Gemeinden-02: Antiochia

Gemeinden im Neuen Testament

Die wachsende Gemeinde in Apg 11,19-26.
Thema: Die Gemeinde, die als grossartiges Vorbild in die Geschichte eingeht.

 

 

 I.   Was lesen wir über die Gemeinde in Antiochia?

Es muss zuerst darauf hingewiesen werden, dass es damals mehrere Antiochias gab. In der Apg. lesen wir von zwei Städten, die gut unterschieden werden sollten.

Antiochia in Pisidien:
Wahrscheinlich eine unter den Galatischen Gemeinden, an die der Galaterbrief geschrieben wurde. Wir lesen, dass Paulus und seine Reisegefährten dort in der jüdischen Synagoge waren: Apg 13,13-15. Von dieser Gemeinde reden wir dann, wenn wir die Galatischen Gemeinden behandeln.

Antiochia in Syrien:
Es ist das heutige Antakija im Südosten der Türkei, ca. 500 Km nördlich von Jerusalem (siehe Bibelkarte!). Die Stadt wurde 310 v. Chr. gegründet, 64 v. Chr. von Pompeius erobert und zur Hauptstadt der römischen Provinz Syria gemacht. Sie war die drittgrösste Stadt der damaligen Welt und wurde nur noch von Rom und Alexandrien an Grösse übertroffen. In historischen Berichten heisst es, dass die Stadt zu jener Zeit etwa 200'000 Einwohner hatte, von denen etwa die Hälfte oder sogar mehr Christen waren. Trotz der Gottlosigkeit in dieser Stadt, entwickelte sich ein blühendes Gemeinde-leben in Antiochia (Syrien), so dass sie einen bedeutenden Einfluss auf die Verbreitung des Christentums im 1. Jahrhundert hatte.

Die erste Stelle finden wir in Apg 6, wo von einem Nikolaus die Rede ist, der aus Antiochia stammte: Apg 6,5-6. Er war ein Proselyt, d. h. ein Grieche, der sich zum Judentum bekehrte und schliesslich Christ wurde. Er war einer der sieben Diener, denen die Apostel die Hände auflegten für den besonderen Dienst an den Witwen zu Jerusalem. Ob er später, als die Verfolgung einsetzte, nach Antiochia floh, um dort der Gemeinde zu dienen, wissen wir nicht (es ist anzunehmen).

Eine Schlüsselstelle über die Gemeinde in Antiochia finden wir in Apg 11,19-26. Die Steinigung des Stephanus löste die erste grosse Christenverfolgung aus (Apg 8). Diese Verfolgung in Jerusalem führte dazu, dass sich die Christen in alle Gegenden aufs Land hinaus zerstreuten. Einige Judenchristen predigten das Evangelium nur den Juden, während andere, die nach Antiochia kamen, das Evangelium auch den Heiden verkündigten (V. 20). Infolge dessen war „die Hand des Herrn“ mit ihnen, so dass „eine grosse Zahl“ von Seelen zum Glauben kamen (V. 21).

Als die Jerusalemer Gemeinde, die inzwischen etwa 8 Jahre alt war, von diesem starken Wachstum erfuhr, schickten sie Barnabas nach Antiochia (V. 22). Barnabas freute sich sehr über die grosse Gnade Gottes in Antiochia. Von ihm lesen wir, dass er einen Acker besass und ihn verkaufte, um den Erlös des Geldes der Gemeinde zu spenden (Apg 4,36-37). Er war ein einflussreicher Mann in Jerusalem, ein Ermutiger und ein trefflicher Mann voll heiligen Geistes und Glauben (V. 23-24). Barnabas war auch der erste in Jerusalem, der dem bekehrten Paulus sein Vertrauen entgegenbrachte und ihn den Brüdern empfahl (Apg 9,27-28). In seiner Weisheit war er es, der den Paulus aufsuchte und ihm den ersten grossen Dienst übertrug. Paulus war seit mindestens 4 Jahren verschollen, weil griechisch sprechende Juden ihn töten wollten (Apg 9,29). So brachten Brüder ihn nach Cäsarea hinab, wo er dann nach Tarsus floh (Apg 9,30). Seit dem wird uns in der Apg. nichts mehr von ihm berichtet. Gottes Hand benutzte Barnabas, um Paulus, „das auserwählte Werkzeug“, zum ersten Dienst für die Gemeinde in Antiochia einzusetzen (Apg 9,15).

So verbrachten Barnabas und Paulus ein ganzes Jahr in Antiochia, wo sie das Volk in der Gemeinde über den Heilsplan Gottes lehrten (11,26). Dieser Einfluss war so gross in der Stadt, dass man den Anhängern Jesu dort das erste Mal den Spitznamen „Christen“ (Χριστιανός) gab (V. 26b). Hier könnte das prophetische Wort in Jesaja 62,2 (GN) erfüllt worden sein, das sagt: „Alle Völker werden erfahren, wie der Herr dein Schicksal wendet; alle Könige werden deine Pracht sehen. Der Herr wird dir einen neuen Namen geben, mit dem man dich von da an nennen wird.“ Da kein inspirierter Schreiber bestätigt, dass hier ein prophetisches Wort Jesajas erfüllt wird, bleibt dies eine Annahme. Sie werden aber auch Jünger bezeichnet d. h. Lernende (μαθητής).

 

 II.   Was lernen wir aus diesem behandelten Abschnitt?

Es ist doch interessant in der Bibel zu lesen und zu erfahren, welch enger Zusammenhang zwischen dem Christsein und der örtlichen Gemeinde besteht. Wo lehrten denn Paulus und Barnabas das Volk? = In der Gemeinde! Christsein ohne einer örtlichen Gemeinde anzugehören ist in den Augen der Apostel nahezu unmöglich. Paulus würde sich entsetzen über die liberalen Auffassungen der Menschen von heute bezüglich der Gemeinde. Christsein „Ja“, aber Gemeindezugehörigkeit „Nein“, so denken viele heute. Christsein ohne einer örtlichen Gemeinde anzugehören ist absolut unbiblisch und führt auch zu keinem Wachstum einer Gemeinde.

Das Wort Gemeinde (ἐκκλησία) bezeichnet Gläubige, die aus der Finsternis der Welt herausgerufen wurden, um gemeinsam dem Ruf ihres Hirten Jesus zu folgen: Als bekehrte Christen werden sie von der Welt abgesondert und folgen nun gemeinsam ihrem gesalbten König (Christus: deshalb sind sie Christen). Ein Christ pflegt die Gesinnung eines Lernenden (Jünger) und lässt sich wie weicher Ton in Gottes Händen formen zu einem brauchbaren Gefäss zur Ehre unseres Herrn (2Tim 2,21). Die Gemeinde des lebendigen Gottes bildet die Säule und Grundfeste der Wahrheit (1Tim 3,15). Ohne Gemeinde sind Christen zerstreut wie Tiere ohne eine Herde, die den Löwen, Hyänen oder Wölfen zum Opfer fallen: 1. Petrus 5,5.8.

Warum bildeten die zerstreuten Christen während ihrer Verfolgung überall wieder neue Gemeinden? Weil sie ohne örtliche Gemeinde nicht leben konnten. Weil sie wussten, dass wenn sie vom Weinstock getrennt sind, keine Chance zum Überleben hatten (Joh 15).

 

III. Was erfahren wir sonst über den Zustand der Gemeinde in Antiochia?

Am Ende von Kapitel 11 lesen wir, dass eine grosse Hungersnot über den ganzen Erdkreis kam, doch die Jerusalemer Gemeinde traf es am härtesten. Deshalb beschlossen die Brüder aus Antiochia für ihre Glaubensgeschwister in Judäa Geld zu sammeln (Apg 11,29). Durch Paulus und Barnabas wurde die Unterstützung nach Jerusalem überbracht (Apg 11,30).

Die Gemeinde in Antiochia sandte Paulus und Barnabas aus in die ganze Welt, um weitere Gemeinden zu gründen: Apg 13,1-5. Es gab offenbar einflussreiche Propheten und Lehrer in der Gemeinde. Der Heilige Geist war mitten unter ihnen u. leitete sie an als sie fasteten u. beteten. Sie gehorchten dem Heiligen Geist und kamen für einen zusätzlichen Gottesdienst zusammen, um wieder zu fasten und zu beten. So nahmen die Gläubigen fest Anteil an der Mission des Paulus und Barnabas und gaben ihnen das Geleit. Antiochia war auch der Ausgangspunkt für andere Missionsreisen.

Nachdem Paulus und Barnabas Gemeinden gegründet hatten, setzten sie überall auch Älteste ein: Apg 14,21-28. Die ganze Gemeinde nahm grossen Anteil an der Missionsreise. Paulus und Barnabas erzählten der Gemeinde, was für grosse Dinge Gott durch sie bewirkt hatte.

Ein Problem, mit der die Gemeinde zu Antiochia zu kämpfen hatte, waren die Juden, die zum Teil aus Jerusalem kamen und am mosaischen Gesetz festhalten wollten (Gal 2,11). Wir lesen im Apg 15, dass Paulus und Barnabas mit der Gemeinde in Jerusalem zusammenkam, um über dieses Problem zu diskutieren, wobei es zu einem heftigen Streit kam (Apg 15,7). Schliesslich meldete sich Jakobus (der Bruder Jesu) zu Wort und schlug vor, dass man den gläubig gewordenen Heiden keine zusätzlichen Bürden aus dem Gesetz Mose auflegen solle, sondern dass man ihnen nur vorschreiben soll, sich von Berührungen mit den Götzen zu enthalten, von der Unzucht und vom Essen von Ersticktem oder Trinken von Blut (Apg 15,20). So setzten die Aposteln und Ältesten ein Sendeschreiben auf für die Gemeinde in Antiochia: Apg 15,22-34.

 

 Schlussfolgerungen

Die Gemeinde in Antiochia war eine Gemeinde, in der ich gerne ein Glied gewesen wäre.

Es war eine Gemeinde, die um alle Menschen besorgt war, egal welcher Rasse sie angehörten oder welchen Hintergrund sie hatten (Apg 11,19-20).

Eine Gemeinde, die sehr evangelistisch war, eine weltweite Vision hatte und nicht bloss an sich selbst dachte (Apg 13,1-3).

Eine Gemeinde, wo der Heilige Geist mitten unter ihnen war und sie leitete (Apg 13,2).

Eine Gemeinde, wo gefastet und gebetet wurde (Apg 13,2).

Eine Gemeinde, die selbstlos war, wo niemand sich in den Vordergrund drängte.

Eine Gemeinde, die Christus ehrte indem die Gläubigen dort Christen genannt wurden (Apg 11,26).

Eine Gemeinde, die gebefreudig war und bereit war, Geschwistern in Jerusalem finanziell zu helfen (Apg 11,30).

Eine Gemeinde, die mit einer andern Gemeinde gut zusammenarbeiten konnte.

Kurz, eine Gemeinde, die aus all diesen Gründen auch so gewachsen ist und Erfolg hatte!

Darum, lasst uns die Gemeinde in Antiochia zum Vorbild nehmen und fasten und beten, damit die Hand des Herrn auch unter uns grosse Dinge zu tun vermag!