Gemeinden-06: Pergamon

Gemeinden im Neuen Testament

 Dritte Gemeinde in Offenbarung 2,12-17.
Thema: Der Thron Satans.

 


 I.   Welche Bedeutung hatte Pergamos oder Pergamon damals?

Pergamon lag etwa 150 Kilometer nördlich von Ephesus und hatte ca. 160'000 Einwohner. Sie war keine Hafenstadt, sondern befand sich etwa 20 Kilometer nördlich vom Mittelmeer entfernt auf einer Anhöhe. Als sie 133 v. Chr. zur Hauptstadt der Provinz Asia erklärt wurde, erlangte sie eine Sonderstellung.

Von Pergamon wurde das Wort „Pergament“ abgeleitet. Pergament wurde aus präparierten Tierhäuten hergestellt und über 3'000 Jahre lang als Schreibmaterial verwendet. Im 2. Jahrhundert nach Christus konnte es das Papyrus verdrängen, weil es ein viel beständigeres Material war. Es ist daher nicht verwunderlich, dass sich ausgerechnet in Pergamon die zweitgrösste Bibliothek der damaligen Welt befand (nebst Alexandrien), die nicht weniger als 200'000 Pergamentrollen besass.

Pergamon war eine gottlose Stadt, die bekannt war für ihre Götter Verehrung. Es gab viele Tempel und es war äusserst schwierig in dieser Stadt als Christ zu leben. Vermutlich entstand auch in dieser Stadt eine Gemeinde, während Paulus in Ephesus das Evangelium predigte und lehrte (Apg 19,10-12).

Weil der Teufel in Pergamon so viel Macht besass, bezeichnete Jesus die Stadt als „den Thron Satans“ (V. 12). Satan besass politisch viel Macht. Pergamon war mit Rom stark verbunden. Als Zentrum der römischen Herrschaft in Asien, zählte die Anbetung des Kaisers zur jährlichen Pflicht eines jeden Bürgers. Es war eine gesetzliche Bestimmung, dass jeder Bürger mindestens einmal im Jahr den Tempel aufsuchen musste. Dort musste man zu Ehren der kaiserlichen Gottheit eine Prise Weihrauch verbrennen und dazu sagen: „Der Kaiser ist der Herr.“

Satan besass auch religiös grosse Macht. Zu den Tempeln, die für die Göttin Roma und die jeweiligen Kaiser gebaut wurden, gab es in Pergamon verschiedene religiöse Strukturen. Die Stadt war auch bekannt für seine griechische Götterverehrung. Da gab es z. B. den Tempel der Athene, der sich auf dem über 300 Meter hohen, kegelförmigen Berg befand. Da gab es z. B. den weltberühmten Altar des Zeus, den Eumenes II. (Herrscher von Pergamon) 197-159 v. Chr. errichten liess. Er war fast 10 Meter hoch und sah aus wie ein riesengrosser Thron (es gibt heute noch Bilder von diesem Altar!). Auf ihm wurden von morgens bis abends für Zeus Opfer dargebracht. Der grösste Bekanntheitsgrad erreichte bis heute das Asklepios Heiligtum. Asklepios (griech.) oder Äskulap war der Sohn des Apollos und wurde als Gott der Heilkunde verehrt. Im Heiligtum wurden Schlangen gehalten und angebetet, die den Christen als Symbol Satans galten. Daraus entstand der Äskulapstab mit der Schlange, der auf die Münzen in Pergamon gedruckt wurde. Übrigens, das Symbol mit dem Stab und der Schlange, gilt noch heute für Ärzte und Apotheken.

Satan besass auch kulturell viel Macht. Pergamon besass das grösste Theater der Welt, in dem etwa 10'000 Menschen Platz fanden. In Pergamon hatten Poeten, Philosophen, Wissenschaftler und Gelehrte aller Art einen grossen Einfluss auf das Volk.

Satan besass auch moralisch grosse Macht. Unzucht, Unkeuschheit und Ausschweifungen jeder Art waren Teil der politischen, religiösen und kulturellen Welt. Die ganze Liste der Werke des Fleisches, die in Galater 5 erwähnt wird, wurde dort auf allen Gebieten ausgelebt.

Der Thron Satans deutet also nicht auf einen bestimmten Tempel, den Altar des Zeus oder gar den Äskulapstab. Vielmehr ist damit der gesamte Einfluss gemeint, den Satan auf die Bevölkerung in Pergamon ausübte. Satan regierte in den Köpfen und Herzen der Menschen.

 

 II.   Was sind die Stärken der Gemeinde in Pergamon?

Die Gemeinde wird dafür gelobt, dass sie den Glauben an Christus Jesus trotz schwerster Verfolgungen nicht verleugnet hat (V. 13). Vielleicht wird hier auf den römischen Kaiserkult Bezug genommen, der den Bürgern in Pergamon gesetzlich verordnet war und sie im Tempel sagen mussten: „Der Kaiser ist der Herr.“ Bestimmt haben sich Christen dieser Aussage widersetzt und wurden deshalb als revolutionäre und illoyale Bürger verfolgt. Denn für Christen ist in keinem andern das Heil, denn es ist auch kein anderer Name unter dem Himmel für die Menschen gegeben, durch den wir gerettet werden sollen (Apg 4,12).

Ein treuer Bruder, der hier erwähnt wird ist Antipas, der offenbar um Christi Willen in Pergamon getötet wurde. Über Antipas sind uns keine sicheren Überlieferungen bekannt. Eine Legende sagt, dass man ihn lebendigen Leibes in einen Stier aus Messing gesperrt und so im Feuer zu Tode geröstet haben soll. Im biblischen Text ist nur von einem treuen Zeugen (griech. μάρτυς; Märtyrer) die Rede. Es gab aber auch andere Gläubige in der Stadt, die wie Antipas am Namen Christi bis in den Tod festhielten.

Das ist bewundernswert und lobenswert für die Gemeinde und ich wünschte, der Brief würde hier enden!

 

 III. Was sind die Schwächen der Gemeinde in Pergamon?

Es gibt etwas weniges, was Jesus wider diese Gemeinde hat (V. 14). Einzelne Glieder hielten an der Lehre des Bileams fest, statt an Jesus Christus. Bileam war ein falscher moabitischer Prophet, der von Balak, dem König von Moab den Auftrag empfing Israel zu verfluchen (Num 22,4-6). Doch jedes Mal, wenn Bileam anfing zu reden konnte er Israel nur segnen, weil der Herr ihn durch den Geist dazu zwang. Dies geschah mehrmals und ärgerte Balak und Bileam sehr. Schliesslich hatte Bileam eine gute Idee die Israeliten zu Fall zu bringen: Er schlug dem Moabiterkönig vor, die jungen Frauen einzusetzen, die sich mit den Israeliten einlassen sollten, um sie zu verführen (Num 31,16). Als die Israeliten noch auf der rechten Seite des Jordans waren, luden die moabitischen Frauen sie zu ihren Volksfesten ein. Die jungen Israeliten konnten nicht widerstehen und fingen an Unzucht zu treiben und sogar den Götzen Baal Peor anzubeten: Num 25,1-5.9. Der Ratschlag Bileams wurde den Israeliten zur tödlichen Falle. Diese Niederlage wurde den Juden zum warnenden Beispiel, so dass die Gläubigen bis ins Neue Testament damit ermahnt wurden:

Paulus warnt vor sündlichen Lüsten: 1. Korinther 10,8.

Petrus erzählt von der Verdorbenheit der Irrlehrer: 2. Petrus 2,14-15.

Judas warnt vor dem verführerischen Treiben der Irrlehrer: Judas 11.

Im selben Sinn gab es in Pergamon gottlose Menschen, die vom Teufel dazu benutzt wurden, Christen mit ihrem Götzendienst und ihrer Unzucht zu verführen.

Andere Gläubige hielten an der Lehre der Nikolaiten fest, statt an Jesus Christus. Über die Nikolaiten (Volksbezwinger) wissen wir nicht mehr, als dass es sich um eine Gruppe von Gnostikern handelte, die ebenfalls versuchte das ganze Volk zur Sittenlosigkeit und zur Sünde zu verführen.

Eine bekannte Lehre der Gnostiker war es z. B., den Menschen einzureden, dass die Gnade Gottes grösser sei als ihre Sünden und sie daher nicht Busse zu tun brauchen: Judas 4. Jesus bekannte schon im Sendeschreiben an die Epheser, dass er die Werke der Nikolaiten hasse.

Beide Lehren, die des Bileams und die der Nikolaiten hatten zum Ziel, das Christentum von fundamentalistischen Religionsanschauungen zu befreien. Erkennen wir hier die Parallele zu unserer heutigen Zeit? Hat sich bis heute an der Verführungsmethode Satans etwas geändert?

 

 IV. Was rät Christus der Gemeinde in Pergamon?

Jesus ruft alle Gläubigen zu Pergamon dringend auf, Busse zu tun (V. 16)!

Wie damals fünf Könige der Midianiter samt Bileam und viele andere mit der schärfe des Schwertes getötet wurden, so wird es den Irrlehrern in Pergamon nicht anders ergehen (Num 31,1.8). Genauso wird Jesus mit dem Schwert seines Mundes Krieg führen gegen diese Irrlehrer. In Hebr 10,31 heisst es daher: „Schrecklich ist es, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen.“ Denn Jesus ist im Besitz des zweischneidigen Schwertes (V. 12). Jetzt verstehen wir besser was Jesus gemeint hat, als er zu seinen Jüngern sprach (Mt 10,34): „Ich bin nicht gekommen Frieden auf diese Erde zu bringen, sondern das Schwert“ Das zweischneidige Schwert ist das Wort Gottes, dem sich kein Geschöpf entziehen kann: Hebräer 4,12-13.

Es ist hier nicht von der Wiederkunft die Rede, sondern vom Eingreifen Jesu vom Himmel aus, um schon vorher an den Irrlehrern Rache zu üben (z. B. eine Bombe abzuwerfen). Trotzdem warnt Jesus hier die ganze Gemeinde Busse zu tun. Denn, wenn die falschen Lehrer immer noch in ihrer Mitte sind, während Jesus seine Bombe abwirft, wird die ganze Gemeinde zerstört.

Es liegt jetzt also an allen Gliedern in Pergamon, dass sie einander in Liebe ermahnen und warnen vor falschen Lehren und das Böse aus ihrer Mitte wegschaffen (Gal 6,1). Denn Jesus duldet keine Kompromisse mit der Welt, denn sie sind Todesfallen des Teufels, die er für uns aufstellen lässt. Wir lesen im Brief an die Römer: Röm 16,17-20.

Jeder, der Ohren hat, soll gut zuhören (V. 17)! Denn Jesus wird nicht nur bestrafen, sondern er wird auch alle beschenken, die auf seinen Rat gehört haben und ihm gehorsam geworden sind! Jesus spricht vom verborgenen Manna. Es steht im Kontrast zu dem Götzenopferfleisch. Es wurde entweder vor- oder in der Bundeslade aufbewahrt, so dass es nicht gesehen werden konnte (Hebr 9,14).

Jesus spricht vom weissen Stein. In der Antike wurden vor Gericht weisse und schwarze Steine verwendet, mit denen die Geschworenen ihr Urteil abgaben. Nachdem Anklage und Verteidigung zu Wort kamen, warf ein jeder einen Stein in die Urne: schwarze Steine bedeuteten Verurteilung, weisse Steine bedeuteten Freispruch. Die weissen Steine bedeuten hier also den Freispruch aller treuen Gläubigen!

Es ist von einem weissen Stein mit einem neuen Namen die Rede. Für das Wort neu gibt es im Griechischen zwei Wörter: Das Wort neós besagt, dass etwas in zeitlicher Hinsicht neu ist, aber eigentlich nur etwas neu Hergestelltes und altbekanntes. Das Wort kainós besagt dagegen nicht nur, dass etwas zeitlich neu ist, sondern auch in seiner Beschaffenheit, etwas noch nie Dagewesenes. Von dieser zweiten Bedeutung ist in der Offenbarung immer wieder die Rede: Es wird von einem neuen - noch nie dagewesenen Jerusalem geredet (3,12). Es wird ein neues Lied erwähnt (5,9), ein neuer Himmel und eine neue Erde (21,1). Es wird etwas Himmlisches beschrieben, was Gott ganz neu macht und was es für uns Menschen noch nie gab (21,5). Der neue Name, der im weissen Stein eingraviert wird, ist von derselben noch nie dagewesenen Art. Aus dem AT lernen wir, dass Gott einigen Gläubigen neue Namen gab (z. B. Abram und Sara, Jakob): Jesaja 62,1-3. Der neue Name muss etwas mit der neuen Beziehung zu Jesus Christus zu tun haben, die die Gläubigen bei der Vollendung in Empfang nehmen werden.

Gott verheisst allen Gläubigen eine wunderbare Zukunft, die ganz anders sein wird als das Leben auf Erden.

 

 Schlussfolgerungen

Die Stadt Pergamon stellte für die Christen damals eine grosse Gefahr dar, um vom lebendigen Gott abzufallen, indem sie mit der Welt Kompromisse eingingen. Aber merken wir eins! Es wird kein einziges Wort darüber verloren, ob die Christen von der Stadt wegziehen sollten! Im Gegenteil! Sie sollen dort wohnen bleiben, ob es nun günstig für sie ist oder nicht. Nicht Flucht, sondern Überwindung lautet ein christlicher Lebensgrundsatz. Es ist falsch zu meinen, dass sich Christus anderswo und unter besseren Umständen, oder unter sympathischeren Menschen besser bezeugen lässt. Aus dem Sendeschreiben an Pergamon lernen wir, dass Christen dort für Christus zeugen und leben sollen, wohin sie gestellt worden sind. Niemand soll aus irgendwelchen Gründen weglaufen! Je schwieriger es ist in der Stadt, in der wir leben, den christlichen Glauben zu bewahren, desto grösser ist unsere Verpflichtung unermüdlich festzuhalten!

Darum, lasst uns an Jesus und seiner Lehre festhalten, einander mit viel Liebe ermahnen und lasst uns immer wieder umkehren vom sündhaften Weg, damit wir Jesu Verheissungen des ewigen Lebens empfangen werden!