Gemeinschaft-03: Wie wird unsere Gemeinschaft gefördert?

Gemeinschaft

 

 

 Einleitung

In der Apostelgeschichte 2,42 (Hfa) heisst es: „Die ersten Christen liessen sich regelmässig von den Aposteln unterrichten und lebten in brüderlicher Gemeinschaft, feierten das Abendmahl und beteten miteinander.“ Es war keineswegs so, dass jeder, nachdem er sich taufen liess, seinen eigenen Weg ging und sein Christsein ganz Privat für sich lebte, wie das heute in unserem Land der Fall ist. Nein!

Die ersten Christen sind uns ein Vorbild in jeder Hinsicht: Sie versammelten sich regelmässig und liessen sich unterrichten im Wort. Sie feierten das Abendmahl und beteten miteinander. Das heisst, nebst den öffentlichen Versammlungen, beteten sie auch im privaten Hauskreis. Sie kannten einander sehr gut und hatten eine enge Gemeinschaft miteinander. Sie verbrachten viel Zeit miteinander. In der heutigen Zeit will jeder sein eigenes Leben führen! Doch Christsein ist keine Privatsache!

Als Wiedergeborene, bilden wir eine örtliche Gemeinde und eine geistliche Familie, die miteinander durch „Dick und Dünn“ geht! Wir gehören zusammen und wollen gemeinsam den Weg in die Zukunft gehen. All unsere Entscheidungen im Leben überlassen wir nicht mehr unseren Gefühlen oder dem Zufall, sondern wir besprechen sie miteinander, holen Rat ein und suchen im Gebet den Weg, den Gott für uns bestimmt hat. Leider wachsen viele Menschen in Familien mit ungesunden Beziehungen auf, so dass ihnen die sozialen Fähigkeiten fehlen, die für eine echte und innige Gemeinschaft benötigt wird. Viele müssen zuerst lernen, mit den anderen Mitgliedern der Familie Gottes zurechtzukommen und zu leben. Doch glücklicherweise ist das Neue Testament voller Hilfen, wie man das Leben gemeinsam bewältigen kann: 1. Timotheus 3,14-15. Wie verhält man sich denn in Gottes Hausgemeinschaft? Wie wird unsere Gemeinschaft gefördert?

Gemeinschaft verlangt unseren persönlichen Einsatz: 1. Johannes 3,16. Gott lässt uns sagen: Wir schulden unserem Bruder und unserer Schwester unser Leben! Wie wir Christi Liebe erkannt haben, so kann auch unsere Liebe daran erkannt werden, wie sehr wir bereit sind, unser Leben füreinander einzusetzen. In der heutigen Zeit, in der wir in Frieden leben, wird von uns nicht verlangt, dass wir füreinander sterben müssen, trotzdem ist ganze Hingabe und vollen Einsatz gefordert. Wer oberflächliche Gemeinschaft in der Welt satt hat und Sehnsucht nach echter und liebevoller Gemeinschaft verspürt, der muss zuerst ein paar schwierige Entscheidungen fällen und ein paar Risiken eingehen.

 

 I.   Gemeinschaft zu fördern, erfordert Ehrlichkeit

Erst, wenn ich den anderen genügend schätze, bin ich bereit, ihm liebevoll die Wahrheit zu sagen, auch wenn ich lieber über ein Problem hinwegsehen würde. Wer schafft sich denn gerne unnötig Feinde? Es ist viel einfacher, still zu sein und mir so die Sympathie des andern nicht zu verderben! Auch wenn es oft einfacher ist, still zu sein, wenn Menschen aus unserer Umgebung mit ihrem Verhalten sich selbst oder anderen schaden, zeugt es nicht von Liebe, einfach zu schweigen. Die meisten Menschen haben niemanden in ihrem Leben, der sie genug liebt, um ihnen die Wahrheit zu sagen (auch wenn es weh tut), deshalb halten sie an ihrem selbstzerstörerischen Verhalten fest. Oft wissen wir, was gesagt werden müsste, aber unsere Ängste, selbst verletzt zu werden, halten uns davon ab, miteinander ehrlich zu reden. Durch Stillschweigen können Beziehungen nicht mehr wachsen und so leben sie sich immer mehr auseinander, bis es zur Trennung kommt.

Der Geist Gottes ruft uns auf: „Lasst uns die Wahrheit reden in Liebe“ (Eph 4,15; ELB). Ohne Ehrlichkeit kann die Gemeinschaft nicht gefördert werden. Wie kann ich Dir einen Kuss auf die Lippen geben? Gottes Geist sagt: „Eine richtige Antwort ist ein Kuss auf die Lippen“ (Spr 24,26). In der Guten Nachricht wird das so formuliert: „Eine offene, ehrliche Antwort ist ein Zeichen von wahrer Freundschaft“ (Sprichwörter 24,26; GN).

Paulus schreibt den Galatern folgendes: Galater 6,1-2. Wenn also jemand vom richtigen Weg abkommt, dann sollen die andern, die vom Geist Gottes geleitet werden, ihn liebevoll wieder zurechtbringen – im Geist der Sanftmut. Passt aber auf, dass ihr euch dabei nicht in ungeistliche Argumente verstricken lasst und so selbst vom richtigen Weg abkommt!

Oft bleibt die Gemeinschaft in Gemeinden oberflächlich, weil sich alle vor Konflikten fürchten. Wann immer eine Frage aufkommt, die Konflikte oder Probleme verursachen könnte, wird sie sofort unter den Teppich gekehrt, um den falschen Frieden aufrechtzuerhalten. Bloss keine Probleme an die Oberfläche treten lassen, sonst wird das schöne Bild getrübt (die Überbetonung des Positivismus ist in diesem Fall verkehrt!). Das Problem wird so nie gelöst, jeder glättet seine gerupften Federn – aber in jedem bleibt eine unterschwellige Frustration über das Vorgefallene zurück. Jeder kennt das Problem, aber niemand spricht offen darüber. Dadurch entsteht eine ungesunde Atmosphäre, die einen idealen Nährboden für Klatsch und Tratsch und Verleumdungen bietet. Im Epheserbrief heisst es deshalb: „Darum leget die Lüge ab und «redet die Wahrheit, jeder mit seinem Nächsten»; denn wir sind untereinander Glieder“ (Glieder am Leibe Christi, Epheser 4,25). Im Jakobusbrief heisst es (Jak 4,11): „Verleumdet einander nicht, Brüder [Geschwister]!“

Echte Gemeinschaft – ob in einer Ehe, einer Freundschaft oder in der Gemeinde – lebt von der Offenheit. Vielleicht sieht der Konflikt am Anfang nach einem dunklen Tunnel aus. Doch, wer sich hineinwagt, wird am anderen Ende das Licht des Vertrauens erblicken. Solange uns jedoch eine Beziehung nicht so wichtig ist, dass wir die Konflikte an ihrer Wurzel packen wollen, werden wir einander niemals wirklich nahe kommen. Wenn aber mit einem Konflikt richtig umgegangen wird in der Gemeinde, nämlich im Geist der Liebe und der Sanftmut, dann wachsen wir enger zusammen und fördern die Gemeinschaft. So entsteht echte Gemeinschaft und nur so wächst eine starke und dauerhafte Beziehung: Sprüche 28,23.

Offenheit ist aber keine Lizenz, alles sagen zu müssen, was wir denken und fühlen. Offenheit bedeutet nicht Unverschämtheit. „Die Weisen halten mit der Erkenntnis zurück“ (Spr 10,14). Bevor wir etwas sagen oder beanstanden, wollen wir uns darüber Gedanken machen, wie wir im Geist der Liebe und der Sanftmut auch das Ziel erreichen. Wir wollen den andern ja nicht über sein Vermögen verletzen und somit verhärten, sondern retten. Gleichzeitig gilt es auch über den richtigen Zeitpunkt und Ort nachzudenken. Die Bibel macht deutlich, dass es für alles eine richtige Art und Weise, einen richtigen Ort und einen richtigen Zeitpunkt gibt (Kohelet 3,1-8). Gedankenlose Worte hinterlassen tiefe Wunden.

Gott fordert uns auf, uns in der Gemeinde wie in einer liebevollen Familie zu begegnen: „Einem älteren Mann begegne mit Achtung und rede mit ihm wie mit einem Vater, wenn du ihn ermahnen musst. Die jungen Männer behandle als deine Brüder. Sei zu den älteren Frauen wie zu deiner Mutter und zu den jüngeren wie zu deinen Schwestern, aufrichtig und zurückhaltend […] Sorge für die Witwen …“ (1. Timotheus 5,1-2; Hfa). Es ist verständlich, dass derjenige, der nie einen Vater hatte, gar nicht weiss, wie man mit einem Vater umgeht. Genauso wenig kann derjenige, mit einer Ermahnung etwas anfangen, der keine Mutter hatte, oder keinen Bruder, oder keine Schwester. Trotzdem kann aber jeder die Bereitschaft an den Tag legen, seinen Mangel zu erkennen und an seinem Mangel zu arbeiten. Durch die Vorbilder in der Gemeinde kann jeder lernen, was echte Gemeinschaft ist und wie sie gefördert wird.

 

 II.   Gemeinschaft zu fördern, erfordert Demut

Es gibt nichts, das die Gemeinschaft schneller zerstört als Hochmut, Selbstgefälligkeit, Ichsucht und Stolz. Stolz baut Mauern zwischen Menschen, Demut aber baut Brücken. Demut ist das Öl, das Beziehungen reibungsloser und runder laufen lässt. Deshalb sagt Gottes Wort (1Petr 5,5): „Alle aber gürtet euch mit Demut gegen-einander; denn Gott widersteht den Hochmütigen, den Demütigen aber gibt er Gnade.“ Stolz und Überheblichkeit blockieren Gottes Gnade, in unserem Leben. Wir brauchen aber Gottes Gnade so dringend, um wachsen zu können, um uns zu verändern, um zu heilen und um anderen helfen zu können. Wir empfangen Gottes Barmherzigkeit, indem wir demütig bekennen, dass wir sie brauchen. Die Bibel hebt hervor, dass wir jedes Mal, wenn wir stolz sind, uns gegen Gott stellen. Deshalb zeugt in der christlichen Gemeinschaft, eine angemessene „geistliche Kleidung“, als Haltung der Demut (Kol 3,12).

Demut bedeutet nicht, gering von sich zu denken, oder ein geringes Selbstwertgefühl zu besitzen! Es bedeutet nur, weniger an sich selbst zu denken. Demut denkt mehr an die anderen. Demütige Menschen konzentrieren sich so stark darauf, andern zu dienen, dass sie dabei weniger an sich selbst denken.

Wie kann Demut erlernt werden? Wir erlernen die Demut auf sehr praktische Art und Weise, indem wir Geduld mit den Schwächen anderer haben, indem wir offen sind für Korrekturen, indem wir andere ins Rampenlicht stellen. Paulus riet der Gemeinde in Rom folgendes: Römer 12,9-16. Und den Christen in Philippi schrieb er (Philipper 2,3-4; GN): „Handelt nicht aus Selbstsucht oder Eitelkeit. Seid bescheiden und achtet den Bruder oder die Schwester mehr als euch selbst. Denkt nicht an euren eigenen Vorteil, sondern an den der anderen, jeder und jede von euch.“

 

 III. Gemeinschaft zu fördern, erfordert Freundlichkeit

Freundlichkeit bedeutet, sich als Freund erweisen, trotzdem es erhebliche Unterschiede im Glauben und in der Anwendung gibt. Freundlichkeit bedeutet Unterschiede zu respektieren, die Gefühle des anderen im Blick zu haben und mit Menschen Geduld zu haben. Im Römerbrief, im 15. Kapitel heisst es (Römer 15,1f; GN): „Es ist unser Pflicht, die anderen in ihren Schwächen mitzutragen, anstatt selbstgefällig nur an uns zu denken. Jeder von uns soll seinen Mitmenschen zu Gefallen leben, natürlich in gutem Sinn und das heisst so, dass damit die Gemeinschaft gefördert wird und die Gemeinde aufgebaut wird.“ Und an Titus schreibt Paulus (Titus 3,2; GN): „Ermahne sie […], friedfertig zu sein und allen Menschen freundlich zu begegnen.“

In jeder Gemeinde gibt es Menschen, die wir als schwieriger einstufen. Diese Menschen haben vielleicht besondere emotionale Bedürfnisse, tiefe Unsicherheiten, störende Verhaltensweisen oder ein geringeres soziales Umgangsvermögen. Es sind Menschen, die eine Extraportion Barmherzigkeit und Gnade brauchen. Gott hat uns auch diese Menschen zu unserem Vorteil geschenkt. Denn sie sind eine Herausforderung, an der wir wachsen und die Qualität unserer Gemeinschaft verbessern können. Die Frage ist: Sind wir bereit, sie als unsere geistlichen Geschwister zu lieben und ihnen mit Achtung zu begegnen? Oder zeigen wir ihnen die kalte Schulter und gehen ihnen aus dem Weg?

In einer Familie kommt es nicht darauf an, wie intelligent, nett und gebildet wir sind oder wie schön wir aussehen. Wir gehören zusammen, weil Gott uns zusammengeführt hat. Wir gehören zusammen, weil wir eine geistliche Familie sind, deshalb verteidigen und schützen wir unsere Familie. Ein Mitglied der Familie mag ein wenig seltsam sein, aber es ist Teil der Familie. Tatsache ist, dass wir alle unsere Ecken und Kanten haben. Aber Gemeinschaft fragt nicht danach, ob wir zusammenpassen. Die Grundlage für unsere Gemeinschaft ist unsere Beziehung zu Gott, durch sein Wort! Deshalb sind wir eine Familie.

Ein Schlüssel zur Freundlichkeit ist, zu verstehen, woher Menschen kommen. Wenn wir uns mit ihrer Geschichte auseinandersetzen, dann werden wir ihr ganzes Verhalten besser verstehen. Wenn wir wissen, was sie schon alles durchgemacht haben, können wir mit ihnen langmütiger sein. Statt sie mit uns oder mit andern auf eine Stufe stellen zu wollen, können wir darauf schauen, wo sie anfingen und welchen Weg sie schon zurückgelegt haben.

 

 IV.  Gemeinschaft zu fördern, erfordert Vertrautheit

Nur in der sicheren Umgebung von Akzeptanz und Vertrautheit können sich Menschen öffnen und ihre tiefsten Verletzungen, Nöte, Fehler und Bedürfnisse offen legen. Vertraulichkeit bedeutet nicht zu schweigen, wenn ein anderer Christ sündigt. Sondern es bedeutet, dass das, was in der Gruppe besprochen wird, auch um jeden Preis in der Gruppe bleibt und nicht nach aussen getragen wird. „Ein Mensch, der jedes Gerücht weiterträgt, plaudert auch Geheimnisse aus; ein vertrauenswürdiger Mensch behandelt sie vertraulich“ (Sprichwörter 11,13; GN).

Gott hasst die Klatscherei, besonders, wenn es dann auch noch fromm als „Gebetsanliegen“ für jedermann kaschiert wird. Der Herr lässt uns sagen (Sprichwörter 16,28; Hfa): „Ein hinterlistiger Mensch sät Zank und Streit und ein Lästermaul bringt Freunde auseinander.“ Klatscherei verursacht immer Verletzungen und Spaltungen. Es zerstört die Gemeinschaft. Gott sagt sehr deutlich, dass wir die zur Rechenschaft ziehen sollen, die unter Christen Spaltungen verursachen. Vielleicht reagiert jemand sauer und verlässt die Gemeinde, wenn sein Verhalten aufgedeckt wird, aber die Einheit einer gesunden Gemeinde ist wichtiger als die Einzelperson.

 

 V.   Gemeinschaft zu fördern, erfordert Regelmässigkeit

Gemeinschaft zu fördern, erfordert einen festen Rhythmus. Um echte Gemeinschaft aufbauen zu können, brauchen wir regelmässigen Kontakt mit der Gemeinde, d. h. den regelmässigen Besuch der Versammlungen. Beziehungen brauchen Zeit.

In der Bibel heisst es (Hebr 10,25; GN): „Einige haben es sich angewöhnt, den Gemeindeversammlungen fernzubleiben. Das ist nicht gut; vielmehr sollt ihr einander Mut machen.“ Es ist wichtig, dass wir es uns zur Gewohnheit machen, uns mit Gleichgesinnten regelmässig zu treffen. Eine Gewohnheit ist etwas, das man regelmässig tut, nicht nur gelegentlich. Um tiefe Beziehungen aufzubauen, ist es notwendig, dass wir Zeit mit Menschen verbringen – viel Zeit. Das ist der Grund, warum Beziehungen vielerorts so oberflächlich sind: Man verbringt einfach nicht genügend Zeit miteinander. Gemeinschaft entsteht nicht, wenn wir zufällig Lust darauf haben, sondern aus der Überzeugung heraus, dass sie für unsere geistliche Gesundheit wichtig ist. Wenn wir echte Gemeinschaft aufbauen wollen, bedeutet das, dass wir uns auch dann treffen, wenn wir einmal keine Lust haben – weil wir davon überzeugt sind, dass es wichtig ist. Die ersten Christen trafen sich täglich (Apg. 2,46; GN): „Tag für Tag versammelten sie sich einmütig im Tempel und in ihren Häusern hielten sie das Mahl des Herrn und assen gemeinsam, mit jubelnder Freude und reinem Herzen.“ Gemeinschaft erfordert einen hohen Einsatz an Zeit!

 

 Schlussfolgerungen

Wie können wir dazu beitragen, unsere Liebesgemeinschaft zu fördern?

- Indem wir ehrlich zueinander sind und die Wahrheit in Liebe reden!

- Indem wir demütig sind und Brücken bauen!

- Indem wir freundlich miteinander umgehen und die Unterschiede akzeptieren!

- Indem wir eine vertraute Atmosphäre schaffen und nicht übereinander Klatschen!

- Indem wir uns treu erweisen und regelmässig an den Anbetungen und Bibelbetrachtungen teilnehmen, um die Gemeinschaft zu vertiefen!

Wenn wir diese Liste betrachten, verstehen wir, warum echte Gemeinschaft so selten ist. Echte Gemeinschaft bedeutet, die eigene Ichbezogenheit und Unabhängigkeit aufzugeben und sich in eine gegenseitige Abhängigkeit zu begeben. Aber die Vorteile, die diese Liebesgemeinschaft mit sich bringt, sind so gross, dass sie die Kosten oder Pflichten leicht aufwiegen. Zudem bereiten wir uns mit all diesen Bemühungen auf das ewige Himmelreich vor: 2. Petrus 1,10-11.