Gnade-14: Gnade und Sünde

Gottes Gnade

 Einleitung

Das grösste Wort im NT „Agape“ würde ohne Gnade missbraucht. Liebe und Gnade gehören untrennbar zusammen. Beides kommt in überfliessender Weise von Gott, unserem Schöpfer, ohne unseren Verdienst (1 Kor 15,10). Gottes Liebe erweist sich durch seine Gnade an uns.

Wenn die Bibel die Rettung allein aus der Gnade Gottes lehren würde, dann wären alle Menschen gerettet und niemand würde verloren gehen, denn Jesus starb ja für alle Menschen (Hebr 2,9). Doch zur Gnade gehören auch Werke, d. h. der Mensch muss tätig und gehorsam werden, um Gottes Gnade annehmen zu können. Gottes Gnade öffnete zwar Hagar die Augen für einen Wasserbrunnen, doch sie musste einen Schlauch nehmen und ihn mit Wasser füllen, um sich und ihren Sohn vor dem Verdursten zu retten (Gen 21,19). Damit die Israeliten vom Strafgericht verschont blieben, das über das Land Ägypten kam, mussten sie Mose Anleitungen genau befolgen (V. 5: ein makelloses, männliches, einjähriges Schaf schlachten und das Blut an ihre Türpfosten streichen usw., Ex 12,1-28).

Als Mose in der Not zum Herrn schrie, spaltete der Herr in seiner Gnade das Meer, so dass sich eine Mauer bildete. Der Boden war zwar trocken gelegt. Die Israeliten mussten aber noch ein ziemliches Stück zu Fuss gehen, bis sie das andere Ufer erreichten (Ex 14,15-31). Genauso ist es im Neuen Testament, wenn ein Sünder aus dem Wasserbad der Taufe steigt. Die Liebe Gottes vergibt ihm durch seine Gnade und schenkt ihm den Heiligen Geist, der den Erlösten zum Gehorsam anspornt und anleitet. Der Erlöste weiss, dass er niemals durch seine Werke gerecht gesprochen wurde, sondern allein durch die Gnade Gottes (Tit 3,5-7). Deshalb liebt er den Herrn und gibt sich IHM ganz hin (Röm 12,1-2). Gnade kann jedoch Ungehorsam niemals rechtfertigen (Joh 3,36; Hebr 5,9).

 

 I.   Gnade und Gesetz

Gnade deckt nicht einfach ohne unsere Zustimmung und Bemühung alle unsere Sünden zu. Damit über Abraham alles kam, was der Herr versprochen hatte, mussten seine Nachkommen sich an Recht und Gerechtigkeit halten (Gen 18,19). Wer Gottes Weisungen liebte, konnte Segen erwarten (Ps 119,97). Das Gesetz des alten Bundes war heilig (Röm 7,12). Die Gnade wird durch das Gesetz wirksam (Tit 2,11-15).

Es ist falsch zu behaupten, es gäbe im NT für Christen keine Gesetze mehr, sondern nur Liebe und Gnade, denn es heisst: Von Jerusalem wird im NT Gottes Weisung ausgehen (Jes 2,1-4). Durch Gottes Wort werden Gläubige im NT in ihren Herzen beschnitten und geben sich Gott selbst hin, ohne Tieropfer (Jer 31,31-34; ). Im NT existiert „das Gesetz des Geistes“, das in Christus Leben spendet (Röm 8,2). Im NT ist „das Gesetz Christi“ massgebend, um selbst Gesetzlose zu gewinnen (1 Kor 9,21; Gal 6,2). Das Gesetz des neuen Bundes wird auch „Gesetz der Freiheit“ genannt und rechtfertigt keinesfalls sündhaftes Handeln (Jak 2,12).

Es ist ein falsches Verständnis der Bibel zu behaupten, dass alles Gesetzliche im Neuen Testament Buchstabendienst sei. Paulus spricht vom Buchstaben des Gesetzes Mose der tötet, nicht vom Gesetz Christi (1 Kor 3,6). Als Diener des neuen Bundes richten wir uns nach dem, was Christus und seine Apostel uns geboten haben (Gal 6,2; 1 Joh 4,6). Die Liebe ist die Erfüllung des Gesetzes (Röm 13,10; Gal 5,14). Dazu zählt auch die Liebe zum Gesetz Christi (Joh 14,15). Dazu zählt die Liebe, Gottes Willen gerne und freiwillig zu tun (Ps 119,1-8).

Liebe kann nicht sämtliches Handeln rechtfertigen (wie z. B. Unzucht, Abtreibung oder Sterbehilfe usw.). Die Theorie, „wenn es sich richtig anfühlt, dann ist es richtig“, ist falsch! Gottes Gnade und Liebe schenkt uns keinen Freipass zur Sünde! (z. B. Ehebruch, Unzucht, Homosexualität usw.) „Wer sagt: Ich habe ihn erkannt, und hält seine Gebote nicht, ist ein Lügner ...“ (1 Joh 2,4; Jak 1,21). Wer Gott gefallen will, richtet sich nicht auf das Fleisch, sondern auf den Geist Christi aus (Röm 8,5-8).

Ohne Gesetz gibt es keine Gnade (Tit 2,11-12). Wer sich auf die höchste Liebe (Agape) konzentriert, der wird sich nach Gottes Wesen und Wahrheit sehnen (Eph 4,20-24). Die Liebe fragt nicht, „wie weit darf ich gehen“ und „was ist nicht erlaubt“, sondern gibt sich ganz dem hin, der die Beziehung durch die Gnade möglich gemacht hat; Jesus Christus. An unserer Liebe zu den Geboten kann Gott unsere Wertschätzung für seine Gnade erkennen.

 

 II.   Gnade und Sündenbekenntnis

Es ist falsch zu sagen, dass ein Christ, der seine Sünden bekennt, die Gnade nicht richtig verstanden habe. Gemäss dem Apostel Johannes ist es die demütige Pflicht eines jeden Gläubigen, seine Sünden zu bekennen (1 Joh 1,9). Sich zu Christus zu bekennen (Röm 10,9; 1 Tim 6,12; 1 Joh 2,23; 4,15) bedeutet auch, einzugestehen ein Sünder zu sein, der Heilung braucht (Mt 3,6; Jak 5,16).

Noch schlimmer ist es zu behaupten, die Vergebung unserer Sünden geschehe „automatisch“ und die Sünde könne den Gläubigen nicht mehr angerechnet werden. Wir wiegen uns in falscher Sicherheit, wenn wir meinen gläubig zu sein und eine reumütige, gutgläubige Gesinnung sei ausreichend. Das würde ja bedeuten, dass wir der Sünde grünes Licht geben und annehmen, dass die Gnade uns dauerhaft und unaufhörlich freispricht von allem was wir falsches tun (Röm 6,1-2.15). Diese Auffassung steht im Widerspruch zur Aussage des Johannes (1 Joh 1,9). Sie steht im Widerspruch zu Salomos Weisheit (Spr 28,13).

Trotz Gnade bleiben wir Sünder und werden aufgerufen unsere Sünden immer wieder vor dem Herrn zu bekennen. Paulus zitiert Psalm 32, wenn er sagt (Röm 4,8): „Selig der Mann, dessen Sünde der Herr nicht anrechnet.“ Selbst der König David musste seine Sünde bekennen (2 Sam 12,13). Auch Gläubige müssen ihre Sünden vor dem Herrn bekennen, wenn sie Vergebung empfangen wollen (1 Joh 1,9; 3,4). Jesus lehrt uns zu beten (Lk 11,4): „Und vergib uns unsere Sünden ...“ Ebenso können auch wir nur jemandem vergeben, der einsichtig ist und um Vergebung bittet (Mt 18,15; Lk 17,3-4). „Bekennt einander also die Sünden und betet füreinander, damit ihr geheilt werdet!“ (Jak 5,16).

Was ist, wenn wir unwissend sündigen? Unwissenheit schützt vor Strafe nicht (Lv 5,17). Doch Gott der Liebe und Gnade ist gerecht und richtet nachsichtig (Lk 12,47-48; 1 Tim 1,13). Im AT gab es unbeabsichtigte Sünden (Lv 4,1-2). Im NT heisst es, dass jeder von einem Fehltritt überrascht werden kann (Gal 6,1-2). Auch Christen sündigen nach ihrer Bekehrung (1 Joh 1,8-10; 2,1). Wer sich als lebendiges, heiliges und Gott wohlgefälliges Opfer hingibt (Röm 12,1), der forscht täglich in den Schriften (Apg 17,11), der will die Wahrheit erkennen (Joh 8,32), der betet um Vergebung, auch für unwissende Sünden (Ps 19,12), der bemüht sich, sein Bestes zu geben, um dem Herrn zu gefallen (1 Thes 2,4; 1 Joh 3,9), der wächst zur Vollkommenheit in Christus heran (Phil 3,12-14; Eph 4,13).

Was ist, wenn wir vorsätzlich sündigen? Vorsätzlich sündigen bedeutet, etwas zu tun oder zu unterlassen und damit bewusst gegen Gottes Willen zu verstossen (Hebr 10,26-31). Vorsätzlich Sündigen wird mit dem Verlassen der Versammlung (im vorderen Abschnitt von Hebr 10) verknüpft. Wer die Versammlungen verlässt, sündigt vorsätzlich oder willkürlich und verstösst gegen den Willen des Herrn, heisst es. Die Versammlungen verlassen bedeutet, sich gegen Gott auflehnen (gemäss dem Abschnitt aus Hebr 10,26-31). Ein willentlicher und bewusster Verstoss gegen Gottes Gebote, ohne Reue und ohne Einsicht, kann nicht vergeben werden. Das Verharren in der Sünde, ohne Bereitschaft zur Umkehr, bedeutet Abfall vom Glauben (Hebr 6,4-6; 1 Tim 1,19; 2 Tim 4,10). Jesus erklärt, dass die Verhärtung des Herzens „Sünde gegen den Heiligen Geist“ ist (Mt 12,32; Mk 3,29).

 

 III. Gnade und Gericht

Die Konsequenz vom begnadigten Leben ist, dass wir nicht in ein Gericht kommen! Es gibt zwar auch Bibelstellen, die von einem Gericht der Gläubigen sprechen:

2 Kor 5,10: „Denn wir alle müssen vor dem Richterstuhl Christi erscheinen.“

Römer 14,10: „Wir werden alle vor den Richterstuhl Gottes treten müssen.“

Jak 3,1: „Denn ihr wisst, dass wir [Lehrer] als solche ein noch strengeres Urteil empfangen werden.“

Auf der andern Seite gibt es Bibelstellen, mit denen belegt werden kann, dass die Gläubigen nicht in ein Gericht kommen:

Joh 3,18: „Wer an ihn glaubt, wird nicht gerichtet …“

Joh 5,24: „Wer mein Wort hört und dem glaubt, der mich gesandt hat, hat ewiges Leben und kommt nicht ins Gericht, sondern ist hinübergegangen aus dem Tod in das Leben.“

Joh 12,48: „Wer mich verwirft und meine Worte nicht annimmt, der hat schon seinen Richter. Das Wort, das ich gesprochen habe, das wird ihn richten am Jüngsten Tag.“

Offenbar hat das Gericht Gottes bereits begonnen:

Jesus sagt (Joh 12,31): „Jetzt ergeht das Gericht über diese Welt, jetzt wird der Herrscher dieser Welt hinausgeworfen werden.“ Im irdischen Leben werden die Gläubigen auf Herz und Nieren geläutert und wer die Feuerprobe besteht, wird dem Gericht entgehen (1 Petr 4,17).

1 Kor 11,32: „Werden wir aber vom Herrn gerichtet, so werden wir zurechtgebracht, damit wir nicht zusammen mit der Welt verurteilt werden.“ Der Apostel Johannes beschwichtigt, dass die Gläubigen dem Tag des Gerichts mit Zuversicht entgegentreten dürfen (1 Joh 4,17). Das grosse Gericht wird jede Seele sehen, ob verstorben oder noch am Leben (Hebr 9,27).

 

 Schlussfolgerungen

Aus der Bibel geht hervor, dass Liebe und Gnade zusammengehören. Liebe und Gnade werden aber durch das Gesetz Christi wirksam. Ohne Gesetz gibt es keine Gnade.

Wer den Herrn liebt, der hält seine Gebote. An unserer Liebe zu seinen Geboten kann Gott unsere Wertschätzung für sein Gnadengeschenk erkennen. Wenn wir trotzdem sündigen, dann bekennen wir reumütig unsere Sünden vor dem Herrn. Wir brauchen keine Angst zu haben vor dem grossen Gericht Gottes, solange wir unser Bestes geben, unsere Sünden bekennen und uns bemühen dem Herrn zu gefallen. Römer 6,14: „Die Sünde wird keine Macht über euch haben, denn ihr steht nicht unter dem Gesetz, sondern unter der Gnade.“