AT38-Sacharja-1: Einführung

Sacharja und die acht Visionen

 


 I.   Zeitabschnitt

Mosaisches Zeitalter:

8. Zeit nach dem Exil (536-400 v. Chr.)
Von der Rückkehr aus dem Exil bis zum Abschluss des alltestamentlichen Textes

Wiederherstellung (Esra 5,1-6,22): Der persische König Kyros liess durch seinen Erlass (538 v. Chr.) das jüdische Volk nach Jerusalem zurückkehren und erstattete ihnen die erbeuteten Tempelgegenstände zurück (Esra 1). Statt den Tempel wieder aufzubauen, liessen sie sich von ihren Gegner entmutigen, bis Sacharja aufstand und das Volk zur Arbeit aufrief.

 

 II.   Zeitgenossen

Haggai, Nehemia, Ester, Maleachi

 

 III. Name

„Der Herr erinnert sich“, oder „Eingedenk ist der Herr“.

 

 IV. Person

Er war der Sohn Jeschuas, und Nachfolger des Priester Iddo (Neh 12,10.12.16).

Es gibt 29 Personen in der Bibel mit diesem Namen.

Deshalb ist es unklar, ob der Sacharja in Matthäus 23,35 sich nicht auf einen andern Sacharja bezieht (vgl. 2Chron 24,20-22).

 

 V. Wirkungszeit

520 v. Chr. als der Tempelwiederaufbau seit 16 Jahren stillstand (Esra 4,24), im zweiten Jahr des Königs Darius I (521-486 v. Chr.), zwei Monate nach Haggai.

 

 VI. Schlüsselwort

Visionen

 

 VII. Thema

Ermutigungen zum Weiterbau

 

 VIII. Könige

längst keine mehr

 

 IX. Messianische Aussagen und ihre Erfüllungen im Buch Sacharja:

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ALLGEMEINES

Sacharja heisst «Der Herr erinnert sich» oder «Eingedenk ist der Herr».
Der Name Sacharja war unter den Hebräern sehr gebräuchlich. Allein im Alten Testament ist von zirka 29 Personen mit diesem Namen die Rede. Sacharja war der Sohn Berechjas und Enkel Iddos. (Das Alte Testament sagt häufig Sohn für Nachkomme: 1,1; Esra 5,1; 6,14.) Letzterer war das Haupt einer Priesterfamilie, kehrte von Babylon mit dem Hohenpriester Jesua (Jehoschua) zurück (Neh. 12,4.16) und übte dann sein Priesterdienst zu dessen Lebzeiten aus. Sacharja, sein Enkel, kam wahrscheinlich im Exil zur Welt und kehrte mit der ersten Gruppe von Gefangenen nach Jerusalem zurück. Er war der Nachfolger des Priesters Iddo zur Zeit Jojakims, Sohn des Jesua (Neh. 12,10.12.16). Wir sind im Unklaren über sein Lebensende; denn wir wissen nicht, ob sich die Bemerkung über den gewaltsamen Tod des Sacharja, Sohn des Berechja, in Matthäus 23,35 nicht auf einen anderen Sacharja bezieht (vgl. 2. Chron. 24,20-22).

Man hat Sacharja den „nachexilischen Jesaja“ genannt und seine Prophezeiungen „die Endoffenbarung des Alten Testaments.“

 

ZEITABSCHNITT

Im Jahr 520, im zweiten Regierungsjahr des Darius, zwei Monate später als sein Zeitgenosse Haggai, trat Sacharja in Jerusalem seinen Prophetendienst an. (Siehe Einleitung zu Haggai.) Mit Haggai zusammen spornte er das Volk zum Wiederaufbau des Tempels an (Esra 5,1-2). Aber seine prophetischen Gesichter reichen weiter und umfassen eine ausgedehntere Schau als diejenigen Haggais.

Die erste Verkündigung des Sacharja liegt zeitlich zwischen der zweiten und dritten des Haggai (Hag 2,1.10; Sach. 1,1). Vom 10. Monat an schweigt Haggai, und im 11. hat Sacharja eine Reihe von Visionen (1,7 - 6,15). Zwei Jahre später, im vierten Jahr der Regierung des Darius, empfängt er eine neue Botschaft (Kap. 7 und 8). Seine letzten Prophezeiungen sind nicht datiert; sie sagen mit leuchtender Klarheit das Kommen des Messias voraus, des grossen Erlösers, der zuerst leiden muss und dann zum König gekrönt wird. Die Offenbarung des Propheten stellte eine ganz grosse Ermutigung für das Volk dar, zu einer Zeit, da jede nationale Hoffnung entschwunden schien. Sein prophetisches Wirken dauerte von 520 bis 518 vor Christus, die späteren, zeitlich nicht festzulegenden Prophezeiungen nicht mitgerechnet.

 

VERFASSER

Die alte jüdische und die kirchliche Überlieferung nennen einstimmig den Propheten Sacharja als Verfasser der Schrift. Die Echtheit des Buchs ist im Altertum nie in Zweifel gezogen worden.

 

BOTSCHAFT

Die Feinde des Volkes Gottes werden gerichtet. Jerusalem wird wieder aufgebaut; es geht einer herrlichen Zukunft entgegen. Zuvor aber müssen Priestertum und Königtum geläutert werden. Beide Ämter werden einst vereint werden in dem „Spross“ (Zemach 3,8), dem Messias, der das erste Mal in Niedrigkeit kommt und verworfen wird, das zweite Mal aber in Herrlichkeit, um in alle Ewigkeit zu herrschen.

 

EINTEILUNG

1.  Gegenwartsfragen Kapitel 1-8

Visionen Kap. 1-6

Aufruf zur Umkehr Kap. 1,1-6

Verschiedene Gesichte Kap. 1,7 - 6,8

Symbolische Handlung Kap. 6,9-15

Antwort an eine Abordnung Kap. 7-8

Kein geistloses Fasten, sondern Umkehr und Gehorsam Kap. 7

Wiederbegnadigung Zions Kap. 8

 

2.  Zukunftsfragen Kapitel 9-14

Erster Anhang: Der kommende Messias Kap. 9-11

Gericht über die Heidenvölker Kap. 9,1-8

Segensherrschaft des Friedenskönigs Kap. 9,9 - 10,12

Verwerfung des Hirten Kap. 11

Zweiter Anhang: Der Messias als König Kap. 12-14

Verfolgung und Rettung der Gottesgemeinde Kap. 12

Tilgung der Sünden Kap. 13

Endsieg des Messias Kap. 14

Schlüsselwort: Visionen

 

SYMBOLIK

Die acht Visionen:

Die Visionen haben alle symbolische Bedeutung. Wir erwähnen sie hier nur kurz:

1. Die Pferde und der Engel des Herrn zwischen den Myrtenbäumen (1,7-17).
Gott hat entgegen dem äusseren Anschein sein Volk nicht verlassen; Er wird sich seiner wieder erbarmen.

2. Die vier Hörner und die vier Schmiede (2,1-4).
Die vier Hörner versinnbildlichen die gottfeindlichen Weltmächte, die das Gottesvolk bekämpfen. Die vier Schmiede sind die verschiedenen Werkzeuge, durch die Gott die Weltmächte vernichten wird, um Juda retten zu können.

3. Der Mann mit der Messschnur (2,5-17).
Jerusalem wird einst wieder aufgebaut werden. Gott wohnt dann in seiner Mitte, und die Völker strömen herzu.

4. Der Hohepriester Josua, der von Satan verklagt wird (3,1-10).
Als Auftakt zur herrlichen Zukunft muss das Hohepriestertum geläutert werden, und der „Spross“, der vollkommene Hohepriester, der alle Schuld der ganzen Erde tilgt, muss erscheinen.

5. Der goldene Leuchter zwischen den zwei Ölbäumen (4,1-14).
Der Leuchter versinnbildlicht Gott, den Herrn der ganzen Erde; die zwei Ölbäume Josua und Serubbabel, die beiden Gesalbten. Wie das Priestertum, so muss auch das Königtum geläutert werden. Ihre Kraft ist der Heilige Geist, der allein Israel befähigen kann, seine Sendung zu erfüllen, das heisst der Welt das Licht zu bringen.

6. Die fliegende Schriftrolle (5,1-4).
Wenn das Volk sich wieder zur Sünde kehrt, wird der Fluch des Gesetzes unbarmherzig über es kommen.

7. Das Weib im Scheffel (5,5-11).
Betrug durch falsches Mass. Das Weib symbolisiert die Bosheit und Ungerechtigkeit des Volkes. Die Folge davon wird Zerstreuung und Verbannung sein.

8. Die vier Wagen, welche die ganze Erde durcheilen (6,1-8).
Sie versinnbildlichen die Gerichte Gottes, die alle gottfeindlichen Mächte niederwerfen werden. Diese Urteile Gottes werden auf der ganzen Erde vollzogen.
Symbolische Handlungen (Kap. 6,9-15)
Die Krönung des Hohen Priesters ist ein Hinweis auf die Vereinigung von Priestertum und Königtum in der Person des „Sprosses“, des verheissenen Messias.

 

CHRISTOLOGIE

Der Einzug in Jerusalem auf einem Eselsfüllen: am Palmsonntag (9,9; Mt 21,5).

Die 30 Lot Silber: die Bewertung des Messias (11,12; Mt 26,15).

Die Verwendung dieses Geldes (11,13; Mt 27,9-10).

Verwerfung und Tod des guten Hirten (Kap. 11; 13,7; Joh. 10,11-18).

Die Zerstreuung der Herde: die Jünger in Gethsemane (13,7; Mt 26,31).

Die durchbohrte Seite (12,10; Joh 19,37).

 

BESONDERES MERKMAL

Die Zweiteiligkeit des Buches:
Im ersten Teil (Kap. 1-8) ist der Prophet Sacharja beständig in die Geschichte miteinbezogen, und die genauen Daten der verschiedenen historischen Momente sind angegeben.

Im zweiten Teil (Kap. 9-14) ist jede Spur vom Propheten verschwunden. Diese Eigentümlichkeit hat vielen Auslegern Mühe gemacht. Die Verschiedenheit des Stils in den ersten und letzten Kapiteln ist auf die Verschiedenheit des Gegenstandes zurückzuführen, wie auch auf den wahrscheinlichen Zwischenraum von 30 bis 40 Jahren im Wirken des Propheten. Die Verheissungen der Kapitel 9-14 erfordern einen anderen Stil als die Gesichter in Kapitel 1-8. Der erste Teil des Buches war dazu bestimmt, Israel beim Tempelbau zu ermutigen, während der letzte Teil aus Wehrufen über die Feinde des Gottesvolkes und aus Segensverheissungen für Israel besteht. Das beruhigende „So spricht der Herr“ passt deshalb zum ersten, aber nicht zum zweiten Teil des Buches. Das charakteristische Merkmal der Weissagung „An jenem Tage“ ist selten im ersten Teil, weil Prophezeiung dort selten ist, und häufig im zweiten Teil, weil dieser fast ausschliesslich aus Voraussagen besteht.

Bei Prophezeiungen mit so verschiedenem Anlass und Zweck, die einen auf der Zunge eines jungen, die andern im Munde eines alten Mannes, können wir also kaum viele Spuren einer einheitlichen literarischen Abfassung erwarten. Nichtsdestoweniger drängt sich ein Vergleich auf zwischen Kapitel 2,14 mit 9,9 und 8,8 mit 13,9.

 

VERSCHIEDENES

Wichtige Lehren:

• Der Abtrünnige muss zu Gott zurückkehren, wenn er begehrt, dass Gott sich wieder zu ihm kehrt (1,3).

• Gott ist heilig, und er will inmitten seines geheiligten Volkes leben (2,9.14-17). Die Heiligkeit ist das Kennzeichen seines Reichs (14,20-21).

• Satan ist der Verkläger der Brüder, und Christus ist ihr Anwalt, ihr Fürsprecher bei Gott (3,1-5).

• Die einzige Macht, auf die der Gläubige vertrauen soll, ist der Heilige Geist (4,6).

• Die noch unerfüllten Prophezeiungen, die sich auf die Wiederkunft des Messias und „den Tag des Herrn“ beziehen, werden sich ebenso bestimmt bewahrheiten wie jene, die sich auf das erste Kommen bezogen (12,10; 14,3-5).

 

Quelle: Kurze Einführung in die Bibel von Ernst Aebi (Verlag Bibellesebund Winterthur/Marienheide, 5. Auflage 1977), Seite 135-138.