Johannes-09: Die Nichtsehenden sollen sehen

Jesus, der Sohn Gottes

 

 

 Einleitung

Johannes 9,1-5: Jesus heilt einen Mann der blind geboren wurde. Es war die sechste von sieben Heilungen Jesu im Johannesevangelium. Sie wird mit interessanten Details geschildert die unsere geistlichen Augen schulen.

Jesus heilt diesen Blinden an einem Sabbat und verschwand. Die Nachbarn und umherstehenden Leute waren höchst erstaunt. Sie führten den Geheilten zu den Pharisäern die nicht glauben wollten was geschah. Mit hinterlistigen Fragen versuchten sie ihn zu überführen bis sie ihn schliesslich wegen seiner Bekenntnisse aus der Synagoge ausschlossen. Als Jesus ihm erneut begegnete fragte er ihn, ob er an den Sohn des Menschen glaube. Bei der ersten Begegnung sprach der Blinde noch von dem Menschen, der Jesus heisst (V. 11). Dann bekannte er vor den Juden, dass Jesus ein Prophet sei (V. 17). Schliesslich glaubte er an den Sohn Gottes und warf sich vor ihm nieder (V. 38).

 

 I.   Verse 1-5: Das Licht scheint zur Verherrlichung Gottes

Die Juden waren überzeugt dass die Sünde zur direkten Strafe Gottes führte. Das heisst Leiden hatte im Judentum sowohl im Heidentum ihren Ursprung in der Sünde (Lev 26; Apg 28,4). Jesus stellte das schon einmal zu Recht als Pilatus einige Galiläer umbringen liess, während sie gerade ihre Opfer darbrachten (Lk 13,1). Das war eine Katastrophe über die wir nichts näheres in der Bibel erfahren. Sicher ist, dass Pilatus mit dieser Ermordung den heiligen Tempel entweihte. Jesus nahm Bezug auf dieses schreckliche Ereignis und fragte: „Meint ihr, diese Galiläer seien grössere Sünder gewesen als alle anderen Galiläer, weil ihnen dies widerfahren ist?“ Anschliessend ermahnte er sie indem er sie aufrief zur Umkehr. Alle Menschen sind in Gottes Augen Sünder (Röm 3,9.10.23), aber nicht alle Menschen müssen deswegen besondere Leiden ertragen.

Es liegt in der Natur des Menschen sich über andere zu stellen und andere voreilig zu verurteilen. Es gibt Krankheiten die die Folgen eines sündhaften oder einfach nur eines falschen Lebensstils sind. Es gibt aber auch Krankheiten die wir besser nicht beurteilen sollten, weil wir die genauen Ursachen nicht kennen (Röm 5,14). Es ist eine zusätzliche Gnade Gottes gesund sein zu dürfen, denn der Herr lässt die Sonne scheinen über Gerechte als auch über Ungerechte (Mt 7,25; Koh 9,11).

Als Jesus an dem Blinden vorbeiging erkannte er sofort, dass dieser von Geburt an blind gewesen sein musste. Seine Jünger ergriffen diese Gelegenheit indem sie Jesus fragten wie er das sehe in Bezug auf diesen Blinden und sein Verschulden. Jesus erklärte dass dieser Mann weder aus Selbstverschulden noch durch das Verschulden seiner Eltern blind geboren sei. Aus Selbstverschulden wäre sowieso unmöglich, da der Mann ja von Geburt an blind war.

Dieser Fall diente der Verherrlichung Gottes und seines Sohnes (Joh 11,4). Jesus kam als Licht auf diese Welt um zu scheinen. Das heisst sein Ziel war es mit seinem ganzen Lebenswandel von Gott zu zeugen und IHN zu verherrlichen (Joh 14,13; 17,4; 1Petr 4,11). Denn Jesus war das Licht das von Gott kam um uns Menschen zu erleuchten (Joh 1,4.9). Die Heilung dieses Blinden kam Jesus gerade recht um seine göttliche Sendung zu bestätigen (Joh 3,2; Apg 2,22; Hebr 2,3-4).

Vieles wurde damals und wird noch heute als Wunder bezeichnet. Doch einen Menschen, der an einem Geburtsfehler litt zu heilen, war wirklich ein Wunder von übernatürlicher Art. Das konnte nur jemand vollbringen, der von Gott gesandt war.

Jesus stand ein paar Monate vor dem Ende seiner irdischen Mission. Deshalb wollte er die Zeit nutzen und so viel Gutes bewirken wie er konnte. Er wusste dass der Menschheit die grosse Finsternis bevorstand in der das Licht Jesu nicht mehr scheinen werde (Joh 1,5.9; 3,19; 8,12; 12,35-36). Darum ist es äusserst wichtig, dass auch wir unsere Lebenszeit auf Erden weise nutzen um möglichst viel Gutes zu tun, denn wir wissen ja nicht wie es morgen um unser Leben steht (Jak 4,14). Als Gott dem Abraham grosse Verheissungen und grossen Segen zusprach, da wurde ihm auch aufgetragen ein Segen für die ganze Welt zu werden (Gen 12,3 - was er nicht immer war, Gen 12,17; 16,4).

 

 II.   Verse 6-7: Jesus heilt den Blinden

Aus dem Text kann angenommen werden, dass nicht der Blinde zu Jesus kam und um Heilung bat sondern dass Jesus zum Blinden hinging und ihn heilte. Zuerst spuckte er auf die Erde und machte mit seinem Speichel einen Brei den er dem Blinden auf die Augenlider strich. (Damit zerstörte er den Irrglauben dass im Speichelbrei eine machtvolle Medizin verborgen sei. Sonst wäre daraus bestimmt ein grosser Markt entstanden.) Dann befahl er ihm sich im Teich Schiloach zu waschen. Damit forderte Jesus den Glauben des Blinden heraus.

Mancher hätte vielleicht Jesus (ähnlich wie Naaman, 2Kön 5) geantwortet: „Was machst du da? Was fällt dir ein?“ „Du willst mir doch nicht sagen, dass in dieser schmutzigen Erde medizinische Kraft liegt?“

Doch der Blinde gehorchte Jesus und ging hin um sich zu waschen. Anschliessend konnte er sofort sehen. Es war das erste Mal in seinem Leben. Das musste ein ganz besonderes Erlebnis für den Geheilten gewesen sein. Bestimmt sprang er vor Freude umher wie ein kleines Kind und erzählte es allen in der Stadt. Es ist ein göttliches Prinzip seit je her; Gehorsam bringt Heilung. Auch um seelische Heilung zu erfahren gilt es den Anleitungen Gottes zu gehorchen (Mk 16,16). Wir waren genauso blind bevor wir das Evangelium hörten. Wir wandelten in der Finsternis und das Verrückte dabei ist, dass viele Menschen sich ihrer geistlichen Blindheit gar nicht bewusst sind.

In Psalm 19,9b: „Das Gebot des Herrn ist lauter, es erleuchtet die Augen.“ Die Augen des Herzens sind hier gemeint. Wer Gott gehorcht ohne „wenn” und „aber”, der wird innere Heilung erfahren und wird sehend. Wir alle brauchen nach wie vor Gottes heilende Hand, da es noch so vieles gibt das in unseren Seelen geheilt werden kann. Der Geheilte glaubte und gehorchte und deshalb wurde er von Jesus belohnt.

 

 III. Verse 8-34: Das Verhör der Leute und der Pharisäer

Wer kannte den Blinden Mann nicht der seit über dreissig Jahren in den Strassen Jerusalems herumsass und um Almosen bettelte. Die ganze Gesellschaft geriet ausser sich als sie den geheilten Mann sah. Sie alle fragten sich wie so etwas Unmögliches möglich wurde. Damit schliesst Johannes in seinem Bericht die Möglichkeit einer Täuschung aus. Der Mann (ohne Namen = ein Niemand) bestätigte immer wieder, dass er derjenige sei der blind war. Er erzählte ihnen was „der Mensch, der Jesus heisst“ mit ihm getan hatte. Das Problem war nur, dass Jesus inzwischen verschwunden war.

Die Leute führten den Geheilten zu den Pharisäern (V. 8-17). Für die Pharisäer war der Fall klar: Jesus konnte nicht von Gott sein, denn er hielt sich mit dieser Heilung nicht an den Sabbat, wie sie es traditionell gewohnt waren. Doch Jesus verletzte weder den Sabbat noch das Gesetz Mose (Mt 23,23). Alles was Jesus nicht einhielt war die zusätzliche Sabbatregelung, die die Pharisäer aufstellten, welche nichts mit Gottes Willen zu tun hatte. Nicht jede menschliche Tradition ist schlecht. Schlecht wird sie erst dann, wenn sie bindend wird für andere wie wenn sie Gottes Gesetz wäre. Der Sabbat wurde für den Menschen geschaffen und nicht umgekehrt (Mk 2,27-28)!

Bei einer andern Gelegenheit heilte Jesus einen behinderten Mann. Dabei versuchte er den Pharisäern zu verstehen zu geben, dass es nicht verboten sei am Sabbat Gutes zu tun und zu heilen (Mt 12,9-14). Doch sie verstanden es nicht, weil sie mit ihren Augen blind waren für Gottes Wahrheit. Viele Menschen lieben es zusätzliche Gebote aufzustellen und fragen deshalb ständig nach dem was erlaubt und nicht erlaubt ist (z. B. Bibelübersetzung lesen, züchtige Kleidung, Alkohol trinken, Tanzverbot usw.). Sie haben nicht verstanden, dass Gott gut ist und seine Gesetze gesund sind für Körper, Seele und Geist (Ps 119,18; Spr 4,22). Nebst den Geboten Gottes schweigt die Bibel in so manchen Angelegenheiten des Lebens. Weshalb? Weil der Herr an den Heiligen Geist in uns appellieren möchte (Jer 31,33-34). Er möchte, dass wir uns frei zu IHM hin entwickeln ohne zusätzliche Gebote, die von Menschen gemacht wurden. Zusätzliche Gebote vergewaltigen den gesunden Geist und zwingen ihn zu Handlungen, für die er oft noch gar nicht bereit ist. Wenn wir einmal vor dem allmächtigen Gott stehen dann werden wir erschreckend feststellen, dass El-Schaddai viel grösser ist als wir bisher angenommen haben.

Für die Pharisäer war Jesus einer, der die Schriften nicht kannte, weil er nicht von ihnen unterrichtet wurde (Joh 7,15). Für einige von ihnen hatte Jesus einen Dämon (Joh 7,20). Andere fragten sich, wie es möglich war, dass ein sündiger Mensch so grosse Zeichen vollbringen konnte. So wurden sich die Pharisäer untereinander uneins. Der Geheilte jedoch bekannte, dass Jesus ein Prophet war, denn nur Propheten Gottes konnten solche grossen Zeichen vollbringen (Ex 4,1-17; 1Kön 18). Dieses Bekenntnis missfiel den Feinden Christi. Sie glaubten nicht an Jesus und wollten das Wunder nicht wahrhaben.

Die Pharisäer spielten sich als Richter und Detektiven auf (V. 18-23). Sie hielten das Ganze für ein abgekartetes Spiel, für einen Betrug. Deshalb gingen sie zu den Eltern des Geheilten und fragten ob ihr Sohn tatsächlich blind geboren war. Die Eltern bestätigten ihnen dass ihr Sohn blind geboren war. Sie fürchteten aber aus der Synagoge ausgeschlossen zu werden und deshalb bekannten sie den Namen Jesu nicht, der ihn geheilt hatte. Sie hielten sich bedeckt und sagten: „Fragt doch ihn, er ist alt genug um euch zu sagen wer es war.“ Viele fürchteten sich vor der Autorität der religiösen Führer, die ihre Vollmacht zu ihren eigenen Zwecken missbrauchten (Joh 7,13; 19,38). Selbst Mitgliedern des Hohen Rates, die an Jesus glaubten, erging es später so (Joh 12,42; Apg 5,13). Die führenden Juden hatten bereits beschlossen alle die sich zu Jesus bekannten aus der Synagoge auszuschliessen. Das war eine untragbare Strafe für Gläubige, die den Herrn anbeten wollten am Sabbat und dabei ihre sozialen Kontakte pflegten. Die Pharisäer hätten einsehen müssen, dass ein wirkliches Wunder stattfand, denn alle Fakten sprachen dafür.

Doch sie wollten es in ihrem Stolz nicht zugeben und stellten sich gegen Jesus und die Heilung des Blinden (V. 24-34). Deshalb riefen sie erneut den Geheilten herbei und befahlen ihm Gott die Ehre zu geben. Das wurde bei einem Kreuzverhör so gesagt (Jos 7,19; 1Sam 6,5; Offb 11,13). Mit andern Worten forderte man damit den Beschuldigten heraus die Wahrheit zu sagen. Doch die Pharisäer verstanden nicht, dass gerade sie Gott nicht die Ehre gaben. Die folgende Kommunikation zwischen den Pharisäern und dem Geheilten ist besonders amüsant.

Verse 24b-34: „Wollt etwa auch ihr seine Jünger werden?“ Damit bekannte der Geheilte sich als Jünger Jesu! War er sarkastisch oder einfach nur naiv als er dies fragte? Gerade das war das allerletzte was die Pharisäer wollten; Jesu Jünger werden. Deshalb gaben sie zur Antwort dass sie Mose Jünger seien. Sie vergassen aber, dass gerade Mose von einem Propheten sprach, der aus ihrer Mitte auftreten werde, auf den sie hören sollten (Dtn 18,15-18). Sie wollten Jesus nicht kennen und schon gar nicht als Sohn Gottes annehmen. Mit geschickten Argumenten sprach der Geheilte weiter über Jesus. Wenn die geistlichen Führer Israels Jesus nicht kannten, dann hatten sie ein Problem. Damit wurde ihre Geistlichkeit und Gottverbundenheit in Frage gestellt. Wie konnten sie einen Mann wie Jesus nicht kennen, der von Gott kam?

Offenbar besass der Geheilte auch Kenntnisse über die heiligen Schriften. Er wusste dass es heisst (Ps 66,18): „Hätte ich Frevel geplant in meinem Herzen, so würde der Herr nicht hören.“ Es ist tatsächlich so, dass die biblische Geschichte uns mehrmals zeigt, wie Gott weghörte, als uneinsichtige Sünder nach ihm riefen. Gott will, dass wir seinen Geboten und Weisungen gehorchen (Jer 11,11-14). Gott will Taten sehen statt leere Versprechungen (Ex 14,15-16; Jes 59,1-2). Gleichzeitig hörte Gott aber auch auf die Gebete von Sündern, d. h. unbekehrten Gläubigen wie Kornelius (Apg 10,4). Gott gab sogar der Bitte der Dämonen statt in die Schweine fahren zu dürfen (Mt 8,31-32). Dass Gott nicht auf Sünder hört darf nicht pauschal verstanden werden! In diesem Zusammenhang geht es um die Heilungskraft Jesu; Gott hört nicht auf Sünder und schenkt ihnen schon gar nicht die Macht Wunder zu vollbringen.

Der Geheilte argumentierte, wenn Jesus ein Sünder wäre, wie seine Gegner behaupteten, so würde Gott durch ihn nicht solche Zeichen bewirken. In der ganzen Geschichte Israels hatte man noch nie von jemandem gehört der von Geburt an blind war und geheilt wurde. Dies war doch ein klarer Beweis dass Jesus mehr war als ein Prophet. Die Wut der Pharisäer wurde immer grösser: Zuerst beschimpften und schmähten sie den Geheilten für sein Bekenntnis. Dann beschuldigten sie ihn zu Unrecht in Sünden geboren zu sein. Schliesslich griffen sie zur physischen Gewalt indem sie ihn aus ihrer Nähe verstiessen und aus der Synagoge ausschlossen.

 

 IV. Verse 35-41: Die Blindheit der Sehenden

Nun war es an der Zeit, dass Jesus sich erneut um den Geheilten kümmerte. Mit Freuden vernahm er wie sich der Geheilte gegen den Sanhedrin tapfer zur Wehr setzte und sich zu Jesus bekannte. Vermutlich verbreitete sich diese mutige Debatte in ganz Jerusalem (Lk 8,39). Deshalb suchte Jesus ihn auf und fragte: „Glaubst du an den Menschensohn?“ Als Jesus sich ihm als Sohn Gottes offenbarte warf der Mann sich vor ihm nieder. Die natürliche Reaktion eines echten Glaubens führt zur Anbetung Gottes!

Das Gericht das Jesus in diese Welt brachte ist die freie Entscheidung, die jeder Mensch für sich selbst treffen kann: „Glaube ich an Jesus oder glaube ich nicht?“ Wer an Jesus glaubt, der tut auch was er befohlen hat (1Joh 3,7-10; Joh 3,36). Glaube bedeutet Vertrauen ohne zu sehen (2Kor 5,7). Glaube bedeutet mit geistlichen Augen zu sehen (Apg 26,18). Diese geistlichen Augen hatten die Pharisäer nicht, denn sie waren blind geworden für die Wahrheit. Sie liebten ihre selbst aufgestellten Traditionen mehr als Gottes Gebote. Sie waren stolz, uneinsichtig und blind gegenüber Gott.

 

 Schlussfolgerungen

Niemand kann den wahren und lebendigen Gott sehen durch seine eigenen Vorstellungen, Meinungen und durch einen selbsterfundenen Glauben. Jesus Christus kam in diese Welt, damit die Nichtsehenden sehend werden (Mt 11,5).

Wie weit sind wir sehend geworden durch das Evangelium? Wie weit machen wir uns heute noch selbst etwas vor und meinen zu sehen? Alles, was wir im Leben so sehen wie wir es sehen wollen macht uns blind gegenüber der Wahrheit. Wir können trotz Bekehrung stolz, uneinsichtig und mit Vorurteilen behaftet sein wie die Pharisäer damals. Nur ein demütiges Herz, dass das Evangelium Christi aufsaugt wie ein Schwamm, kann von der geistlichen Blindheit vollständig erlöst werden. Selig ist, wer an Jesus Christus und seinem Wort keinen Anstoss nimmt (Mt 11,6).

Mein Gebet ist, was Paulus den Ephesern wünschte (Eph 1,17-19): „Der Gott unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Herrlichkeit, gebe euch den Geist der Weisheit und der Offenbarung, damit ihr ihn erkennt. Er erleuchte die Augen eures Herzens, damit ihr wisst, zu welcher Hoffnung ihr durch ihn berufen seid, welch reiches und herrliches Erbe er für die Heiligen bereithält und wie überwältigend gross die Kraft ist, die sich als Wirkung seiner Macht und Stärke an uns, den Glaubenden, zeigt.“