Lieben-05: Die Agape-Liebe

Lernen zu lieben

 

 Einleitung

Im ersten Teil des Kurses, „Lernen zu lieben”, ging es darum, unsere Fähigkeit zur Liebe neu anzufachen.

Im zweiten Teil des Kurses geht es nun darum, unsere Liebesfähigkeit in unseren Beziehungen praktisch anzuwenden.

Bevor wir jedoch weiterfahren, wollen wir zur Kenntnis nehmen, dass die Agape-Liebe keine Option ist, sondern unsere Pflicht!

Diese Erkenntnis stammt aus dem ersten Johannesbrief 3,11-18:

 I.   Die höchste Liebe durch Christus bekundet

Vers 11: „Denn das ist die Botschaft, die ihr von Anfang an gehört habt: dass wir einander lieben ...“

Es scheint, als ob die neuen Übersetzer das Wort „sollen” absichtlich weglassen, weil sie es zu fordernd finden. Das mag ja in vielen Situationen des täglichen Lebens zuzutreffen. Hier spricht aber der Heilige Geist, durch den Mund des Apostels Johannes. Es besteht kein Zweifel, dass Johannes hier nicht einen bereits erreichten Zustand beschreibt, sondern er machte diese Worte zu unserer Pflicht. Worte wie „Sollen” oder „müssen” wären hier durchaus angebracht.

Jesus lehrte seine Jünger unmissverständlich (Joh 13,34): „Ein neues Gebot gebe ich euch: dass ihr einander liebt. Wie ich euch geliebt habe, sollt auch ihr einander lieben.” Das Gebot Jesu Christi befiehlt uns, einander zu lieben. Kann Liebe befohlen werden? – Offenbar schon! Denn die wahre Liebe ist nicht bloss ein gutes Gefühl, sondern ein gutes Werk.

Sobald wir aus dem Wasser der Taufe steigen, empfangen wir den Heiligen Geist, mit der Aufforderung: Liebt einander! Wie ist es möglich einander zu lieben, ohne eine örtliche Gemeinde? Die örtliche Gemeinde, in der wir hineingeboren werden, ist lebensnotwendig. Es wäre falsch, Menschen zu taufen, ohne sie einer örtlichen Gemeinde zuzufügen. Die Taufe und die örtliche Gemeinde gehören zusammen wie der Fisch und das Wasser. Die Gemeinde ist unsere geistliche Familie, in die wir hineingeboren wurden! Der griechische Begriff für Gemeinde ist ekklesia.
Ekklesia setzt sich zusammen aus Ek = aus, heraus, Kaleo = rufen. Der Gedanke ist: Die Sünder werden durch das Evangelium Christi aus der Finsternis ins Licht herausgerufen (1 Petr 2,9b). Wichtig ist die Tatsache, dass ekklesia in der Bibel sich nie für ein materielles Gebäude bezieht, sondern ein geistliches Haus darstellt (1 Petr 2,5). (Geistliches Haus oder den geistlichen Leib Christi.)

Die Gläubigen bilden das geistliche Gebäude Gottes (1Kor 3,9). Die ursprüngliche Bedeutung von ekklesia war Versammlung und wies auf das, was getan wurde und nicht so sehr wo etwas getan wurde. Meistens kommt dieses Wort in Bezug auf eine örtliche oder lokale Gemeinde vor (1Kor 14,23; 16,1.9; Gal 1,2; Apg 15,41; 16,4-5). Es erscheint weniger im universellen Sinn, d. h. für alle Gläubigen weltweit (Mt 16,18; Eph 1,22; Kol 1,18). Die Bibel lehrt, dass die örtliche Gemeinde notwendig ist, um das Gebot der Liebe Christi zu erfüllen. Von Anfang an sind wir, durch das Evangelium, nichts anderes gelehrt worden, als dass wir einander lieben sollen. Liebe ist der Kern des Evangeliums von Christus und deshalb auch das Fundament von allen unseren Beziehungen.

Vers 12: „... und nicht sein sollen, wie Kain, der aus dem Bösen war und seinen Bruder erschlug. Und weshalb erschlug er ihn? Weil seine Werke böse waren, die seines Bruders aber gerecht.”

Es ist interessant, dass der erste Mord nicht wegen einer Frau, wegen des Geldes oder wegen der Politik geschah. Es war ein Streit über Religion, was eigentlich nichts Aussergewöhnliches ist. Weil Kain sich gedemütigt fühlte, dass Gott sein Opfer nicht annahm, das seines Bruders aber sehr wohl, machte ihn zornig. Vielleicht blies der Wind in seinen Altar, so dass sich der Rauch verteilte (Ps 68,3). Während sich sein Rauch am Boden entlang schlich, stieg der Rauch von Abels Opfer senkrecht zum Himmel auf (Dtn 29,13). Abel bereitete alles sorgfältig zu; das Opfer, den Altar, das Holz, das Feuer. Er baute einen Altar aus speziellen Steinen, die dafür geeignet waren. Dann spaltete er trockenes Holz und legte es auf den Altar. Schliesslich ging er in den Stall und wählte das beste Lamm aus, um es dem Herrn zu opfern. Als er das zubereitete Opferlamm auf den Altar legte und das Holz anzündete, kniete er nieder und betete mit lauter Stimme den allmächtigen Gott an (Ps 145). Nachdem er die letzten Worte gesprochen hatte, stieg der Rauch des Opfers senkrecht in den Himmel empor und ein lieblicher Duft erfüllte die Umgebung des Altars. Damit bestätigte der Herr das Dankopfer Abels. Anschliessend ging Abel gestärkt und von Gottes Liebe erfüllt, an seine tägliche Arbeit zurück.

Der Text in Genesis 4 sagt nichts mehr als folgendes: Kain brachte „ein Opfer dar”, während Abel ein Opfer darbrachte „von den Erstlingen seiner Schafe und von ihrem Fett” (Gen 4,3-4). Daraus schliessen wir, dass Abel, mit Liebe und Hingabe, dem lebendigen Gott und Schöpfer seine volle Ehre und Dankbarkeit erwies. Das heisst; Anbetung ohne Liebe und Hingabe kann zum Hass, ja sogar zum Mord führen. Kain hingegen, zeigte nicht bloss seine falsche Haltung gegenüber Gott, sondern auch gegenüber seines Bruders und gegenüber dem Leben allgemein, „weil seine Werke böse waren” (1Joh 3,12). Doch Kains Werke werden im selben Vers gerecht bezeichnet.

Wie können wir dieses Prinzip heute anwenden?
Es ist ganz einfach: Alles hängt an unserer Liebe zum himmlischen Vater und zueinander. Wir geben unser Bestes, wenn wir unseren Gott von ganzem Herzen, aus ganzer Seele und mit unserem ganzen Herzen lieben (Mt 22,37), dazu unseren Nächsten. Es ist die Rede von Agape-Liebe. Agape-Liebe bedeutet göttliche Liebe. Göttliche Liebe besitzt göttliche Eigenschaften (1Kor 13). Göttliche Liebe vergeht nicht, im Gegensatz zur menschlichen Liebe. Die Agape-Liebe richtet sich nicht bloss auf Gott, den Herrn. Agape-Liebe richtet sich auch auf unsere Mitmenschen.

Galater 6,10: „Darum lasst uns, solange wir noch Gelegenheit haben, allen Menschen Gutes tun, am meisten aber denen, die mit uns im Glauben verbunden sind.”

Die Liebe löst eine Beziehung nicht auf, weil es Spannungen und Probleme gibt. Die Liebe nimmt keine ablehnende Haltung ein, gegenüber ihren Glaubensgeschwistern in der örtlichen Gemeinde. Die Liebe verhält sich geduldig und bemüht sich um Versöhnung, Frieden und Einheit in der Gemeinde. Die Liebe verhält sich komplett anders als die Welt das tut.

Sprüche 18,1: „Wer sich absondert, folgt seinen eigenen Wünschen, er widersetzt sich aller Klugheit.”

Wer die örtliche Gemeinde aus anderen Gründen verlässt, als aus Agape-Liebe, handelt gegen den Leib Christi. Die Agape-Liebe verpflichtet sich, den Leib Christi nicht zu verletzen (sie verhält sich wie ein Mensch mit seinem Körper).

Matthäus 5,23-24: „Wenn du nun deine Opfergabe zum Altar bringst und dir dort einfällt, dass dein Bruder etwas gegen dich hat, dann lass deine Gabe dort vor dem Altar liegen und geh, versöhne dich zuerst mit deinem Bruder; dann komm und bring deine Gabe dar.”

Die Liebe ist also keine Option, sondern ein klares Gebot Christi. Gläubige sind verpflichtet, einander zu lieben!

Vers 13: „Wundert euch nicht, liebe Brüder und Schwestern, wenn die Welt euch hasst.“

Weshalb ist hasst uns die Welt? – Weil wir ihre Selbstgefälligkeit aufdecken. Die Hingabe Abels erfüllte Kain mit Eifersucht. Die Gerechtigkeit Jesu erfüllte die Juden mit Hass und Zorn. Deshalb wurden Jesus und Abel getötet. Was lehrt uns das? – Bereite dich auf Ablehnung und Verfolgung vor! Die Welt nimmt das Gebot Christi nicht an. Selbst in der Gemeinde gibt es Gläubige, die sich bewusst auf andere Dinge konzentrieren, als auf das unbequeme Gebot Christi: Liebt einander! Jesus lehrte seine Jünger (Lk 23,31): „Denn wenn man solches am grünen Holze tut, was wird erst am dürren geschehen?” Jesus ist das grüne Holz und wir stellen das dürre Holz dar. Wir sind Sünder, wie nutzloses Holz, Jesus hingegen ist wie grünes Holz, das noch für gute Zwecke genutzt werden kann. Die Menschen werden immer einen Weg finden, um uns anzuklagen und zu verurteilen. Letztendlich geht es nur darum, ihr sündhaftes Verhalten zu rechtfertigen. Deshalb sind religiöse Menschen (insbesondere Glaubensgeschwister) oft gefährlicher und bedrohlicher als die ungläubige Welt, weil sie gerne ihre eigenen Bilder der Gerechtigkeit und Rechtfertigung zeichnen.

Jeremia sagte (Jer 17,9): „Verschlagener als alles andere ist das Herz, und unheilbar ist es, wer kann das verstehen? Ich, der Herr, erforsche das Herz, prüfe die Nieren, um jedem zu geben nach seinen Wegen, nach der Frucht seiner Taten.”

Darum, lasst uns nicht länger uns selbst betrügen, denn wir sind ja Gottes Kinder geworden! Das Gebot der Apape-Liebe bringt uns zurück zum Fundament. Alles kann mit der Agape-Liebe gemessen werden. Agape-Liebe ist die Lösung für alle Spannungen und Lebenssituationen. Wenn wir Gott anbeten, von ganzem Herzen, mit ganzer Hingabe und mit unserem ganzen Verstand, dann erfüllt uns sein Geist mit Agape-Liebe und mit innerer Zufriedenheit. Schliesslich macht uns die Agape-Liebe fähig, einander zu lieben (1 Joh 34,19): „Wir aber lieben, weil er uns zuerst geliebt hat.”

Vers 14: „Wir wissen, dass wir aus dem Tod ins Leben hinübergeschritten sind, denn wir lieben einander. Wer nicht liebt, bleibt im Tod.”

Die Agape-Liebe ist das entscheidende Zeichen, wer wir wirklich sind.

Die Agape-Liebe beweist, dass wir den lebendigen Geist Gottes in uns tragen.

Die Agape-Liebe ist das entscheidende Zeichen, dass wir wiedergeboren sind.

Es wäre ein grosser Fehler, wenn wir meinen, dass nach unserer Bekehrung alles abgeschlossen sei. Im Gegenteil! Der Tag der Bekehrung ist der Beginn einer langen und harten Arbeit in der Agape-Liebe.

Wie bleiben wir im Geist der Agape-Liebe?
Johannes lehrt, wenn wir unsere Sünden bekennen.
Wer seine bösen Werke versucht zu rechtfertigen, den verurteilt sein eigenes Gewissen (1Joh 3,19). Sobald wir aber unseren hoffnungslosen Zustand begreifen, wird Gott uns rechtfertigen und von allen Sünden reinigen. Das christliche Leben ist voller Spannungen und Kämpfe, die unseren Glauben herausfordern, loszulassen von jeglicher Selbstrechtfertigung. In Christus brauchen wir uns nicht mehr zu rechtfertigen. Wir brauchen bloss einzusehen, wo wir versagt haben. Wir brauchen bloss in der Agape-Liebe zu bleiben. Denn wir wissen, dass es heisst (Röm 8,31): „Wenn Gott für uns ist, wer kann wider uns sein?”

Vers 15: „Jeder, der seinen Bruder hasst, ist ein Mörder; und ihr wisst, dass in einem Mörder das ewige Leben nicht bleibt.”

Damit geht der Apostel noch einen Schritt weiter. Er sagt mit andern Worten: „Jeder, der seinen Bruder hast, ist ein Mörder und ihr wisst, dass kein Mörder ewiges Leben in sich trägt.” Der Heilige Geist spricht zum Apostel der Liebe, indem er sagt: „Wenn du deinen Bruder oder deine Schwester nicht liebst, ist es dasselbe, als ob du ihn umgebracht hättest.” Damit will er niemanden hart angreifen, sondern nimmt bloss Bezug auf Kain, der seinen Bruder erschlug. Vielleicht haben wir keine Pistole, kein Gewehr oder kein Messer in die Hand genommen und trotzdem unseren Bruder oder unsere Schwester umgebracht, weil wir ihn oder sie hassen. Wer hasst, in dem kann das ewige Leben nicht bleibend sein. Denn das ewige Leben und Mord können nicht in demselben Herz wohnen. Diese beiden Dinge passen überhaupt nicht zusammen. Bezüglich des Wortes „hassen” ist es notwendig, zu wissen, dass es auch „verlassen” bedeuten kann.

Als Jesus die Volksmenge lehrte, sagte er (Lk 14,26-27): „Wer zu mir kommt und nicht Vater und Mutter, Frau und Kinder, Brüder und Schwestern und dazu auch sein eigenes Leben hasst, kann nicht mein Jünger sein. Wer nicht sein Kreuz trägt und in meine Nachfolge tritt, kann nicht mein Jünger sein.” Hassen bedeutet hier offensichtlich verlassen, hinter sich lassen, weniger lieben usw. Es geht um die totale Nachfolge Christi, die eine völlige Hinwendung zu Jesus bedeutet und keine Kompromisse duldet (Joh 12,25). Gleichermassen bedeutet dieses krasse Wort „hassen” im ersten Johannesbrief auch „verlassen” oder auch schon weniger lieben. Wenn wir die örtliche Gemeinde mit schlechten Gedanken verlassen, dann hassen wir und werden zu Mördern. Denn wir sind der örtlichen Gemeinde mit ihren Gliedern verpflichtet. Hassen führt also zum Tod, die Liebe aber zum ewigen Leben! In diesem Sinne will Jesus, dass wir sein Kreuz tragen und ihm nachfolgen.

 

 II.   Die höchste Liebe gelebt

Vers 16: „Daran haben wir die Liebe erkannt, dass er sein Leben für uns eingesetzt hat. Auch wir sind verpflichtet, das Leben einzusetzen für die Brüder.”
Weil die meisten Menschen behaupten, dass sie ihren Bruder oder ihre Schwester in der Gemeinde nicht hassen, geht Johannes mit seinen Erläuterungen noch weiter.

Wie haben wir die Agape-Liebe Christi erkannt?
Allein daran, dass er sein Leben hingab für unsere Sünden! Das grösste Beispiel der Agape-Liebe ist, dass Jesus sein Leben hingab, „als wir noch Sünder waren” (Röm 5,8).

Wie ist das für uns heute zu verstehen?
Sollen wir unseren Leib am Kreuz hingeben wie Jesus, um unsere Agape-Liebe unter Beweis zu stellen? Natürlich nicht! Wir tragen sein Kreuz und folgen seinen Fussstapfen, wenn wir in seiner Agape-Liebe bleiben, um andere zu bewahren, zu schützen, statt an uns zu denken. Wir geben uns hin, indem wir nicht rechthaberisch und keine Besserwisser sind. Wir geben uns hin, wenn wir schon in unseren Gesprächen nicht immer siegen müssen.

Vers 17: „Wer immer in der Welt sein Auskommen hat und seinen Bruder Not leiden sieht und sein Herz vor ihm verschliesst: Wie bleibt da die Liebe Gottes in ihm?”
Das ist sicher als ein gutes Beispiel gedacht. Dieses Beispiel kann auf mentale und andere Nöte ausgedehnt werden. Johannes will sagen, dass geistliche Geschwister verpflichtet sind, einander zu helfen. Dabei geht es um die Anwendung des Kreuztragens, indem wir uns füreinander hingeben in der Liebe Christi.

Vers 18: „Kinder, lasst uns nicht mit Wort und Zunge lieben, sondern in Tat und Wahrheit!“
Über die Agape-Liebe zur reden, reicht nicht aus. Für andere zu beten, reicht nicht aus. Agape-Liebe wird aktiv in Werken. Agape-Liebe ist bereit, sich selbst hinzugeben für andere und denkt nicht zuerst an sich.

 

 Schlussfolgerungen

Als Abschluss bilden die Verse in Kapitel 4 ihren Höhepunkt:

Kapitel 4,19: „Wir aber lieben, weil er uns zuerst geliebt hat.“

Kapitel 4,20: „Wenn jemand sagt: Ich liebe Gott, und er hasst seinen Bruder, ist er ein Lügner. Denn wer seinen Bruder, den er vor Augen hat (von Angesicht kennt), nicht liebt, kann nicht Gott lieben, den er nicht vor Augen hat (von Angesicht nicht kennt).“

Kapitel 4,21: „Und dieses Gebot haben wir von ihm: dass, wer Gott liebt, auch seinen Bruder liebe.“

Zudem muss auf eine weitere Anwendung des Gesagten hingewiesen werden: Der griechische Begriff ekklesia erscheint im ersten Johannesbrief kein einziges Mal. Trotzdem sollten diese Worte eng mit der örtlichen Gemeinde in Verbindung gebracht werden. Ohne die örtliche Gemeinde mit ihren geistlichen Geschwistern, kann der hohe Standard der Liebe nicht praktiziert werden. Ohne die Gemeinde, verhallt die Belehrung des Johannes in der Leere. Darum, lasst und die Agape-Liebe so gut wie nur möglich leben, in Worten und in Taten! Agape-Liebe wird von uns viel Einsatz und Energie kosten. Doch all diese Erfahrungen lassen Gott an uns arbeiten und unseren Glauben wachsen.