Verherrlichung Gottes gedacht. Sie beabsichtigen keine Werkgerechtigkeit, die aus Leistungen besteht. Es geht nicht darum, Gottes Gebote zu befolgen, um seine Gnade zu verdienen.

„Zu rationalistisch“
Ein anderer Einwand entstand, dass die Vorgehensweise zur biblischen Auslegung zu rationalistisch ist. Einige sind der Meinung, es sei zu sehr auf Logik aufgebaut, die den Verstand anspricht und nicht das Herz. Gegner behaupten, dass das christliche Leben eine Herzensangelegenheit ist, kein kleinliches, rationalistisches System. Dieser Einwand kann auf verschiedene Arten beantwortet werden.

Erstens: Da wir einverstanden sind, dass die christliche Religion nicht völlig rationalistisch ist, sondern eine Herzensangelegenheit, die in den Anhängern Emotionen auslöst, sind wir auch überzeugt, dass das christliche Leben unseren Intellekt oder den rationalen Aspekt des menschlichen Verstandes anspricht. Jesus sagte, dass wir Gott mit unserem „Verstand“, wie auch mit unserem „Herzen“ und unserer „Seele“ lieben sollen (Mt 22,37). Zudem, was Jesus lehrte und was seine Apostel schrieben, forderte die Hörer heraus, das Gelernte mit ihrem Verstand zu erfassen. Es ist unbiblisch bei der Auslegung der Schriften rationales Denken abzulehnen.

Zweitens ist es unmöglich gegen eine rationale Auslegungsart vorzugehen und dabei konsequent zu bleiben. Jedes Argument, das benutzt wird, hat seine rationale Grundlage.

Drittens: Die Gründe für den Ausschluss religiöser Praktiken sind nicht schwer zu verstehen. Vielmehr beinhalten verstandesgemässe Überlegungen Prinzipien, die die meisten Menschen täglich anwenden, wenn sie mit Regeln und Bestimmungen konfrontiert werden.

„Zu selektiv“
Andere wenden ein, dass eine „ausschliessende Regel“ meistens von einem Beispiel abhängt, während gleichzeitig andere Beispiele ignoriert werden, in denen Gott seine Gnade erwies, als seine Gesetze gebrochen wurden. Diese Gegner wenden ein, dass die ausgewählten Beispiele zu selektiv sind und nicht die ganze Wahrheit darstellen.

Es ist wahr, dass Gott offenbar seine eigenen Regeln gelegentlich ignorierte und die nicht strafte, die sie brachen. Besonders in Leviticus 10,16-20 lesen wir, dass Mose seinen Unmut zum Ausdruck brachte, als er sah, dass die zwei übriggebliebenen Söhne Aarons offensichtlich das Gesetz des Sündopfers verletzten, indem sie es nicht an heiliger Stätte assen. Trotzdem bestrafte Gott diese Übertretung nicht, obschon das Gesetz Gottes in diesem Fall gebrochen wurde. Der Unterschied zwischen dem Vorfall eines „fremden Feuers“ (Lev 10,1-3) und dem Fehler, das Opfer nicht an heiliger Stätte zu essen, ist unklar. Warum bestraft Gott die eine Übertretung mit Feuer und den anderen Vorfall offensichtlich nicht? Vielleicht liegt der Unterschied in den Herzen und Motiven der beteiligten Personen. Vielleicht war die eine Sünde beabsichtigt, während die andere aus Versehen geschah (siehe Numeri 15,27-31). Dieses Beispiel könnte bedeuten, dass Gott unterschiedlich vorgeht, wenn es um beabsichtigte oder willentliche Sünde geht oder um ein Versehen.

Trotzdem ist alles, was dieses Beispiel lehrt, ein Prinzip. Es wäre verfehlt zu behaupten, solche Fälle seien Ausnahmen. Die Regel ist, dass Gott Ungehorsam bestraft. Ausnahmen schlagen nicht vor, dass die, welche Gott heute gefallen wollen, die Bibel mit einer Haltung angehen, dass „alles möglich ist“. Sie schlagen auch nicht vor, dass Gott jede Art von Anbetung akzeptiert oder jede Verletzung seiner Gesetze entschuldigt. Niemand möchte seine Erlösung aufs Spiel setzen und es trotz göttlichen Gesetzes darauf ankommen lassen, Gott möge am Tag des Gerichts über seine beabsichtigten Sünden hinwegsehen.

Schlussfolgerung

Positive Gebote Gottes sind ausschliessend. Ihre besonderen Anforderungen schliessen andere religiöse Praktiken in derselben Kategorie aus. Das heisst: Biblische Lehren schliessen andere religiöse Praktiken aus. Wer nicht biblisch autorisierte Praktiken ausübt, steht in Gefahr, von Gott abgelehnt zu werden.

Diese Art von Schlussfolgerung ist für viele im 21. Jahrhundert „eine harte Rede“. Es gibt nichts, das sich unpopulärer anhört, als zu lehren, dass Ungehorsam gegenüber Gottes Wort sündhaft ist und zu ewiger Verdammnis führen kann. Viele sind in der heutigen Zeit der Meinung, andere zu verurteilen sei das einzig „Falsche“. Doch in unserem Versuch die Schriften zu interpretieren und richtig anzuwenden, sind wir bemüht, uns Gottes Wort zu unterwerfen und nicht Menschen oder anderen Kulturen.

Bei der seriösen Auslegung der Schriften kann es niemals um das gehen, was andere glauben oder tun. Es ist ein grosser Trost zu wissen, dass wer die Bibel gewissenhaft studiert, lernt Gottes Willen kennen und tut, was der Herr geboten hat. Durch Gottes Gnade wird er auch gerettet.