Philipper-04: Der Gott des Friedens

Freude in Christus

 

 

 Vers 1: Steht fest im Herrn!

Wie könnte man die vier Kapitel betiteln, um einen guten Überblick des Briefes zu erhalten?

Kapitel 1:
Glaubensfreude, trotz Ungemach und Leiden
Leben bedeutet Dienst, Sterben bedeutet Gewinn

Kapitel 2:
Die Gesinnung Christi
Gleichgesinnt in Christus

Kapitel 3:
Die Feinde des Kreuzes
Was einst Gewinn war, ist jetzt Schaden

Kapitel 4:
Die Freude im christlichen Leben
Der Gott des Friedens wird mit euch sein

Immer wieder werden Gläubige im NT ermahnt festzuhalten:

Apg 14,22
„Sie sprachen den Jüngern Mut zu und ermahnten sie, treu am Glauben fest zu halten; sie sagten: Durch viele Drangsale müssen wir in das Reich Gottes gelangen.“

Röm 12,9
„Eure Liebe sei ohne Heuchelei. Verabscheut das Böse, haltet fest am Guten!“

1Kor 16,13
„Seid wachsam, steht fest im Glauben, seid mutig, seid stark!“

Gal 5,1
„Zur Freiheit hat uns Christus befreit. Bleibt daher fest und lasst euch nicht von neuem das Joch der Knechtschaft auflegen!“

Kol 2,7
„Bleibt in ihm verwurzelt und auf ihn gegründet und haltet an dem Glauben fest, in dem ihr unterrichtet wurdet. Hört nicht auf zu danken!“

2Thess 2,15
„Seid also standhaft, Brüder, und haltet an den Überlieferungen fest, in denen wir euch unterwiesen haben, sei es mündlich, sei es durch einen Brief.“

1Tim 4,16 (2Tim 3,14)
„Achte auf dich selbst und auf die Lehre; halte daran fest! Wenn du das tust, rettest du dich und alle, die auf dich hören.“

1Petr 4,8
„Vor allem haltet fest an der Liebe zueinander; denn die Liebe deckt viele Sünden zu.“

Offb 2,13
„Und doch hältst du an meinem Namen fest und hast den Glauben an mich nicht verleugnet, auch nicht in den Tagen, als Antipas, mein treuer Zeuge, bei euch getötet wurde, dort, wo der Satan wohnt.“

Offb 3,11
„Ich komme bald. Halte fest, was du hast, damit kein anderer deinen Kranz bekommt.“

 

 Verse 2-3: Seid gleichgesinnt im Herrn!

Was ist die besondere Herausforderung einer christlichen Gemeinschaft? Dass die Gläubigen gleichgesinnt sind und in Frieden miteinander leben.

Inwiefern sollen wir Gläubigen eines Sinnes sein?
Phil 1,27 (im Kampf für den Glauben); 2,2 (in der Liebe); 4,2 (im Herrn), Röm 15,5; 2Kor 13,11; 1Petr 3,8.

Es gibt so viele unterschiedliche Meinungen und Wege, wie es Menschen gibt. Die Kunst besteht nun darin, einander möglichst anzunehmen, statt abzulehnen. Wo es Menschen gibt, da gibt es viele Missverständnisse und unterschiedliche Meinungen, selbst wenn diese Menschen gute Christen sind (Paulus; Apg 15). Die Amerikaner pflegen zu sagen: „Where there is light, there will be bugs.“ „Where there are dogs, there will be fleas.“ In Kapitel 2 betonte Paulus wie wichtig es ist gleichgesinnt zu sein in Christus. Vielleicht waren diese Worte bloss die Einleitung zur persönlichen Ermahnung in Kapitel 4.

Euodia und Syntyche zickten sich an und werden ermahnt gleichgesinnt zu sein. Es scheint nicht, dass es um wichtige Lehrmeinungen ging, sondern nur um persönliche Dinge und Andersartigkeiten. Paulus hält viel von diesen Frauen und deshalb ist er überzeugt, dass ihre Namen im Buch des Lebens stehen. Im Buch des Lebens stehen alle, die am Wort des Lebens festhalten (2,16).

Was haben Euodia und Syntache getan?
Haben sie das Evangelium gepredigt, wie einige kommentieren? Nein! Das stünde im Widerspruch zu andern Aussagen des Paulus. Paulus ermahnt die Frauen, in den Gemeindeversammlungen, zu schweigen (1Kor 14,34-35; 1Tim 2,8-12). Es gibt viele gläubige Frauen in der Bibel, die gutes getan haben, ohne in der Öffentlichkeit gepredigt zu haben. Sie haben mit Paulus und Klemens für das Evangelium gekämpft. Wir wissen nicht, wer Klemens ist. Die Betonung liegt auf den Kämpfen für das Evangelium. In Philippi waren die Frauen von Anfang an stark, durch die Bekehrung der Lydia (Apg 16,13-15). Mit diesen Worten gehen die zwei Frauen leider in die Geschichte ein, als ob sie nur herum zickten. Warum erwähnt Paulus dies in einem Brief, der nicht nur in Philippi vorgelesen werden sollte, sondern auch in andern Gemeinden? War dies nicht äusserst peinlich für die Zwei? War Paulus mit dieser Äusserung einfühlsam? Konnte damit das Problem gelöst werden? Paulus erwähnt diese Angelegenheit, weil er nicht länger zuwarten wollte, bis sich Parteiungen und grössere Streitigkeiten entwickelten. Angespannte Situationen lösen sich nicht immer von selbst! Mit welcher Gesinnung ermahnt sie Paulus? Er liebt sie und vermisst sie und möchte sie wieder sehen. Sie sind sein Siegeskranz (Stephanos; nicht Diadem = Königskrone). Wie können wir einander ein Siegeskranz sein? Vielleicht haben wir selbst jemand zur Gemeinde gebracht? Vielleicht ist uns diejenige Person ein Siegeskranz, die uns zur Gemeinde gebracht hat? Einen Siegeskranz geben wir auf gar keinen Fall mehr aus den Händen, denn er ist unsere ganze Freude und unser Stolz.

Paulus spricht ein „treuer Gefährte“ an: In der alten Übersetzung wird hier der Name „Syzygus“ gebraucht. Syszygus bedeutet auch Arbeitsgenosse. Es könnte einfach von einem „treuen Arbeitsgenossen“ die Rede sein. Wer immer damit gemeint ist, der soll sich den Frauen schlichtend annehmen. Es ist ein Segen für eine Gemeinde, wenn es gute Vermittler gibt, die andere im Geist der Sanftmut zurechtweisen und zur Einsicht bringen können: Gal 6,1-2.

 

 Verse 4-5: Freut euch im Herrn!

Es geht nicht bloss darum, die Freude zu fördern, sondern die Freude im Herrn ist sein Hauptmotiv:

Phil 1,14
„… und die Mehrzahl der Brüder und Schwestern ist durch meine Gefangenschaft in ihrem Vertrauen zum Herrn gestärkt worden und wagt nun immer entschiedener, das Wort ohne Furcht weiterzusagen.“

Phil 2,19
„Ich hoffe aber im Herrn Jesus, Timotheus bald zu euch schicken zu können, damit auch ich neuen Mut schöpfe, wenn ich erfahre, wie es euch geht.“

Phil 2,24
„Ich habe aber die Zuversicht im Herrn, dass auch ich bald kommen werde.“

Phil 3,1
„Freut euch im Herrn!“

Phil 4,1
„Steht fest im Herrn, meine Geliebten!“

Phil 4,2
„Seid eines Sinnes im Herrn!“

Phil 4,4
„Freut euch im Herrn allezeit!“

Phil 4,10
„Ich habe mich im Herrn sehr gefreut, dass ihr eure Fürsorge für mich endlich wieder entfalten konntet; ihr habt ja stets daran gedacht, hattet aber keine Gelegenheit dazu.“

1Kor 1,31
„So soll gelten, wie geschrieben steht: Wer sich rühmt, der rühme sich des Herrn.“

1Kor 7,22
„Denn wer im Herrn als Sklave berufen wurde, ist ein Freigelassener des Herrn; ebenso ist, wer im Stande der Freiheit berufen wurde, ein Sklave Christi.“

Kol 4,17
„Achte darauf, den Auftrag, den du im Herrn empfangen hast, zu erfüllen.“

Weitere Stellen im NT: 1Thess 3,8; 4,1; 5,12; 2Thess 3,12.

Weshalb können sich die Leser des Philipperbriefs im Herrn freuen?
Weil Paulus für sie betet (1,4). Weil sie die Gnade empfangen haben, für Christus zu leiden (1,29). Weil ihre Heimat im Himmel ist (3,20). Weil ihre Namen im Buch des Lebens stehen (4,3). Weil der Herr nahe ist (4,5). Weil der Friede Gottes die Herzen bewahren wird (4,7). Weil sie alles vermögen durch den, der sie stark macht; Christus (4,13).

Welche Gründe haben wir, um uns im Herrn zu freuen? Die Umstände des Lebens lassen uns nicht immer erfreuen. Wir können uns aber immer freuen im Herrn!

Das Wort für Freundlichkeit ist Epieikes (mehr als Gerechtigkeit).
„Wesentlich und grundlegend an epieikeia ist, dass diese Eigenschaft auf Gott zurückgeht. Wo wären wir, wenn Gott auf seinem Recht bestünde; wenn Gott nur den unbeugsamen Massstab des Gesetzes an uns anlegen würde? Gott selbst ist das beste Beispiel für die segensreiche Anwendung von epieikeia.“ Es kann mit Edelsinn, gütig, nachgiebig, dem Guten hold, freundlich, übersetzt werden. Freundlichkeit (2Kor 10,1) bedeutet im Englischen „Gentle“, wovon das Wort „Gentleman“ abgeleitet wurde. Wie lassen wir die Menschen unsere Freundlichkeit spüren? Was verstehen wir unter Freundlichkeit? Wie benehmen wir uns menschenfreundlich?

freundlich (ἐπιεικὴς, epieikēs), nachgiebig: „Lasst eure Freundlichkeit allen Menschen kundwerden!“ (Phil 4,5). Paulus vor dem Statthalter (Apg 24,4). Freundlichkeit Christi (2Kor 10,1). Eigenschaft eines Ältesten und aller Gläubigen (1Tim 3,3; Tit 3,2). Ermahnung an die Sklaven (1Petr 2,18).

Das Gegenteil von freundlich ist streitsüchtig: Selbstverständlich gibt es Situationen im Leben, wo wir nicht nachgiebig sein dürfen, wenn es um das Heil in Jesus Christus geht. Es gilt jedoch weise zu sein und gut abzuwägen, wann und wo ein Kampf notwendig ist, damit wir nicht unnötig Beziehungen zerstören (Phil 2,3). Denn beim Streiten kann man nur verlieren.

Der Grund, um menschenfreundlich zu sein, ist der Herr! Gott, der Herr ist uns nahe, weil er in unseren Herzen wohnt (Röm 8,9; 1Kor 3,16; 2Kor 6,16; Eph 3,17). Wir wollen Gottes Geist nicht betrüben durch Zorn, Geschrei und Bosheit: Eph 4,30-32.

Inwiefern ist uns der Herr Jesus nahe? Jesus ist unser Immanuel (Gott ist nahe), gemäss den Schriften (Mt 1,23; Jes 7,14). Jesus versprach bei uns Gläubigen zu sein, bis ans Ende der Welt (Mt 28,20; Hebr 4,13; 13,5). Jesu Wiederkunft ist uns Menschen näher als je zuvor (1Petr 4,7).

 

 Verse 6-7: Sorgt euch um nichts!

Weshalb sollen wir uns keine Sorgen machen?
Sorgen sind oft unberechtigt, übertrieben und realitätsfremd. Sorgen sind lähmend und helfen uns nicht, die wahren Probleme anzupacken und zu lösen: Mt 6,25. Sorgen sind Zeitverschwendung, weil es eh so kommt, wie es kommen muss (Lk 12,25-26). Sorgen sind gottlos, denn nur die Gottlosen rechnen nicht mit Gott: 1Petr 5,6. Sorgen sind Auflehnung gegenüber Gott, denn sie sind das Gegenteil von Vertrauen und Ergebenheit, in Gottes Hand (Spr 3,5). Sorgen sind egoistisch, da sie sich meistens mehr um uns selbst drehen, als darum, andern zu dienen (Röm 12,13). Sorgen sind Sünde, weil sie unseren Glauben zerstören und uns körperlich krank machen können (Mt 13,22; Spr 17,22).

Wie verschwinden Sorgen und Ängste (Joh 16,33)?
Durch das Trachten nach dem Reich Gottes! (Mt 6,33-34). Dadurch, dass wir die Sorgen auf Christus werfen! (1Petr 5,6; Gott ist grösser als alle Probleme!) Dadurch, dass wir auf den Herrn vertrauen! (Spr 3,5). Dadurch, dass wir andern dienen, statt unsere Gedanken um uns selbst kreisen zu lassen! Durch unser Gebet! (V. 6) Wasser über Feuer geleert, löscht das Feuer. Licht in einem dunklen Raum angezündet, lässt die Dunkelheit verschwinden. Das Gegenmittel für Sorgen und Ängste ist das Gebet.

Wie erhört Gott unser Gebet?
Wenn wir gläubig und mit Zuversicht beten (Jak 1,6-8). Wenn wir in Seinem Willen beten (1Joh 5,13-15). Wenn wir mit Danksagung unsere Bitten vor Gott kundtun! Wenn wir in allen Lagen und Situationen, uns an Gott wenden!

Welche Verheissung erwartet uns?

– wenn wir uns allezeit im Herrn freuen?

– wenn wir freundlich sind, zu unseren Mitmenschen?

– wenn wir darauf vertrauen, dass der Herr uns nahe ist?

– wenn wir uns um nichts sorgen?

– wenn wir mit Danksagung unsere Bitten vor Gott kundtun?

Der Friede Gottes wird uns bewahren in Christus Jesus!
Ein Indikator, dass wir im Reich Gottes stehen, ist der Friede Gottes, den wir durch den Glauben an Gott in uns tragen (Röm 14,17): eine gesunde Gelassenheit, Ergebenheit, eine innere Ruhe und Frieden. Gott steht über all unseren Gefühlen und Gedanken und wird uns bewahren! Wie verlieren wir diesen bewahrenden Frieden Gottes? = durch Stress und Lärm! Wir sind zum Frieden berufen: Kol 3,15 (2Kor 13,11; Hebr 12,14).

 

 Verse 8-9: Denkt dem Lob nach!

Das christliche Leben besteht aus klarem Denken und richtigem Handeln. Bsp. Wer denkt ohne zu handeln, ist wie ein Jäger, der mit seiner Flinte ansetzt und zielt, aber nie einen Schuss abgibt. Bsp. Wer handelt ohne zu Denken ist wie ein Jäger, der mit seiner Flinte losschiesst, ohne anzusetzen und zu zielen. In unserem Text ist beides erforderlich: Denken und Handeln!

Paulus kommt schon zum zweiten Mal zum „Schluss“ (3,1), was immer das heissen mag und listet die wichtigsten Ziele auf, die unser Denken bestimmen sollen:

Über was sollen wir Nachdenken (λογίζομαι)?
Unsere Gedanken haben grosse Macht. Was wir denken, bestimmt unser Leben: Positiv oder negativ, Hass oder Liebe (Mk 7,20-23), fleischlich oder geistlich (Hebr 4,12-13). Die Sprüche ermahnen uns (Spr 4,23): Mehr als auf alles andere aber achte auf dein Herz, denn es bestimmt, wie du dein Leben führst. Jemand hat einmal gesagt: „Jeder Gedanke ist ein Same zur Tat.“ Gott kennt all unsere Gedanken (Ps 139,2).

Indem wir allem, was wahr ist (ἀληθής), nachdenken!
Es muss uns allein um die Wahrheit gehen, um Fakten und um Tatsachen, nicht um Annahmen, Gefühle, Geschichten und Mythen (2Tim 4,4). Wer die Wahrheit liebt (2Thess 2,10), bemüht sich um Belege, bevor er etwas für wahr betrachtet. Es gibt zu viele Lügen und Illusionen auf dieser Welt (1Joh 4,1). Als Christen wenden wir unsere Gedanken den verlässlichen Dingen im Leben zu: Eph 4,25.

Allem, was achtenswert, ehrbar ist (σεμνός)!
Die Diakone, samt ihren Frauen, sollen ehrbar, d. h. geachtete Leute sein (1Tim 3,8.11; 1Kor 16,18). Ältere Männer sollen ehrbar sein, d. h. sich würdig, ihrem Alter entsprechend benehmen (Tit 2,2). Vorbildlich wandeln gegenüber denen, die draussen sind: Mt 5,14-16 (1Thess 4,12; 1Petr 2,12).

Allem, was gerecht ist (δίκαιος)!
Das Gegenteil ist ungerecht, Unrecht tun (1Joh 3,7.12; Hebr 11,4). Wie kann ich gerecht arbeiten und niemanden ungerecht behandeln? Gerecht leben bedeutet, auch seine Fehler zu bekennen, sich zu entschuldigen (1Joh 1,9; Tit 2,12). Die goldene Regel (Mt 7,12): „Alles, was ihr wollt, dass euch die Menschen tun, das sollt auch ihr ihnen tun!“ Durch Gottes Gnade werden wir gerecht gesprochen (Tit 3,7).

Allem, was lauter, rein ist (ἁγνός)!
Es bedeutet heilig, sittlich und unbefleckt (1Joh 3,3): Mt 5,8. Die Weisheit Gottes ist lauter (Jak 3,17). Ein reiner Dienst vor Gott ist, sich um Witwen und Waisen zu kümmern (Jak 1,27).

Allem, was wohlgefällig, liebenswert ist (προσφιλής)!
Prosphilos: Freundschaftliche Liebe, herzlich, wertschätzend gewinnend, einnehmend, Liebe im andern hervorrufend. Philia ist im griechischen Sprachgebrauch der höchste Ausdruck für Liebe und bedeutet, sich jemandem mit liebevoller Aufmerksamkeit zuwenden. Manchmal kann es sogar küssen bedeuten (Röm 16,16). Wie Jesu Liebe zu Lazarus und zu Johannes: Joh 11,3.36; 20,2. Die göttliche Liebe deckt eine Menge von Sünden zu (1Petr 4,8). Warum deckt die Liebe eine Menge von Sünden zu? = Weil durch die Liebe viele Streitigkeiten und Trennungen vermieden werden können!

Allem, was angesehen, wohllautend ist (εὔφημος)!
Englisch: of good report, a good testimony, of good repute (Apg 6,3). Als Substantiv übersetzt: „unter guter Nachrede“ oder „ob wir … gelobt werden“ (2Kor 6,8). Alles, was einen guten Ruf hat: 1Petr 3,16 (Röm 12,20).

Wenn es irgendeine Tugend (ἀρέτη) und wenn es irgendein Lob gibt (ἔπαινος)!
Tugend = (Angewohnheit) Tüchtigkeit: Hebr 13,21. Unsere Tüchtigkeit stammt von Gott (2Kor 3,5). Die Tugend der Welt ist: Hochmut, Prahlerei, Missgunst, Rache und alle Formen der Bosheit. Die Tugend im Reich Gottes ist: Demut, Sanftmut, Geduld, Liebe usw. (Eph 4,2; 1Kor 13; 2Petr 1,7).

Lob und Anerkennung geben: Wir werden aufgerufen, einander zu loben für alles, was gutes vollbracht wird. Wenn kein Lob von Menschen kommt, dann trösten wir uns damit, dass wir Gottes Lob verdient haben: Röm 2,29 (1Kor 4,5; 1Petr 1,7). Wir werden aufgerufen, den Herrn zu loben (Eph 5,19; Ps 71,8; 95,2). „Wir sind zum Lob seiner Herrlichkeit bestimmt“ (Eph 1,12).

Paulus stellt sich als Vorbild für alle Gläubigen hin und verspricht, dass der Friede Gottes sie bewahren wird, in Christus Jesus, wenn sie nach diesen Dingen trachten (Röm 15,33).

 

 Verse 10-20: Dank für die Gaben der Gemeinde

Über was freut sich Paulus so sehr im Herrn?
Über die Gabe der Philipper (V. 14.18), vermutlich war das eine Geldgabe. Paulus dankte ihnen schon einmal für die Anteilnahme am Evangelium (1,5). Allerdings geht es ihm nicht so sehr um die Gabe selbst, als vielmehr um die Philipper, die sein Herz erfreuen, weil sie sich fürsorglich um ihn bemühen. Offenbar hatten sie dies schon länger im Sinn, aber es fehlte ihnen die Gelegenheit dazu. Vielleicht war es, weil sie den Kontakt zu Paulus verloren hatten (Apg 20,6.16). Vielleicht war es ihre Armut, die sie hinderte (2Kor 8,2). Vielleicht fanden sie niemanden, der dem Paulus hinterher reiste, wie Epaphroditus (V. 18). Auf jeden Fall lag es nicht an ihnen, denn sie dachten ja stets an ihn. Paulus will ihnen auch in keiner Weise Vorwürfe machen.

Obschon Paulus das empfangene Geschenk sehr gut gebrauchen kann, ist er davon weder abhängig, noch hat er es erwartet. Er hat in seinem Leben gelernt, genügsam zu sein (2Kor 11,27). Was verstehen wir unter Genügsamkeit? Bsp. Ich kannte jemand, der alles Schöne in der Welt verurteilte, weil er es selbst nicht haben konnte (z. B. ein Boot, ein Eigenheim usw.). Genügsam zu sein bedeutet nicht, keine Wünsche mehr zu haben oder etwas Schönes aus Eifersucht zu verurteilen. Es bedeutet auch nicht Selbstzufriedenheit oder gar Gleichgültigkeit.

Die Stoiker glaubten, der einzige Weg zur Zufriedenheit bestehe darin, auf alle Wünsche zu verzichten, bis man einen Zustand erreiche, in dem einem nichts und niemand mehr etwas bedeute. Das Ziel der Stoiker bestand darin, alle Wünsche zu unterdrücken. Bei den Stoikern galt Zufriedenheit als eine menschliche Leistung. Paulus sieht in der Genügsamkeit eine Gabe Gottes. Er ist in jeder Situation dankbar für das, was Gott ihm schenkt. Er ist genügsam in Gott, d. h. der Herr genügt ihm. Gott verspricht für uns zu sorgen: Hebr 13,5 (Mt 6,31-33). Genügsamkeit verbunden mit Frömmigkeit, ist eine Quelle grossen Reichtums: 1. Timotheus 6,6-8. Die Gefahr des Reichtums ist Stolz (Offb 3,17). Agur erbittet zwei Dinge vom Herrn: Sprüche 30,8-9.

Aufgrund dieser Tatsache bekennt Paulus (NGÜ): „Nichts ist mir unmöglich, weil der, der bei mir ist, mich stark macht.“ Wenn er von den Philippern beschenkt wird, so freut er sich. Wenn er sein Leben hingeben muss, so freut er sich (2,18). Paulus ist dem Herrn Jesus Christus völlig ergeben und vertraut ihm in jeder Lebenssituation. Christus Jesus allein schenkt ihm dieses Vertrauen, diese Zuversicht und Kraft. In dieser Haltung ist kein bisschen Eigenwille oder Dominanz, obschon Paulus ehrgeizige Ziele pflegt, aber immer mit dem Gedanken: So der Herr will. In dem Sinn ist alles möglich, dem der glaubt (Mk 9,23). Jede Lebenssituation ist zu bewältigen, wenn ich mein Leben dem Herrn übergebe und glaube, dass Er für mich sorgt. Es wäre völlig daneben gegriffen, wenn wir diese Stelle aus dem Zusammenhang herausreissen und behaupten würden: „Alles ist mir möglich, wenn ich nur fest daran glaube!” Das ist eine Lüge und hat nichts mit der Aussage des Paulus zu tun. Paulus will vielmehr sagen, dass er in allen Situationen des Lebens gelernt hat sich anzupassen, weil er Gottes Führung darin erkennt.

Es ist auffallend, dass Paulus das Wort „Danke“ kein einziges Mal braucht. Obschon er offensichtlich dankbar ist, weil er finanzielle „Not“ (θλίψις) leidet. Als Gefangener in Rom kann er seit mehreren Jahren keinerlei Arbeiten verrichten, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen (Zeltmacher: Apg 18,1-3; 1Kor 4,12a; 1Thess 2,9; 2Thess 3,8).

Die Philipper waren damals die einzigen, die zu Beginn mit Paulus Gemeinschaft pflegten „im Geben und im Nehmen“. Was heisst das? In der Apg 16 und 17 wird berichtet, wie Paulus das Evangelium in Philippi verkündete und dann nach Thessalonich und Beröa weiterzog. Dass Paulus Gaben von den Philippern annimmt, ist das Zeichen, dass er mit ihnen in einer besonders engen Gemeinschaft des Gebens und Nehmens steht. Er räumt ihnen damit ein Vorrecht ein, das er keiner andern Gemeinde gewährt: 2. Korinther 11,7-11.

Schon in Thessalonich hatte er ihnen erlaubt, ihm Gaben zu schicken.

Paulus ist überhaupt nicht auf die Gaben der Philipper aus. Er nimmt die erhaltenen Gaben gerne an, weil er weiss, dass sie mit ihrer Fürsorge und Freigebigkeit, die Glaubwürdigkeit vor Gott erhöhen. Nicht seinetwegen, sondern ihretwegen freut er sich in erster Linie, weil sie sich damit einen Schatz im Himmel zurechtlegen (Mt 6,20; 19,21). Was ist nun die grosse Lektion beim Geldgeben in der Gemeinde? Wir als Geber sind die Empfänger oder Nutzniesser (Apg 20,35)! Wir sind wirklich die Gesegneten: Sprüche 11,25; Lukas 6,38.

Paulus erhielt nicht nur ein bisschen, sondern mehr als genug. Was immer das heissen mag in den Augen des Apostels, der in jeder Lebenslage zurechtkommt. Epaphroditus hat ihm diese Liebesgabe überbracht. Er nennt es: „einen lieblichen Duft“, „ein willkommenes, Gott wohlgefälliges Opfer.“ Paulus benutzt hier alttestamentliche Sprache: Ein Opfer wurde als lieblich duftender Geruch für den Herrn bezeichnet (Gen 8,21; Lev 1,9.13.17). Im AT wurde geopfert für die Sünden (Lev 4,2-3) und um dem Herrn Dankbarkeit auszudrücken (Lev 7,11-12). Wir können keine Opfer für unsere Sünden mehr erbringen, da Jesus am Kreuz sich ein für allemal hingab (Hebr 9,26-27): Epheser 5,2. Als Priester des neuen Bundes bringen wir dem Herrn geistliche Opfer dar: 1. Petrus 2,5.9. Nichts erfreut den Herrn mehr, als wenn wir aus Dankbarkeit und Liebe geben!

Die Gabe der Philipper war nicht in erster Linie für Paulus, sondern für Gott (Mt 10,40-42; 25,31-40; Apg 9,3-5). Diese Gedanken waren den Philippern vermutlich ganz neu! Sie liebten Paulus und schickten ihm eine Gabe. Gleichzeitig richtete Paulus ihre Gedanken himmelwärts.

Paulus stellt fest, dass noch nie jemand durch Geben ärmer geworden ist. Im Gegenteil! Wenn Gott sieht, dass wir die materiellen Werte auf dieser Welt loslassen können, weil wir andern helfen und IHM vertrauen, dann wird er uns in mancherlei Hinsicht reichlich segnen. Ich habe es gelesen (Apg 10,4) und immer wieder an andern und an mir selbst erlebt, dass Gott die Gebenden segnet, besonders die in Christus! (V. 19). Schliesslich gibt Paulus dem alleinigen Gott und Vater die Ehre in alle Ewigkeit.

 

 Verse 21-23: Grüsse und Segenswunsch

Alle Gläubigen in der Gemeinde zu Philippi werden in der Bibel als „Heilige in Christus“ bezeichnet. Zu Beginn haben wir einige Namen erwähnt, die sich mit Paulus in Rom befinden und nun auch ihre Grüsse an die Philipper mitgeben.

Alle Heiligen aus der Gemeinde in Rom lassen ebenfalls grüssen, besonders die aus dem kaiserlichen Haus. Was heisst das? Der römische Kaiser, der damals regierte, war Nero (54-68 n. Chr.). Damit sind nicht die engsten Angehörigen der kaiserlichen Familie gemeint, sondern Verwandte und Bekannte des Kaisers. Als kaiserlicher Haushalt wurden die Zivilbeamten bezeichnet, die über das ganze römische Weltreich verstreut lebten. Überall im Imperium Romanum gab es Angehörige des Kaisers. Diese Aussage bezeugt, dass damals der Glaube bis ins Herz der römischen Herrschaft vorgedrungen war. Menschen aus allen Ämtern und Stellungen, glaubten an den gekreuzigten Zimmermann aus Galiläa; der Sohn Gottes.

Mit dem letzten Satz wünscht Paulus den Gläubigen Gottes Gnade und Segen.