Lieben-02: Unser Bedürfnis nach Liebe

Lernen zu lieben

 

 Einleitung

Waren Sie auch schon einmal so richtig hungrig?
Die meisten Menschen in der westlichen Welt haben kaum in ihrem Leben je einen richtigen, gierigen Hunger verspürt. Wer es jedoch erlebt hat, dass er tagelang nicht richtig gegessen hatte, der weiss wie stark das Bedürfnis nach Nahrung sein kann. Dieser Zustand kann uns lähmen, kraftlos und müde machen. Es kann sogar starke Kopfschmerzen verursachen oder andere Symptome. Das ist der Grund, weshalb ich Diäten nicht mag.

Wir Menschen kennen einen Hunger, der noch viel grösser und dringender ist, als Nahrung. Es ist das Bedürfnis geliebt zu werden. Wenn Menschen einen Gottesdienst aufsuchen, dann tragen sie ein Bedürfnis mit sich, das die Hauptrolle spielt in ihrem Leben. Sie wollen nicht nur respektiert werden, sondern sie wollen sich gut fühlen und etwas Besonderes sein. Das ist eine Tatsache, ob wir, als die regelmässigen „Kirchgänger”, das wahrhaben wollen oder nicht. Jeder, der unsere Versammlungen betritt, möchte beachtet und respektiert werden. Wenn seine Bedürfnisse bei uns nicht die nötige Befriedigung finden, dann war’s das.

Es wäre zu schön, wenn Menschen mehr die Wahrheit des Evangeliums suchen würden und ihr Besuch vom Bedürfnis zur Anbetung Gottes getrieben wäre. Das wäre sicher die richtige Motivation. Doch das ist leider in den meisten Fällen nicht so. Stattdessen lassen sie sich von ihren Gefühlen leiten und suchen einen Ort, wo ihre menschlichen Bedürfnisse, nach Aufmerksamkeit und Liebe, gestillt werden.

 

 I.   Unser Bedürfnis nach Liebe

Der allmächtige Schöpfergott schuf uns Menschen mit dem Bedürfnis nach Liebe. Alle Menschen suchen die bedingungslose Liebe. Deshalb ist eine Ehe für viele die grosse Hoffnung, mit mindestens einer Person enger verbunden zu sein, die unseren Bedürfnissen ein kleinwenig näherkommt. Wir möchten einfach nur geliebt werden, trotz unseren Mängeln und Schwächen.

Wer in einer christlichen Gemeinde aufgewachsen ist, der hat zahllose Predigten über die Liebe Gottes gehört. Die meisten Gläubigen können den folgenden Bibelvers auswendig zitieren (Joh 3,16): „Denn so sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe.” Wir haben es mindestens in der Theorie und mental verstanden: Gott liebt alle seine Geschöpfe. Aber, glauben wir der biblischen Botschaft auch?

Weshalb haben wir oft so Mühe, der Botschaft des Evangeliums zu glauben?

 

 II.   Weshalb haben wir Mühe zu glauben, dass Gott uns liebt?

Dazu gibt es tausend Antworten, aber wir möchten uns auf ein paar Hauptargumente konzentrieren, die unserem Glauben im Weg stehen könnten.

Erstens, nicht alle Menschen, denen wir im Alltag begegnen, mögen uns. Das ist leider eine Tatsache, die wir akzeptieren müssen. Dann gibt es Menschen, die wollen möglichst allen gefallen und wenn sie ihr Ziel nicht erreichen, zweifeln sie auch an Gottes Liebe. Auch Jesus wurde nicht von allen Menschen angenommen, obschon er ohne Fehler war. Jesus kannte die wahre Liebe mit all ihren Konsequenzen. Deshalb behandelte Jesus seine Mitmenschen mit der vollkommenen Liebe Gottes. Gottes Liebe ist nicht mit der menschlichen Liebe zu vergleichen, die nach ihrem momentanen Gefühlszustand beurteilt. Gott liebt uns bedingungslos und seine Liebe verändert sich nicht.

Zweitens, können wir Mühe haben an Gottes Liebe zu glauben, weil es vielen Menschen an Liebe mangelt. Sie mögen ja nicht einmal sich selbst. Deshalb sind sie gar nicht fähig, aus ihrer ausgetrockneten Quelle, den Durst anderer zu stillen. Viele Menschen mögen uns ungerecht behandeln, weil sie selbst viele ungelöste Probleme haben und einen Mangel an Liebe aufweisen. So sind wir manchmal bloss ihre Blitzableiter. Doch, sie sind das ursprüngliche Problem und nicht wir. Sie verletzen andere und erzeugen viele Spannungen. Deshalb ist es wichtig, dass wir Gott ganz anders betrachten. Unser Schöpfer wird uns niemals als Blitzableiter seiner Launen und Spannungen missbrauchen. Der Herr wird uns nie für unsere Fehler bestrafen, wie Menschen das tun. Denn Gottes Liebe ist so gross und überschwänglich. Es wäre falsch, wenn wir uns einen rachesüchtigen Gott vorstellen, der nur darauf wartet, uns zu bestrafen. Nicht jedes Leiden im Leben hat seinen Ursprung in einem Fehlverhalten. Der Herr versprach uns kein Leben, frei von Leiden und Schmerzen, selbst wenn wir alles perfekt machen würden, wie Jesus. Unsere Leiden sind kein Massstab dafür, wie sehr Gott uns liebt. Jesus sagt (Offb 3,19a): „Die ich liebe, weise ich zurecht und erziehe sie.” Es ist wichtig für unseren Glauben, dass wir wissen, dass Gottes Liebe für uns niemals vergeht (1Kor 13,8).

Drittens, haben wir vielleicht manchmal Mühe, an Gottes Liebe zu glauben, weil unsere Mitmenschen darauf achten, dass wir nicht abheben und über uns selbst stolz sind. Unsere Gesellschaft lehrt uns, dass jeder, der zu viel Ehre und Anerkennung kriegt, schnell übermütig und stolz wird. Meine Mutter sagte sehr oft, wenn wir Kinder es lustig hatten: „Nach äme Lächli gits es Bächli.” (Nach dem Lachen, fliessen die Tränen wie ein kleiner Bach.) Leider behielt sie nicht selten, schon nach kurzer Zeit, Recht. Eine schlechte Pädagogik, die mir, trotz vielen guten Dingen, bis heute in Erinnerung geblieben ist. Dies ging so weit, dass ich am grossen „Graduation Day” (= Abschlussfeier und Auszeichnung der Schulausbildung in den USA) das schwarze Gewand mit dem viereckigen Hut nicht anziehen wollte, weil das zu viel Ehre war und ich am Ende hochmütig werden konnte. Ich musste es zuerst lernen, Ehre entgegen zu nehmen. Ich sah eine Gefahr, meinen Sieg zu feiern. Schliesslich galt ja für mich das Bibelwort (1Kor 1,31): „Wer sich rühmt, der rühme sich des Herrn.” Ich hatte Mühe zu verstehen, weshalb eine christliche Institution dasselbe tat wie die Welt. Vielleicht ist das der Grund, weshalb ich bis heute noch Mühe habe, mit Geburtstagspartys usw.

Je mehr Menschen so denken, desto grösser haben sie Mühe Komplimente von anderen zu empfangen und weiterzugeben. Das ist meistens der Grund, weshalb sie sich von anderen nicht richtig wertgeschätzt fühlen. Deshalb sterben viele Menschen an einem gebrochenen Herzen. Die Neigung, von sich selbst zu wenig zu halten, ist genauso falsch, wie die, der heutigen Narzissten. Seit einigen Monaten hängt bei mir, auf dem Anschlagsbrett, ein neuer Bibelvers, der mich immer sehr aufmuntert, wenn ich ihn lese (Zef 3,16): „Der Herr, dein Gott, ist in deiner Mitte, ein rettender Held, voller Freude frohlockt er über dich, in seiner Liebe schweigt er, mit Begeisterung jubelt er über dich.” Gott, der Herr, liess nicht bloss Zion wiederaufleben, sondern er will auch mich täglich neu motivieren. Seine Liebe ist unvorstellbar gross und er freut sich über jeden kleinen Fortschritt den wir machen, wie bei einem neugeborenen Kind. Gottes Ziel ist es, seinen unermesslichen Reichtum mit uns einmal zu teilen. Dieser Gedanke motiviert mich sehr in meinem Glaubensleben, Jesus nachzufolgen. Denn unser himmlischer Vater meint es gut mit uns und will uns fördern! Wir können uns nicht genug aufbauen lassen, mit den vielen positiven Aussagen und Versprechungen aus der Bibel! Offb 3,5: „So wird, wer den Sieg erringt, in weisse Gewänder gehüllt, und nie werde ich seinen Namen tilgen aus dem Buch des Lebens.”

Viertens, vielleicht haben wir manchmal auch Mühe an Gottes Liebe zu glauben, weil unsere Mitmenschen sehr nachtragend sind. Sie können sich selbst und anderen kaum vergeben. Wenn die Menschen oft nicht vergeben können, wie steht es dann mit dem gerechten Gott? denken wir. Deshalb hassen wir uns manchmal, wenn wir Fehler machen. Denn damit geben wir anderen einen Grund, uns zu disqualifizieren und uns zu verlassen. Die Last des Scheiterns ist schwer, zudem ist es noch schwerer, diese Last wieder loszuwerden. Niemand vergibt dir, wenn du einen Fehler machst. Niemand ist bereit, wegen dir in einen Konflikt zu geraten und ihn mit dir auszuarbeiten. Denn Konflikte sind reine Zeitverschwendung. Konflikte werden gemieden, weil nur positiv denkende Menschen, im Leben erfolgreich sein können. Deshalb gehen sich viele, nach einer Spannung, aus dem Weg. So müssen sie nicht über ihre eigenen Fehler nachdenken und einen mühsamen Weg der Vergebung und Versöhnung gehen. Es ist nicht selten, dass diese Haltung auch in der Gemeinde der Gläubigen zu finden ist. Es ist gegen die Liebe Gottes, dass Menschen sich trennen, scheiden lassen, einander aus dem Weg gehen usw. Jesus lehrt (Mt 5,23): „Wenn du nun deine Opfergabe zum Altar bringst und dir dort, einfällt, dass dein Bruder etwas gegen die hat, dann lass deine Gabe dort, vor dem Altar liegen und geh, versöhne dich zuerst mit deinem Bruder; dann komm und bring deine Gabe dar.” Jesus sagt, dass wir mit Gott ein Problem haben, wenn wir meinen, wir könnten ihn anbeten und gleichzeitig mitten im Zwist mit einem unserer Glaubensgeschwister stehen. Bevor wir Gott anbeten, gilt es, zuerst unsere Beziehungen zu den Menschen in Ordnung zu bringen. Menschlichen Konflikten auszuweichen, wird so zur Sünde, weil wir uns damit auch von Gott entfernen.

Paulus schreibt (Kol 3,12-14): „So bekleidet euch nun als von Gott auserwählte, Heilige und Geliebte mit innigem Erbarmen, Güte, Demut, Sanftmut und Geduld! Ertragt euch gegenseitig und vergebt einander, wenn einer dem andern etwas vorzuwerfen hat. Wie der Herr euch vergeben hat, so sollt auch ihr vergeben! Über all dem aber vergesst die Liebe nicht: Darin besteht das Band der Vollkommenheit.” Bevor Jesus uns vergeben kann, müssen wir ihm unsere Sünden bekennen und um Vergebung bitten, erst dann kann er uns von Sünden befreien (1 Joh 1,9). Weil Jesus ohne Fehler ist, sind wir immer in seiner Schuld. Doch, wenn Menschen miteinander in einem Konflikt stehen, dann ist es meistens so, dass beide Seiten Fehler gemacht haben und um Vergebung bitten sollten. Paulus sagte, „vergebt einander”, damit es zu einer Versöhnung kommen kann. Je älter wir werden, desto weniger können wir den Konflikten des Lebens ausweichen. Doch, die Art und Weise, wie in der Welt Konflikten ausgewichen wird, machen es umso schwieriger, an Gottes Liebe zu glauben. Das Problem liegt also nicht bei Gott, sondern bei uns Menschen, wie viele mit Konflikten umgehen und uns damit beeinflussen.

Fünftens, wir haben Mühe an Gottes Liebe zu glauben, weil die Menschen uns das Böse anrechnen. Wir sind uns das bewusst und haben gelernt, damit umzugehen, dass Menschen uns das, was wir mit ihnen falsch gemacht haben, schwer anrechnen. Da gibt es kein Zurück, keine Gnade, keine Vergebung. Wenn uns einmal etwas misslungen ist, dann sind wir abgestempelt für die Ewigkeit. Unser Gehirn arbeitet wie ein grossartiges Aufnahmegerät. Sei es Video oder Audio, alle negativen Erfahrungen werden besonders gut abgespeichert und abgelegt, viel besser als die positiven Erlebnisse. Dazu kommt, dass die negativen Erfahrungen sich immer wieder melden, wie eine Alarmglocke, aber viel lauter als vollaufgedrehte Musik. Auf der anderen Seite hören sich positive Erlebnisse wie Flüstern in unseren Ohren an. Dazu kommt, dass sie viel schneller verlorengehen oder in unserem Gehirn gelöscht werden, als die negativen Erfahrungen. Es können viele gute Dinge geschehen in unserem Leben, doch die eine unerfreuliche Erfahrung geht nie mehr aus unserem Kopf und plagt uns immer wieder neu. Das ist das Gegenteil von Gottes Liebe (1 Kor 3,5): „Die Liebe vergeht niemals.” Wie können wir uns davon überzeugen, dass Gottes Liebe uns das Böse nicht anrechnet (selbst, wenn wir um Vergebung bitten) und niemals vergeht, wenn wir täglich von unseren Mitmenschen das Gegenteil erfahren und wenn wir täglich das zerstörerische System gelehrt bekommen, das entgegengesetzt zu Gottes Liebe wirkt?

 

 Schlussfolgerungen

Es gibt sicher noch viele Antworten zu dieser Frage: Weshalb haben wir Mühe, zu glauben, dass Gott uns liebt? Wenn Sie der Meinung sind, dass das schlechte Nachrichten sind, dann bleiben Sie dran, denn es wird noch schlimmer. Unser weltliches System baut auf drei Hauptkriterien auf, die entscheiden, ob ich jemand bin oder ob nicht. Diese Kriterien machen uns alle zu Verlierern. Denn keiner kann diesen Kriterien genügen. Es ist also wichtig, dass wir wissen, wie die Welt funktioniert, damit wir Gegensteuer geben können, wenn wir merken, dass wir in eines dieser Systeme mit negativen Auswirkungen hineingedrückt werden.

Sprüche 31,30-31: „Anmut ist trügerisch und Schönheit flüchtig, aber eine Frau, die den Herrn fürchtet, darf sich rühmen. Gebt ihr Anteil vom Ertrag ihrer Hände, und ihre Werke sollen ihren Ruhm verkünden in den Toren!”

Jakobus sagt sogar (2,9), wer „nach dem Ansehen der Person urteilt”, der sündigt.

Paulus konfrontiert ältere Menschen mit den Worten (2Kor 4,16): „Wenn auch unser äusserer Mensch verbraucht wird, so wird do unser innerer Mensch Tag für Tag erneuert.” Das ist wahre Schönheit in den Augen des Herrn. Das ist es, was ein geistlicher Mensch anstrebt.

In dieser Serie geht es darum, dass wir die Agape-Liebe besser kennen und verstehen lernen und uns in dieser wahren Liebe üben und verbessern. Denn der Apostel Johannes sagt uns etwas, das uns Gläubige sehr interessiert (1Joh 4,7-8): „Die Liebe ist aus Gott und jeder, der liebt, ist aus Gott gezeugt, und er erkennt Gott. Wer nicht liebt, hat Gott nicht erkannt, denn Gott ist Liebe.” Mein Lebensziel ist es jedenfalls, Gott immer näher zu kommen und ihn täglich besser verstehen zu lernen, damit ich durch seine Liebe fähig werde, starke und langanhaltende Beziehungen zum Herrn und zu meinen Mitmenschen zu entwickeln!