Gemeinden-04: Ephesus

Gemeinden im Neuen Testament

Erste Gemeinde in Offenbarung 2,1-7.
Thema: Die Gemeinde, die die erste Liebe verliess.

 

 

 I.   Was wissen wir aus der Bibel über die Gemeinde in Ephesus?

Über die Gemeinde in Ephesus wird uns über einen Zeitraum von fast einem halben Jahrhundert drei Mal in der Bibel Auskunft gegeben. Das erste Mal führt uns Paulus auf seiner zweiten und dritten Missionsreise (in den 50er Jahren) in die Stadt Ephesus. Als er beim ersten Mal in der Synagoge den Juden das Evangelium predigte, baten ihn viele, noch einige Tage zu bleiben (Apg 18,19-21). Doch Paulus entschied sich, auf seiner dritten Reise nach Ephesus zurückzukehren. Er liess aber Priscilla und Aquila in Ephesus zurück. Die klärten später den Apollos genauer auf über die Taufe, da er mit viel Eifer in Ephesus das Evangelium predigte (Apg 18,24-28).

Auf der dritten Reise kam Paulus nach Ephesus zurück, wo er zuerst einigen Johannesjüngern begegnete, die er über die Taufe Jesu aufklärte (Apg 19,1-7). Dort verkündigte er zuerst in der Synagoge, dann im Lehrsaal des Tyrannus das Wort und bewirkte durch Gottes Hand viele Machttaten (Apg 19,8-12). So wuchs das Wort des Herrn in ganz Kleinasien, so dass etliche Gemeinden entstanden, wie z. B.: die Kolossergemeinde, Smyrna, Thyatira, Pergamus, Philadelphia, Sardes, Laodicea, Magnesia, Hierapolis usw. In Ephesus entstand mit der Zeit immer mehr ein Widerstand, der zu einem Aufstand führte (Apg 19,23-34).

Ein Silberschmied namens Demetrius, brachte den Stein ins Rollen: Apg 19,23-26. Ephesus war Mittelpunkt des heidnischen Aberglaubens. Man verehrte z. B. die Fruchtbarkeitsgöttin „Artemis“, die von den Römern „Diana“ genannt wurde. Ihr zu Ehren baute man einen riesigen Tempel, der damals zu einem der sieben Weltwunder zählte. Im Tempel befand sich das „heilige“ Standbild der Artemis. Demetrius, einer der Kunsthandwerker der Stadt, fertigte verkleinerte Tempel und Figuren für Touristen und Besucher an, die einen grossen Erwerb einbrachten. Diesen Erwerb, der vielen zum Wohlstand verhalf, liessen sie sich durch die Lehre des Wortes Gottes nicht nehmen. Danach reiste Paulus weiter und als er auf seiner Rückreise mit dem Schiff in Milet einen Zwischenstopp einlegte, liess er die Ältesten der Gemeinde in Ephesus zu sich rufen, um noch ein letztes Mal mit ihnen zu reden. In seiner Abschiedsrede sagte er ein paar wichtige Dinge zu ihnen, die uns einen guten Hintergrund der Gemeinde in Ephesus liefern:

Apg 20,27-31
Die Gemeinde blieb von den reissenden Wölfen nicht verschont. Paulus verbrachte ganze drei Jahre in Ephesus; länger als in jeder anderen Stadt. Doch seine Arbeit hat sich trotz des Aufstandes gelohnt. Denn Ephesus, als die damals bedeutendste Stadt in der Provinz, musste unbedingt evangelisiert werden.

Das zweite Mal, wo wir in der Bibel näheres über diese Gemeinde erfahren, ist ungefähr 10 Jahre später (ca. 60-65 n.Chr.), als Paulus den Epheserbrief schrieb. Der Brief wurde vermutlich nicht nur an die Epheser, sondern an alle Gemeinden in Kleinasien gerichtet. Er ist an Heidenchristen gerichtet (2,1.11), die schon damals daran erinnert werden mussten, ihren früheren Wandel - den alten Menschen - ganz abzulegen und sich erneuern zu lassen durch den Geist Christi (4,22-24). Sie werden ermahnt, die Einheit des Geistes in der Gemeinde zu bewahren (4,1 ff.). In Kapitel 6 werden sie aufgefordert, die ganze Waffenrüstung Gottes anzuziehen und wachsam zu sein mit aller Beharrlichkeit, damit sie den geistigen Kampf gewinnen werden (6,11-18).

Zum dritten Mal erfahren wir in der Offenbarung (30 Jahre später) durch das Sendeschreiben an die Epheser, das ca. 95 n.Chr. aufgesetzt wurde, mehr: Offenbarung 2,1-7. Leider ist die Gemeinde nach insgesamt 40 Jahren geistiger Krieg in der Liebe erkaltet. Aber es ist noch nichts verloren! Jesus hat die Gläubigen in Ephesus noch nicht aufgegeben. Darum ermahnt er sie dringend Busse zu tun und umzukehren zu ihrem früheren Wandel.

Damit seine dringende Ermahnung ernst genommen wird, erhält die Gemeinde bestätigt, dass die folgenden Worte nicht von irgend jemandem mit einer subjektiven Meinung abstammen, sondern, dass die folgenden Worte von dem Haupt der Gemeinde stammt, dem der allmächtige Gott alles zu Füssen unterworfen hat (Eph 1,22).

Jesus Christus, der die sieben Sterne und die sieben goldenen Leuchter in seiner rechten Hand hält, weist darauf hin, dass er über die sieben Engel oder Boten der Gemeinden gesetzt worden ist, und dass er über die sieben Gemeinden herrscht (Offb 1,20).

Mit andern Worten bedeutet das, dass Jesus über alle Gemeinden auf der ganzen Welt herrscht, dass er in allen Gemeinden allgegenwärtig ist, dass er allein die Autorität besitzt, die Gemeinden -

zu ermahnen und zu warnen,

zu ermutigen und zu trösten,

zu beurteilen und zu richten (Offb 1,16).

 

 II.   Wie sah der frühere Wandel der Gläubigen Epheser aus?

Jesus sagt mit andern Worten in Vers 2: „Ich kenne euch und weiss über euch Bescheid.“ Hier kommt seine Allgegenwart erneut zum Ausdruck.

Jesus versprach seinen Jüngern (Mt 18,20): „Denn wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.“

Oder (in Mt 28,20), wo Jesus nach seiner Auferstehung den elf Jüngern erscheint und sagte: „... und lehrt sie alles halten, was ich euch geboten habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.“

„Kein Geschöpf ist vor ihm [Jesus] unsichtbar, vielmehr ist alles entblösst und aufgedeckt vor seinen Augen, dem wir Rede zu stehen haben“ (Hebr 4,13).

Was weiss denn Jesus über die Epheser?
Der Herr kennt ihre Werke, ihre Arbeit und ihre Ausdauer! Mit den Werken sind nicht Eigenwerke gemeint, sondern Werke, die im Namen Jesu, nach seinem Willen und Auftrag geschehen. Z. B. an seiner Wahrheit und Liebe festhalten und hinwachsen zu ihm, der das Haupt ist (Eph 4,15). Z. B. Die Zunge im Zaum halten, Witwen und Waisen besuchen und sich von der Welt unbefleckt erhalten (Jak 1,27). Mit Arbeit wird die Tüchtigkeit der Epheser angesprochen. Z. B. Sie packten an und waren sich nicht zu schade, wenn sie schmutzige Hände oder schmutzige Kleider kriegten.

In Hebräer 6,10 heisst es: „Denn Gott ist nicht ungerecht, dass er eures Werkes und der Liebe vergässe, die ihr für seinen Namen bewiesen habt, indem ihr den Heiligen gedient habt und [noch] dient.“

Mit der Ausdauer werden die Epheser gelobt, dass sie nicht so schnell müde geworden sind, das Gute zu tun (Gal 6,9). dass sie nicht so schnell aufgaben, auch wenn manchmal Probleme auftauchten und es nicht so einfach war, ein Werk zu vollenden (2Thess 3,13).

Der Herr weiss auch, dass sie die Bösen in ihrer Mitte nicht ertragen können. Mit andern Worten duldeten sie keine falschen Lehrer unter sich wie z. B. –

Falsche Apostel:
Paulus warnte die Ältesten der Gemeinde in Ephesus, dass reissende Wölfe kommen werden und die Herde nicht verschonen (Apg 20,29). Er schrieb auch den Korinthern, dass es falsche Apostel geben wird, die sich in Apostel Christi verkleiden werden, wie Satan, der sich auch als Engel des Lichts verkleidet hat. Vor ihnen sollen sich die Gläubigen in allen Gemeinden in Acht nehmen, denn sie sind betrügerische Arbeiter (2Kor 11,13-14).

Die Nikolaiten:
Wer waren die Nikolaiten? Nikan = siegen, Laos = Volk. Mit andern Worten Volksbezwinger, die einen grossen Sieg errungen hatten, das Volk mit Irrlehren zu verführen. Mit welchen Irrlehren beeinflussten sie das Volk? Im Sendeschreiben an die Gemeinde von Pergamus erfahren wir, dass sie den Gläubigen eine Falle stellen wollten wie Bileam (wir werden später darauf zurückkommen). In der Offenbarung 2,14 lesen wir, dass sie die Gläubigen verführten Götzenopferfleisch zu essen und Unzucht zu treiben. Die Nikolaiten verführten das Volk zur Sittenlosigkeit und zur Sünde. Sie werden auch mit den frühen Gnostikern in Verbindung gebracht.

Den Ephesern mussten die Worte des Apostels Johannes nicht gesagt werden: 2. Johannes 7-11. Sie hassten falsche Lehren. Auch Jesus hasst die Werke der Nikolaiten (die Werke, nicht die Menschen!) Jesus ist wie ein Arzt, der das Krebsgeschwür in einem Menschen hasst, aber den Menschen liebt und alles unternimmt, um ihm das Leben zu retten!

Jesus lobt also die Gemeinde einerseits für ihren unermüdlichen Einsatz und die Bereitschaft vieles im Namen Jesu zu ertragen. Doch vermutlich waren damit mehrheitlich die älteren Geschwister gemeint, die die erste Generation der Gemeinde in Ephesus ausmachten. Nach ihnen kamen ihre Kinder, die in den Glauben hineingewachsen sind und nicht mehr diese leidenschaftliche Liebe für den Herrn und seine Gemeinde empfanden.

 

 III. Was ist mit der Gemeinde in Ephesus passiert?

Sie hatte ihre erste Liebe verlassen! Wir wissen nicht detailliert, was damit gemeint ist. Wir können uns aber vorstellen, was es z. B. bedeutet frisch verheiratet zu sein: Wenn man verliebt ist, dann gibt es kaum etwas, was uns am Partner stört. Es ist ein einziger Genuss mit ihm die Zeit zu verbringen. Man wird getrieben von leidenschaftlicher Liebe und Hingabe. Vielen Gläubigen geht es so in ihrer Leidenschaft für den Herrn! Am Anfang sind sie berührt von der ganzen Anbetung am Sonntagmorgen und jede Bibelstunde ist ihnen zu kurz. Nach ihrer Taufe sind sie mit grosser Freude erfüllt und können nicht warten, um das Evangelium andern weiterzuerzählen. Sie bieten sich überall gerne und freiwillig an und möchten allen helfen. Doch dann kommen Prüfungen und Leiden usw. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier; was mit viel Begeisterung und Freude anfängt, endet oft in müder Routine.

Es gibt etliche Beispiele in der Heiligen Schrift, die von der Abwendung der ersten Liebe erzählen:

Z. B. Gideon, der Israel aus der Hand der Feinde befreite und am Ende seines Lebens im Götzendienst endete (Ri 8,27).

Z. B. Salomo, der so gut begonnen hatte als weiser König über Israel und durch seine 700 Hauptfrauen und 300 Nebenfrauen immer mehr der Abgötterei anheimfiel (1Kön 11,1-8).

Der Prophet Jeremia predigte zum Volk Gottes: Jeremia 2,2.11.28-29.

Jesus sagt voraus, dass weil die Gesetzesverachtung überhandnimmt, die Liebe zum Herrn in vielen erkalten werde (Mt 24,12).

Genau das muss mit den Ephesern geschehen sein. Sie meinten, sie seien wach, dabei waren sie längst eingeschlafen. Sie sonderten sich nicht mehr ab von der Welt, sondern liessen sich von ihrer Umgebung zunehmend beeinflussen. Sie lebten ein traditionelles Christentum und ehrten den Herrn mit ihren Lippen, doch ihr Herz war weit weg von Gott (Mt 15,9).

 

 IV. Was sollen die Epheser tun?

Die Gläubigen in Ephesus werden aufgerufen drei Dinge zu tun:

Denken: sie sollen sich an ihre erste Liebe zum Herrn und zur Gemeinde erinnern.

Busse tun: sie sollen umkehren von ihrem gottlosen Wandel, der in die falsche Richtung führt.

Handeln: sie sollen die früheren Werke wieder tun, die sie am Anfang getan hatten.

Wenn sie nicht hören wollen, dann wird der Herr ihren Leuchter von der Stelle stossen. Das heisst: sie können sich noch lange Gemeinde nennen und versammeln, Gott hat sie verstossen. So ergeht es allen christlichen Gemeinden und allen Gläubigen, die sich nicht durch den Geist Gottes belehren lassen wollen, sondern ihren eigenen Glauben ausleben und dabei „Herr, Herr“ rufen (Mt 7,21)! Heute ist von Ephesus kaum noch etwas anderes als Ruinen übriggeblieben. Das mächtige Theater, das 24'000 Personen fassen konnte, ist zerfallen und leer. Es gibt keine Gemeinde und auch keine Stadt mehr, sondern nur ein verlassenes Schilf- und Sumpfgelände.

Wer aber auf die mahnenden Worte hört, der wird die Verheissung des ewigen Lebens davontragen, heisst es abschliessend im Sendeschreiben. Darum, lasst uns vom Heiligen Geist ermahnen: Hebr 10,32-36. Ich bin dem Herrn so dankbar, dass wir als Gemeinde in St. Gallen voller Eifer und Liebe für den Herrn und seine Gemeinde sind: Phil 1,9-11.