Schlüssel-10: Gekreuzigt und auferstanden (Joh 19 & 20)

Dreizehn biblische Schlüsseltexte

 

 Einleitung

Es ist interessant, dass die Kreuzigung Jesu nur mit wenigen Worten geschildert wird, nämlich so (Joh 19,18): „Dort kreuzigten sie ihn ...“ Es wird nichts Detailliertes über Jesu Leiden gesagt. Die Evangelien versuchen keine besonderen Gefühle des Mitleids in ihren Lesern zu wecken. Den meisten Menschen war damals die Kreuzesprozedur bekannt. Was Jesus erlebte, widerfuhr tausend anderen auch. Kreuzigungen fanden in der Öffentlichkeit statt. Sie waren eine Warnung an alle Kriminellen und Aufständischen.

Die zehnte Schlüsselstelle, mit der wir uns heute beschäftigen, befindet sich im Johannesevangelium Kapitel 19 und 20 und betrifft Jesu Kreuzigung und Auferstehung. Nachdem Pilatus Jesus verhört hatte, erkannte er, dass keine Gefahr von ihm ausging (Joh 18,33). Jesus stellte keine Gefahr dar für Rom. Für Pilatus war der Grund der Auslieferung Jesu bloss eine religiöse Zänkerei. Somit hatte sich die Sache in seinen Augen erledigt. Um den Juden einen Gefallen zu tun, liess er Jesus auspeitschen (Joh 19,1-5). Anschliessend wollte er ihn wieder freilassen und auch die Juden sollten dann endlich zur Ruhe kommen (Lk 23,16.22). Doch das war erst der Anfang!

Pilatus führte Jesus der Volksmenge vor, um ihn zu demütigen und allen mitzuteilen, dass er keine Schuld an ihm fand (Joh 19,4): Johannes 19,5. Mit dieser Vorführung verspottete und verhöhnte er Jesus als angeblicher König. Er sagte mit andern Worten: „Schaut ihn euch doch einmal an!“ „Ist das der Mann, von dem ihr solche Angst habt?“ Die Hohen Priester und die Gerichtsdiener fingen an zu schreien und forderten, dass Jesus gekreuzigt werden sollte. Das frustrierte Pilatus so sehr, dass er zu ihnen sagte (Joh 19,6b): „Nehmt ihr ihn doch und kreuzigt ihn! Ich finde keine Schuld an ihm.“

Die Auspeitschung zählte zum Vorspiel einer Kreuzigung. Die Opfer wurden mit einem Lederriemen ausgepeitscht, der am Ende mit einem Knoten versehen war. Um dem Geschlagenen noch mehr Schmerzen zuzufügen, wurden in den Lederknoten kleine Bleistücke, scharfkantige Knochen- oder Glassplitter eingeflochten. Der Sinn war, bei jedem Schlag das Fleisch aufzureissen. Viele starben dabei schon vor ihrer Kreuzigung. Eusebius (339 oder 340 n. Chr., Geschichtsschreiber und christlicher Kirchenvater) schrieb, dass einige Opfer so sehr geschlagen wurden, dass ihre inneren Organe buchstäblich explodierten. Der Grund warum Jesus sein Kreuz nicht mehr selbst bis zum Hügel auf Golgota tragen konnte war vermutlich der dass er durch die Auspeitschung zu sehr geschwächt war (Mt 27,32).

Die Kreuzigung zählte zur grausamsten römischen Todesstrafe. Damit demonstrierte die römische Armee ihre triumphierende Macht im Land und schreckte die Bevölkerung ein. Deshalb fanden Kreuzigungen möglichst an Orten statt, wo viele Leute vorbeigingen. Jesus wurde auf dem Hügel von Golgota gekreuzigt, beim Nordtor der Stadt Jerusalem wo alle Leute ein und aus gingen. Somit konnten auch viele Juden die Anklageschrift über Jesu Haupt lesen, auf der Stand: „Das ist Jesus, der König der Juden“ (Joh 19,19-20; Mt 27,37). Weil die Menschen damals wussten, was eine Kreuzigung war, gab es keinen Grund für die biblischen Berichterstatter, näher darauf einzugehen. Es heisst nur (Joh 19,18a): „Dort kreuzigten sie ihn ...“

Ein weiterer Grund ist, dass z. B. der Apostel Johannes viel wichtigere Informationen zu übermitteln hatte, als sich über die Details der Leiden Christi am Kreuz auszulassen. Die folgenden Gründe waren ausschlaggebend: Es geht um eine Antwort auf die Frage zu geben, wer dieser Gekreuzigte war. Es geht darum, zu erklären, warum er sterben musste. Und es geht darum, allen Menschen zu verkündigen, dass dieser Gekreuzigte nicht in seinem Grab blieb, sondern auferstand und lebte.

Darum, lasst uns diesen drei Gründen einzeln nachgehen!

 

 I.   Wer war dieser Gekreuzigte? – Der König der Juden!

Pilatus stellt Jesus in Frage wegen seiner Königsherrschaft, indem er zuerst einmal fragt (Joh 18,33): „Du bist der König der Juden?“ Jesus bestätigte, dass er tatsächlich ein König sei; ein König von ganz anderer Art. Dabei betonte er (Joh 18,36a): „Mein Reich ist nicht von dieser Welt.“ Diese Aussage entspannte die Situation, denn Pilatus und die römische Herrschaft wurden keineswegs in Frage gestellt. Danach ging er zu den Menschen hinaus und machte ihnen einen Vorschlag, der schon zu einem alljährlichen Brauch geworden war. Er fragte das Volk (Joh 19,39b): „Wollt ihr, dass ich euch den König der Juden freigebe?“ Das Volk aber schrie (Joh 19,40): „Nicht diesen, sondern Barabbas!“ Barabbas war ein Rebell und ein Mörder (Lk 23,19). Sein Name bedeutet ironischerweise: Sohn des Vaters.

Im Kapitel 19 des Johannesevangeliums lesen wir wie Jesus, der König, gedemütigt und verspottet wird (19,1-3). Mit einer Dornenkrone auf dem Kopf und einem Königsmantel umgehängt, machen sich die Soldaten lustig über ihn. Im Vers 12 bis 16 wird die Königsherrschaft Jesu erneut aufgebracht. Weil Pilatus mit allen Mitteln versucht Jesus loszuwerden, schreien die Juden (V. 12): „Wenn du den da freigibst, bist du kein Freund des Kaisers.“ „Jeder, der sich zum König macht, widersetzt sich dem Kaiser.“ Für Pilatus war die ganze Angelegenheit eher peinlich und die Aufruhr der Juden völlig übertrieben. Jesus stellt für die römische Herrschaft im Land keine Bedrohung dar. Doch die Juden lassen nicht locker und treiben Pilatus in eine Sackgasse. Sie wiegeln Jesus gegen den Kaiser auf.

Eine Kreuzigung durfte nur durch die Römer vorgenommen werden, da sie die Macht im Land ausübten. Um Zeit zu gewinnen, setzt sich Pilatus auf seinen Richterstuhl und überlegt, wie er nun entscheiden soll. Da überbrachte man ihm eine Mitteilung von seiner Frau (Mt 27,19): „Lass die Hände von diesem Gerechten, denn seinetwegen habe ich heute im Traum viel gelitten.“ Dies war nicht etwa eine göttliche Vision, die die Frau hatte. Der Aberglaube war bei den Gottlosen gross und der Zufall Gottes wollte es, dass sie in vorangegangener Nacht einen Alptraum hatte. Schliesslich versuchte Pilatus erneut alles zu einem friedlichen Ende zu bringen und übergab Jesus dem Volk, indem er sagte (Joh 19,14): „Da ist euer König!“ Offenbar unterschätzte er den starken Einfluss der Hohenpriester und Ältesten im Volk. Gleichzeitig war er überrascht, dass das Volk Barabbas frei haben wollte, der doch für die Stadtbewohner eine wirkliche Bedrohung darstellte im Gegensatz zu dem harmlosen „Möchtegernkönig“. Das Volk liess nicht locker, sondern forderte schreiend, dass Jesus gekreuzigt werden sollte (19,15). Noch einmal fragte Pilatus (V. 15b): „Euren König soll ich kreuzigen?“ Darauf gaben die Juden eine erschreckende Antwort. Sie verleugneten ihren uralten Glauben an Gott als den wahren König und schrien: „Wir haben keinen König ausser dem Kaiser!“ Pilatus hatte keine andere Wahl, als Jesus zur Kreuzigung zu übergeben.

Damit war das Thema Königsherrschaft Jesu jedoch immer noch nicht vom Tisch. Es war üblich, dass auf einer Tafel der Schuldspruch des Gekreuzigten angebracht wurde. Deshalb liess Pilatus auf einer Tafel die folgenden Worte anbringen (19,19): „Jesus von Nazaret, der König der Juden.“ Dies wurde in allen drei Landessprachen geschrieben (19,20). Hebräisch bezieht sich wahrscheinlich auf das Aramäische, das die Juden in Palästina sprachen. Lateinisch war die offizielle Sprache der römischen Besatzungsmacht. Griechisch war die offizielle Landessprache, die im ganzen Mittelmeer galt seit der Eroberung Alexanders des Grossen. Mit dieser Formulierung waren die Juden nicht einverstanden. Sie wollten, dass geschrieben stand: Jesus habe behauptet König der Juden zu sein (19,21). Doch Pilatus setzte der Streitereien ein Ende und liess es nicht mehr zu, dass Änderungen gemacht wurden. Einmal mehr wurde er Zeuge der Wahrheit, dass Jesus der König der Juden sei.

Im Johannes 19,30 lesen wir die letzten Worte Jesu: „Es ist vollbracht.“ Obschon dabei seine Königsherrschaft nicht erwähnt wird, beinhalten diese Worte trotzdem das Ende der Königsherrschaft Jesu auf Erden. Keins der Evangelien spricht davon, dass Jesus getötet oder ermordet wurde. Es wird vielmehr gesagt, dass Jesus sein Leben zur gegebenen Zeit übergab. Was meinte Jesus, als er sagte: „Es ist vollbracht“? Was war vollbracht? Zuerst kann gesagt werden, dass seine Mission auf Erden vollbracht war. Dann kann auch gesagt werden, dass er Gottes Heilsplan vollbrachte. Weiter kann gesagt werden, dass die Verheissung an Abraham erfüllt wurde; nämlich dass durch seinen Samen alle Nationen der Erde Segen finden können. Auch die Verheissung an David erfüllte sich, dass sich sein Sohn auf den Königsthron setzen und für alle Ewigkeit regieren werde. Jesu Tod war nicht bloss ein Tod eines weiteren Juden, der rebellierte. Es war der Tod des verheissenen Königs und Messias (Jes 53), der seine Mission vollbrachte. Es war der Tod des Erlösers der Menschheit, den Gott vor Grundlegung der Welt einplante.

 

 II.   Warum musste Jesus sterben? – Um unsere Sünden hinweg zunehmen!

Als Johannes der Täufer Jesus zum ersten Mal sah bekannte er (Joh 1,36): „Seht, das Lamm Gottes.“ Das sagte er aus dem Heiligen Geist und betonte damit das Opferlamm. Er war dazu bestimmt, das Opfer zu sein, das ein für alle Mal dargebracht werden sollte, um uns Menschen von den Sünden zu reinigen (Hebr 10,10). Der Hohepriester Kajaphas prophezeite, dass es besser sei, wenn nur ein Mensch für das Volk sterbe, wie wenn ein ganzes Volk wegen ihrer Sünden umkomme (Joh 11,50-52). Jesus starb nicht nur für das jüdische Volk. Er starb auch für „die zerstreuten Kinder Gottes“; das sind alle Heiden, die nicht zum Judentum zählen. Das Ziel Jesu war es, nachdem er erhöht wurde, alle Menschen zu sich zu ziehen (Joh 12,31-33).

In unserer Schlüsselstelle vom Johannes 19 und 20 geht es also auch um das Thema des Opferlamms Jesu der das Passalamm ersetzte. Johannes sagt (Joh 19,14): „Es war Rüsttag für das Passa ...“ Der Rüsttag war der Tag vor dem Passaopfer, an dem das Opferlamm geschlachtet wurde (Ex 12,6; Lk. 22,7). Der darauffolgende Sabbat war ein hoher Feiertag der Juden (V. 31), an dem sie sich an die Befreiung aus Ägypten erinnerten (Ex 12,17). Deshalb mussten die Gekreuzigten vorher heruntergenommen werden, um diesen Sabbat nicht zu entweihen. Deshalb wurden den Gekreuzigten, die noch lebten, die Schenkel gebrochen, damit sie endgültig starben und man sie beerdigen konnte. Johannes will nicht, dass seine Leser diesen Höhepunkt der Kreuzigung verpassen. Deshalb erzählt er vom Tod Jesu der vor dem Sabbat stattfand, ohne dass man ihm die Schenkel brechen musste, ganz wie prophezeit wurde (Ps 34,21). Jesus starb als Opferlamm Gottes für die Sünden der Menschen. Das ist das Schlüsselereignis der Menschheitsgeschichte, das von Gottes Hand sorgfältig geplant und ausgeführt wurde.

 

 III. Was geschah nach Jesu Tod? – Er ist auferstanden!

Zu diesem Schlüsselereignis zählt natürlich auch die Auferstehung! Denn erst die Auferstehung Jesu macht seinen Opfertod sinnvoll und nützlich. Durch die Auferstehung, wird Jesus als Gottheit bestätigt und seine Botschaft erhält dadurch die nötige Kraft (Röm 1,4).

Im Johannes 20 lesen wir dass Maria am Sonntagmorgen zum Gab Jesu kommt. In den andern Evangelien werden weitere Frauen erwähnt. Im Johannesevangelium wird Maria aus Magdala als erste Zeugin erwähnt. Sie stellt verblüffend fest, dass die Grabkammer leer war. Später kamen Petrus und Johannes dazu und machten dieselbe Entdeckung. Nur die Leinenbinden und das Schweisstuch Jesu lagen noch da (Joh 20,7).

Das die Jünger zuerst selbst nicht an die Auferstehung Jesu glaubten, macht die ganze Erzählung erst recht glaubwürdig (Lk 24,36-43). Niemand im ersten Jahrhundert hätte so eine Geschichte frei erfinden können. In so einem Fall hätte man die Frauen nicht erwähnt, da sie zur damaligen Zeit als religiöse Zeugen unakzeptabel waren. Die Auferstehung Jesu wird durch weitere Augenzeugen bestätigt: Jesus erschien Maria, die ihn für den Friedhofgärtner hielt (20,15). Dann erschien er seinen zehn Auserwählten (20,19). Thomas, der aus irgendwelchen Gründen nicht anwesend war, erfuhr von Jesu Erscheinung und sagte, dass er das erst dann glauben werde, wenn er einen physischen Beweis dafür hatte. Auch seine Reaktion bezeugt umso mehr den Wahrheitsgehalt der Auferstehung. Wäre es eine erfundene Geschichte, dann hätten die Jünger einen Komplott gebildet, der auch Thomas als Augenzeugen miteinschloss. Acht Tage später gibt Jesus dem Thomas den gewünschten Beweis seiner Auferstehung. Staunend bekennt Thomas (20,28): „Mein Herr und mein Gott!“ Jesus erscheint während einer Zeit von 40 Tagen vielen Menschen (Apg 1,3). Auch der Apostel Paulus spricht von etlichen Erscheinungen Jesu (1 Kor 15,5-8). Sogar ihm selbst ist Jesus drei Mal erschienen (1 Kor 9,1; Apg 9; 22; 26). Wie uns in der Apostelgeschichte berichtet wird, brachte das Zeugnis der Jünger einen durschlagenden Erfolg. Innerhalb kurzer Zeit schlossen sich Tausende in Jerusalem den Aposteln an (Apg 2,31, 4,4; 5,14).

Die Auferstehung Jesu ist von vielen Menschen bezeugt worden und bleibt eine historische Tatsache. Das ist sehr entscheidend, denn wir beten nicht einen toten Märtyrer an, sondern einen gekreuzigten und auferstandenen Herrn. Unser Herr, Jesus Christus, thront zur Zeit im Himmel und tritt für uns beim Vater ein (Hebr 7,25; Röm 8,26.27.34). Durch seinen Heiligen Geist ist er auch in der heutigen Zeit anwesend und wohnt in uns (1Kor 3,16). Wenn wir das Herrnmahl zu uns nehmen, dann erinnern wir uns an seinen Tod und seine Auferstehung. esus ist mitten unter uns, obschon wir ihn nicht sehen können. Wir pflegen mit unserem Erlöser eine geistige Liebesgemeinschaft. Weil Jesus auferstanden ist, haben wir die lebendige Hoffnung, dass er lebt und uns lebendig gemacht hat zum ewigen Leben.

 

 IV. Damit ihr glaubt, dass Jesus der Christus ist!

Der Tod und die Auferstehung Jesu, macht die christliche Religion einzigartig und erhaben über alle anderen Weltreligionen. Die Auferstehung ist revolutionär und einzigartig in der Menschheitsgeschichte. Die Auferstehung wurde zur Glaubensgrundlage unserer Errettung.

Die letzten zwei Verse des Johannesevangeliums begründen, weshalb der Apostel dieses Evangelium schrieb. Er beginnt damit, dass er noch viel mehr zu erzählen hätte über die grossen Wundertaten Jesu (Joh 20,30). Wenn alles aufgeschrieben würde, dann könnte die Welt die Bücher nicht fassen, sagt er (Joh 21,25). Der Apostel Johannes hätte also noch viel mehr Zeugnisse über das Leben Jesu zu berichten gehabt. Doch er beschränkte sich auf ein paar Wenige, die er sorgfältig aussuchte.

Johannes beschränkte sich auf die Zeugnisse, die in den Lesern den Glauben fördern (Joh 20,31). Die ganze Welt soll glauben, dass Jesus der Christus ist, d. h. der gesalbte König, der Sohn Gottes. Denn wer an Jesus glaubt, der wird in seinem Namen ewiges Leben haben.